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geringen Gehalt und verdiente mit ärztlicher Pra
xis nur einige hundert Taler. Die ärztlichen Ho
norare waren damals sehr gering. Mein Vater
bekam von seinen Kunden auf Neujahr zwei,
höchstens drei Louisdor geschickt. Ich glaube, daß
wir nicht mehr hatten, als 7 bis 800 Taler
jährlich. Damit waren keine großen Sprünge zu
machen. Gleichwohl führten wir einen guten Haus
halt, dem sogar ein gewisser Luxus nicht fehlte.
Alle Tage wurde bei uns Fleisch gegessen, frei
lich meistens Rindfleisch, von dem die Suppe ge
kocht war. Braten und Salat gab es nur am
Sonntag Abend. Aber jeden Abend trank mein
Vater sein Schöppchen Wein (kostete 4 gGr.).
Auch hatte meine Mutter ein Viertel Abonne
ment im Theater, für das sie sich interessierte.
Das Monnements-Billet (in Unterloge Nr. 1)
kostete nur 7 Albus (nach heutigem Gelde 53
Pfennige). Als ich sechs Jahre alt war, wurde
ich zum ersten Male in die „Zauberflöte" mitge
nommen. Später schickte mich dann meine Mutter
öfters auf ihr Billet ins Theater, namentlich in
Opern. Meine Mutter gab auch öfters Damen
gesellschaften, wo. dann Tee, Kuchen und Wein
(Bischofs) gegeben wurde. Ging sie selbst in
Damengesellschaft, so konnte ich darauf rechnen, daß
sie mir „was mitbrachte". Schon früh war auch
meine Mutter darauf bedacht, für meine künftige
Ausbildung die Mittel anzuschaffen. Während der
zwanziger Jahre wurden Schillers Werke, das
Konversationslexikon von Brockhaus, auch ein fran
zösisches Diktionär gekauft. Später wurde auch
Rottecks Weltgeschichte für mich angeschafft. Das
alles waren für die damalige Zeit keine geringen
Ausgaben. Nie aber wurden in unserm Hause Sachen
auf Borg genommen, vielmehr alles bar bezahlt.
(Fortsetzung folgt.)
Gustav Eskuche f.
Rasch tritt der Tod den Menschen an,
Es ist ihm keine Frist gegeben;
Es stürzt ihn mitten m der Bahn,
Es reißt ihn fort vom vollen Leben.
Diese wehmutsvollen Worte Schillers kamen uns
einmal wieder zum Bewußtsein, als uns die Kunde
ward, daß nnser Kasseler Landsmann, der Stettiner
Gymnasialdirektor vr. G u st a v Eskuche, am
24. Mai zu Bad Nauheim, wo er ein jahrelanges
Herzleiden zu heilen suchte, mitten aus einer lebens
frischen und beglückenden Arbeit gerissen wurde.
Noch wenige Tage zuvor hatte er mit dem Schrift
leiter des „Hessenland" in Briefwechsel gestanden
wegen der Veröffentlichung des von ihm verdeutschten
hessischen Bühnenspiels vom Bauernkriege, und nun
weilt er schon nicht mehr unter den Lebenden.
Mit Eskuche ist ein hochbegabter Schulmann und
feinsinniger Poet dahingegangen. Am 18. April
1865 geboren, besuchte er das Friedrichsgymnasium
seiner Vaterstadt Kassel, um dann in Marburg und
Berlin Philologie zu studieren. Namentlich unsere
hessische Landesuniversität, wo Birt sein von ihm
hochverehrter Lehrer war und wo er sich in vollen
Zügen der harmlosen Freude des akademischen
Lebens hingab, hatte es ihm angetan; wiederholt
hat er seinerzeit in unsrer Zeitschrift die schönen
Tage seiner Marburger Semester- besungen, und
das Scheiden wurde ihm nicht leicht.
Auf dem Präsidenstuhle
Möcht' ich noch einmal sein,
Wie der sterbende König in Thule
Der Lahn meinen Schoppen zu weihn;
Den trauten Deckelschoppen,
Der all mein Elend fühlt,
Der mir so manchen Troppen
In die durstige Kehle gespült.
Der mit mir lärmt' und schäumte
Hängt still nun an der Wand,
Doch horch! als ob er träumte,
Leis' klingt der silberne Rand.
Er klingt mir von köstlichen Stunden,
Vom Städtchen an der Lahn,
Wo froh und ungebunden
Wir Geld und Zeit vertan.
Ich seh' im Strome spiegeln
Das Bergschloß altersgrau,
Weit grüßt es ob den Hügeln
Herrn Philipps Hessengau.
Hei! welche Lust zu dringen
Durchs Tal zu grünen Höh'n,
Zu singen und zu klingen!
Ach, Brüder, es war doch schön!
Erinn'rung soll begeistern
Mich armen Kandidat,
Die Tücken zu bemeistern,
Die so eine Prüfung hat.
Drum, Füchse und Burschen, singt Lieder
Und trinket in Fröhlichkeit:
Es kehrt ja niemals wieder
Die lustige, durstige Zeit!
Zu Marburg bestand er 1888 das Staatsexamen
und ebendort promovierte er im nächsten Jahre.
1889 und 1890 setzte er seine Studien in Paris
fort, war vom Herbst 1890 bis 1893 Leiter der
Privatschule in Roßla a. H., 1893 bis 1903 Ober
lehrer in Siegen i. W., 1903 bis 1906 Oberlehrer
am Reformrealgymnasium in Düsseldorf und seit
1906 Direktor des Stadtgymnasiums in Stettin.
Groß ist die Zahl seiner Werke; genannt sei sein
Buch über „Sarcerius als Erzieher und Schul
mann", seine „Deutsche Sprachlehre und Literatur
geschichte" und „Zur Geschichte der deutschen Jdyllen-
dichtung". Eskuche war vor allem auch ein glänzen
der Übersetzer. Sein 1911 erschienenes „Hellenisches