des von ihr gestifteten Hospitals beigesetzt, aber
schon begann man einen neuen Kirchenbau über
ihrem Grabe aufzuführen, noch im Geiste der zur
Rüste gehenden Zeit, eine Basilika, deren Voll
endung in das Jahr 1232 fällt. Und gewiß auch
von dem gleichen Geiste war die Feier getragen,
in der Kaiser Friedrich II. am 1. Mai 1236 die
Gebeine der Heiligen erhob, — geistliche und welt
liche Fürsten folgten, in vollster Fürstenpracht
strahlend, dem Kaiser, — auch er trug des Reiches
Krone, aber sonst umgab ihn dasselbe schlichte graue
Gewand, wie es St. Elisabeth getragen.
Aber wie hier das Bußgewand des Kaisers sich
eigenartig von der prunkvollen Umgebung abhob,
so mochte auch, der Beginn der Arbeiten zu der am
14. August 1235 gegründeten gotischen Domkirche
sich scharf von der Basilika unterscheiden, die gewiß
nicht ohne den Prunk dastand, wie ihn andere zeit
genössische Bauwerke zeigen, wie wir ihn an der
Kaiserpfalz, an St. Marien zu Gelnhausen be
wundern.
Das Leben der Armut, abgewandt von dem
Prunke des Irdischen, hatte St. Elisabeth gelebt,
es war ein Zeitideal geworden, unter dem Ein
flüsse verschiedenster Elemente, — als eine Re
aktion gegen den mehr und mehr sich häufenden
Luxus. — Kaiser Friedrich II., völlig aufgegangen
in seiner Vorliebe für Italien und seine Überkultur,
durch seine Hofhaltung zu Palermo, trug auf welt
lichem Gebiete nicht wenig dazu bei, daß das Volk
sich wieder mehr seinen Stammesfürsten näherte, —
in der Kirche aber, die damals noch das geistige
Leben zumeist beherrschte, ward das Ideal der Ar
mut als der einzige Weg zum Heile immer popu
lärer. Schon hatten Humiliaten und Waldenser
sich in ausgesprochener Opposition gegen die immer
mehr in Äußerlichkeiten versinkende Kirche auf die
Predigt der Armut geworfen, da lenkten der heilige
Franz von Assisi und der heilige Dominikus die
ganze Bewegung in das Fahrwasser der Kirche, —
und als Reformator des bis dahin fast allein das
geistige Leben beherrschenden Ordens der Benedik
tiner fühlte sich Bernhard von Clairvaux berufen,
als er von seinem Kloster Citeaux aus diese Auf
gabe zu lösen trachtete.
Was bisher den Schmuck der Basiliken aus
gemacht, was an römischen und byzantinischen
Vorbildern erlernt und dann eigenartig weiter
gebildet war, die reiche figürliche Darstellung und
die Polychromie, das ward verworfen. „Bunte Bil
der, gestickte Gewänder, bemalte Behänge, farbige
Fenster, das alles frönt der Augen Lust, und nicht
der Seele Heil", so sagte der Zisterzienser, und
Bernhard von Clairvaux ward noch deutlicher, als
er schrieb: „Die Affen und die Löwen, die un-
geheuerlichen Zentauren und gefleckten Tiger, die
Krieger im Sturm und die Jäger, die ins Horn
stoßen, was sollen sie im Hause Gottes? Unter
einem Kopfe siehst du viele Leiber, und auf einem
Leibe viele Köpfe. Dem Vierfüßler gibt man den
Schwanz einer Schlange und dem Fisch das Haupt
eines Vierfüßlers."
Es war ein Bildersturm, der so anhob, aber es
ist das Eigenartige, daß nun nicht Zerstörung,
sondern ein neues, reiches Leben aus diesem Sturm
hervorging, — wie auch noch später eine erneute
Durchgeistigung des Gedankens der Kirche in den
deutschen katholischen Gebieten das reiche Barock
erblühen ließ, während dort, wo die Reformation
Bilder stürzte (leider hat gerade in Niederhessen
der Kalvinismus Moritz's sich darin ausgezeichnet)
nur Trümmer einstiger Herrlichkeit oder leere
Nischen geblieben sind, — nicht aber eine neue
Kunstform Leben gewann.
Mit ihren Gedanken über eine Reform des
Klosterlebens, der Klosterarchitektur, wurden die
Zisterzienser die Träger der Gotik. Wohl hatte
sich schon eine Zwischenstufe zwischen der sinkenden
Romanik und dem neu aufblühenden Stile ent
wickelt aus technischen Fortschritten heraus *), aber
planmäßig diesen neuen Stil ausgebildet zu haben,
ist wohl doch in erster Linie zisterzienserisches Ver
dienst. Wie sehr gerade dies für St. Elisabeth gilt,
zeigen die Untersuchungen O. Liemke's über den
Hainaer Klosterbau. Hier hat sich höchstwahrschein
lich der Meister, der vom Wetzlarer Dom zum Bau
der Hainaer Klosterkirche herangezogen, erst völlig
in den Formenschatz der Gotik hineingelebt, und
von hier aus wandte er sich dann der größeren
Aufgabe, dem Baue von St. Elisabeth in Marburg,
zu, — so daß dieser mit der großen Entwicklungs
reihe der westdeutschen gotischen Bauwerke ange
hört. In jungfräulicher Herbheit noch recken sich
die Linien der St. Elisabethkirche auf, — gegenüber
den reichen Gliederungen der späteren Werke der
Gotik dastehend wie der knospende März im Ver
gleiche mit den blütenreichen Tagen des Maien. —
* *
*
Über St. Elisabethen Grab stieg der Bau gen
Himmel empor, und Ablässe dreier Päpste sowie die
Förderung der verschiedensten geistlichen Würden
träger steigerten die Pilgerfahrten zu dem Grabe
der Heiligen. Marburgs Bedeutung mußte damit
ganz beträchtlich wachsen und die alten geistlichen
Mittelpunkte des Hessenlandes in den Hintergrund
drängen. Wohl war Fritzlar die Stätte, in deren
Nähe Bonifatius seine entscheidende Tat für die
*) Lamprecht, Deutsche Geschichte IV, S. 277 ff.