Aus Heimat und fremde.
Prinz Battenberg. Gelegentlich der Namens
änderungen im englischen Königshaus hat der Admiral
Prinz Louis Battenberg, das Haupt der eng
lischen Linie, den Namen Marqueß of Milford Haven
erhalten; sein ältester Sohn führt den Titel eines Earl
of Medina und der zweitälteste Sohn den eines Lord
Mountbaltan. Alle diese Titel gehen erblich auf die
Nachkommen der drei neuen Peers über. (Wiener „Neue
Freie Presse" Nr. 19009 vom 24. Julr 1917.) Der
neue Marqueß ist geboren am 24. Mjcn 1854 zu Graz
als Sohp des Prinzen Alexander von Hessen (si 1888)
und seiner Gattin Juli geb. Gräfin v. Hauke, und ver
heiratet mit Prinzessin Viktoria von Hessen-Darmstadt.
Offenbach a. M. Professor vr. V o l ck m a r,
Oberlehrer an der hiesigen Oberrealschule, Sohn des
bekannten Seminaroberlehrers Professors vr. Wilhelm
Volckmar, ist nach einer überaus segensreichen Wirksam
keit in den Ruhestand versetzt und ihm aus diesem Anlaß
vom Großherzog der Titel „Geheimer Schulrat" ver
liehen worden. Der noch äußerst rüstige Herr, eine
in allen Offenbacher Bürgerkreisen hochgeachtete Per
sönlichkeit, hat sich nicht nur auf dem Gebiete des
höheren Schulwesens in hervorragender Weise betätigt,
sondern auch vor Jahren seine Kraft der politisches
Gemeinde als Stadtverordneter und bis vor kurzem der
Kirche als Vorsteher gewidmet. Besonders große Ver
dienste erwarb er sich um die nationale Jugendpflege.
Schon vor mehr als 25 Jahren gründete er einen der
ersten, wenn nicht den ersten der Jugendvereine Deutsch
lands, — speziell für die werktätige, schulentlassene
Jugend —, dem sich in rascher Folge ein Gesellen-
und Männerverein anschloß, für deren Mitglieder aus
reichlich von der hiesigen Bürgerschaft gespendeten Mit
teln ein Vereinshaus erbaut wurde; auch der mächtig
emporblühende Pfadsinderverein ist sein Werk. Ebenso
nennt ihn der hiesige Tierschutzverein seinen Gründer
und ersten Vorsitzenden. Trotz seiner vielseitigen und
arbeitsreichen Tätigkeit fand Volckmar noch Zeit, die
Muse zu pflegen. Es erschien von ihm eine Reihe
tiefempfundener, inhaltsreicher Kompositionen^ die im
Julihefte dieser Zeitschrift schon gewürdigt wurden und
die Freunden einer edlen Musik warm empfohlen seien.
Möge dem hochverdienten Manne, der gegenwärtig noch
als, Offizier dem Vaterlande Dienste leistet, ein langer
und ungetrübter Lebensabend beschieden sein. R.
Münzsammlung von Alexander Fio-
r i n o. Die Versteigerung des ersten Teiles im Mar
dieses Jahres, der das Gebiet des eigentlichen Hessens
umfaßte, stellte einen Riesenerfolg dar, und es wurden
zum Teil Preise erzielt, wie man sie vor dem Kriege
nicht für möglich gehalten hätte. Am 15. Oktober be
ginnt nun bei Sally Rosenberg zu Frankfurt am Main
(Bürgerstraße 9/11) ¡Me Versteigerung des zweiten Teiles.
