sich durch ein scharfes Charakterisierungsvermögen uitb
eine vorzügliche Technik aus. Von hessischen Persönlich
keiten, die hierbei in Betracht kommen, ist vor allem
die wohlgelungene Halbfigur des Professors Heinrich
Gerhardt, des einstigen Nestors der deutsch-römischen
Künstlerkolonie, zu erwähnen. Das Werk entstand 1901
und befindet sich im Besitz der Aecademia di San Luca
in Rom. Lebenswahr und vornehm aufgefaßt ist die
Porträtbüste von Professor Max Wiese, dem früheren Direktor
der Hanauer Zeichenakademie und ersten Lehrer Limburgs.
Die Monographie des um 12 Jahre älteren Professors
Georg Busch, dessen Bildnis nach dem Gemälde von
Leo Samberger der Titelseite gegenüber steht, dürfte
wohl den verwöhntesten Ansprüchen aus Buchausstattung
und Jllustrationstechnik genügen. Ihr Verfasser, Dr.
Oskar Doering, hat weniger Wert aus ein Eingehen aus
des Künstlers Werdegang als auf eine ästhetisierende
Besprechung der Hauptwerke mit besonderer Betonung
des religiösen Moments gelegt. Die ersten künst
lerischen Eindrücke empfing Busch in der Lehrzeit bei
seinem Vater, einem Altarbauer, der sich in dem Hanau
benachbarten Städtchen Großsteinheim ansässig gemacht
hatte. Lebhafte Anregung gaben ihm noch in der Stein-
heimer Kirche mehrere treffliche Beispiele deutscher Plastik
des 16. und 17. Jahrhunderts in Gestalt schöner Grab
denkmäler adliger Geschlechter und eines Altars mit
der künstlerisch wertvollen Statue der heiligen Jung
frau. Geregelten Kunstunterricht erhielt er erst in der
Zeichenakademie zu Hanau. Der Verfasser erwähnt dies
nur mit einer Zeile, obwohl der Besuch der Anstalt
über zwei Jahre währte und nicht ganz bedeutungslos
gewesen sein kann, da Busch sich mir gegenüber vor
Jahren einmal mit besonderer Hochachtung über die
Leistungen seines Lehrers Karl Hausmann aussprach.
Der einundzwanzigjährige Bildhauer bezog 1882 die
Akademie zu München, wo er sich besonders an Pro
fessor Syrius Eberle, den Schöpfer des Hanauer Grimm
denkmals, anschloß und von ihm in seiner Kunstrichtung
beeinflußt wurde. Nach siebenjähriger Studienzeit stand
Busch künstlerisch ganz auf eigenen Füßen und arbeitete
sich rastlos weiter, bis er zu einem der bedeutendsten
Meister der kirchlichen Kunst der Neuzeit heranreifte.
Seinem ausgesprochenen Talent, seinem guten Geschmack
und seinem vollen Beherrschen der Holz-, Stein- und
Bronzetechnik ist es besonders zuzuschreiben, daß die
katholische Kirchenkunst aus dem Schablonenhaften, zu
dem sie allmählich herabgesunken war, wieder auf eine
Höhe gelangte, auf der sich künstlerisches Empfinden
mit dem religiösen Gedanken glücklich vereinigte. Doering
beginnt, die Zeitfolge außer acht lassend, die Besprechung
der Tätigkeit Busch's mit dem für den Kultus wichtigsten
Teil der Kirche, mit dem Altar und im Anschluß hieran
mit den Kreuzwegstationen. Schon eine seiner frühesten
sakralen Arbeiten, ein geschnitzter Altaraufsatz zu
Ehren der Jungfrau Maria aus dem Jahre 1895, ent
zückt vor allem unser Auge durch zwei Gruppen von
je acht und sieben singenden und musizierenden Knaben,
die zwanglos gegliedert und naturwahr dargestellt, eine
solche Lieblichkeit in Haltung und. seelischem Ausdruck be
sitzen, daß man sie wohl mit verwandten Schöpfungen
der Brüder van Eyck oder Lnea bella Robbias ver
gleichen darf. Die Madonna hat der Künstler mit
bemerkenswerter Innigkeit und Formvollendung wieder
gegeben. Von weiteren Altarwerken möge das im Stift
zu Tepl bei Marienbad und das in der Pfarrkirche zu
Homburg in der Pfalz hervorgehoben sein. Diese sowie
seine Kreuzwegstationen, von welchen die in der St.