Er enthält außer keltischen und wetterauer Münzen
solche von Burgmilchling (die bekannten Taler von
Heinrich Hermann), Burg Friedberg (mit dem einzig
dastehenden Doppeltaler von 1574), Hanau (239 Nrn.
mit 562 Münzen), Isenburg, Solms (wenig), Schauen
burg (145 Stück), Fulda, Amöneburg und Fritzlar
(für. Mainz), Eschwege, Hersfeld, danach Thüringen,
Schwarzburg, Orlamünde, Mühlhausen, Nordhausen, Er
furt (für Mainz), .Henneberg, Meißen und Sachsen,
Westfalen (Königreich), Städtemünzen, Personenme
daillen, Orden und Ehrenzeichen, Freimaurerzeichen,
Petschafte und dergleichen, endlich Verschiedenes aus allen
möglichen Gebieten. Die ersten Abschnitte und West
falen enthalten die wertvollsten Perlen dieses zweiten
Teiles. An Käufern wird es wiederum nicht fehlen.
—r.
—
Hessische Bücherschau.
Traudt, Valentin. Die Winkelbür,ger. Eine
Geschichte aus der Käfergasse. 320 Seiten. Berlin W
(Egon Fleische! & Co.- 1917. Preis 4 M.
Der treffliche Lyriker und Verfasser der „Leute vom
Äurgwald" und der „Steinfeldbauern" gibt uns in
seinem neuen Roman ein Zeitbild aus dem gegen
wärtigen Weltkrieg. Er führt uns in ein abseits gele
genes Stadtgäßchen, in das aber das große Geschehen
der Zeit so gut wie anderwärts hineinbrandet. Der
Schreiner, der Kupferschmied, der Drechsler, der ge
wesene Stadtförster, der Schuster, die Näherin, die
Büglerin, die Gemüsehändlerin, sie alle, die da mehr
oder weniger einträchtiglich in der Käfergasse beisammen
wohnen und den Krieg auf ihre Weise erleben, sind
kleine Leute aus dem Volke, mit Ausnahme des stets
hilfsbereiten „Hauptmanns von Kapernaum", der über
all, wo es nottut, mit seinen reichen Mitteln eingreift
und dann, als die Käfergasse dem Abbruch verfallen
soll, eine neue Siedlung begründet, die allen Be
wohnern der alten Gasse offen stehen soll. Im Mittel
punkt der Handlung steht ein Lehrer, der ganz, in der
Fürsorge für seine kleine Gemeinde aufgeht und an
seinem Teil die Erziehungsmängel des deutschen Volkes,
die auf künstliche Trennung in Klassen und Klößchen
abzielten, zu beheben sucht. Der Roman setzt ein mit
dem Ausbruch des Krieges, schildert die Begeisterung
beim Auszug der Truppen und den ersten Sieges
nachrichten und dann später das Wallen und Wogen,
das Hoffen und Verzagen, die Not des Leibes und
die des Wartens und Harrens, da das Brot schmal
und die Suppe mager geworden ist, die Zeit der Kar
toffelknappheit und des Kohlenmangels; nur der miß
tönende Knalleffekt der feindlichen Fliegerbomben, die
ihren Weg zur Käfergasse finden müssen, fällt etwas
aus dem Rahmen des Ganzen. Die Leutchen der Käfer
gasse, wo fleißig Zelttücher und Brotbeutel genäht
werden, halten mit ihrem Urteil nicht zurück. Man
schimpft auf die Teuerung, die hätte gemildert werden
können, auf die Drückeberger, auf die, so da in gelben
Schuhen und Sporen in Schreib- und Schneiderstuben
herumlaufen und die Landstürmer auf der Gasse
stramm stehen lassen, auf den Kriegswucher, auf die
Schnaps- und Schlotpatrioten, auf den alten Agraradel
mit seinem Einfluß auf die Politik und auf die feinen
Damen, die Vorträge über Gänseblümchensuppen halten
und sich daheim von der Köchin Rehrücken braten lassen.
Aber man findet diese harten Worte oft nur, um
einen Halt zu haben, und denkt nicht daran, das Vater
land im Stich zu lassen. So leben die Leute der
Käfergasse ihr Leben dahin wie eine kleine Gemeinde,
die fern aller Welt in einem Nebeltal wohnt. Diese
Gasse mit ihren buckligen Häusern liegt mitten im
Straßengewirr um die hohe Kirche St. Johannis, die
das Wahrzeichen der Stadt, ein silbernes Glöckchen über