Paulskirche bei der Theresienwiese in München eine
geradezu vorbildliche Bedeutung haben, zeichnen sich
durch eine ruhige Geschlossenheit in der Komposition
und eine tiefe Verinnerlichung der Figuren aus unter
Einhaltung von Naturwahrheit und Anpassung an den
Ort, für den sie bestimmt sind. Eine Reihe prächtiger
Bischofsgräber in Regensburg, Eichstätt, München und
vor allem das Denkmal des Bischofs Hasfner im Dom
zu Mainz rühren von Busch her und sind Meisterwerke
neuzeitiger Porträtkunst. Eine fast sieben Meter hohe
Bonifatiusfigur war eine Gelegenheitsschöpfung und exi
stiert nicht mehr. Ähnlich wie Werner Heuschel bei
dem Bonifatiusdenkmal in Fulda hat auch Busch den
Apostel der Deutschen mit dem Kreuz in der erhobenen
Rechten dargestellt, jedoch in vollem Bischofsornat. Von
Werken, die man als religiöses Genre bezeichnen könnte
und die auch nichtkatholische Kreise mit hohem Genuß
betrachten werden, möchte ich den „Verlorenen Sohn"
nennen, ein Bronzewerk, das 1908 aus der Hessischen
Landesausstellung in Darmstadt zu sehen war. Die
innere Zerknirschung und die bittere Reue, die den
Sohn vor des Vaters Antlitz zusammensinken lassen,
verkörpern ein gewaltiges Stück Seelenschilderungskunst.
Rein anatomisch betrachtet, ist diese Skulptur eine Glanz
leistung in der Wiedergabe des Zusammenwirkens der
verschiedensten Muskelgruppen. Interessant ist ein Ver
gleich mit einem ähnlichen Thema von Limburg, das
unter dem Titel „Die Reue" auf Blatt 36 in dessen
Monographie abgebildet ist. Hierbei sehen wir die
Schönheit der Form die Tiefe des Empfindens über
wiegen. In der Darstellung von Kindern leistet Busch
Vorzügliches; sein „Betendes Mädchen", eine Holz
plastik in der Berliner Nationalgalerie, bringt höchst
anmutig und echt kindlich die ersten Regungen religiösen
Gefühls zum Ausdruck. Eine eigenartige Leistung seines
künstlerischen Schaffens bildet das „Friedensdenkmal"
zu Großsteinheim. Busch hat auf die bisher übliche
Personifikation dnrch eine Frauengestalt verzichtet. In
leicht antikisierender Gewandung tritt uns ein hübscher
Jüngling freundlichen Auges und mit offenen Armen,
in der Rechten einen Ölzweig haltend, frei entgegen.
Die Bronzefigur steht aus einem schönen Muschelkalk
sockel, auf dessen Vorderseite eine Bronzetafel mit dem
Reliefbildnis Großherzogs Ludwig l. von Hessen, der
seinem Volke 1820 die Verfassung gab, eingelassen ist.
Auf den Seitenflächen links und rechts von diesem
Porträt ist auf dem Stein das Familienglück und der
durch die Arbeit gesegnete Wohlstand schlicht und doch
in groß gesehenen Formen wiedergegeben. Die Verse
aus Schillers Glocke, die mit den Worten „Holder
Friede, süße Eintracht" anheben, bildeten das Leitmotiv
sür den Plastiker und haben in volkstümlicher, aber echt
künstlerischer Weise Ausdruck gefunden. Dieser schon im
Jahre 1911 von Busch verkörperte Gedanke wird wohl
nach dem gegenwärtigen Weltkrieg, wenn das Verlangen
nach Friedensdenkmälern dem nach Kriegerdenkmälern
kaum nachstehen wird- noch manche Nachahmung finden.
Busch und Limburg befinden sich aus dem Höhepunkt
ihrer Kunst, so daß wir die Hoffnung aussprechen
dürfen, noch manchen Werken ihrer Hand, die sich ■ den
früheren würdig anreihen, zu begegnen.
Freiburg i. Br. Dr. K. Siebert.
Hofgerichtsrat Dr. sur. Johann Daniel Rey ser
(1640—1712) als lateinischer Dichter. Ein Beitrag
zur Kenntnis der akademischen Gelegenheitspoesie in
Deutschland. Von Dr. Wolfram S u ch i e r in
Marburg. Borna-Leipzig (Bnchverlag von Ro
bert Noske) 1915. Geh. M. 1,60.
Suchiers Buch ist einer althessischen Persönlichkeit
gewidmet und daher unserer besonderen Beachtung wert.