Full text: Hessenland (30.1916)

Aus Heimat und fremde. 
Todesfälle. Am 22. Februar starb in Kassel die 
Begründerin und langjährige verdienstvolle Leiterin des 
Kasseler Konservatoriums der Musik, Fräulein Luise 
Beyer. Einem Nachruf, den das Kasseler Tageblatt 
brachte, entnehmen wir die nachstehende Würdigung des 
Wirkens der Verstorbenen: „Alle, die je dieser groß 
angelegten und feinfühligen Künstlerin nähergetreten sind, 
werden ihren Heimgang als einen schweren Verlust der 
Kunst betrauern. Sie war eine ihrer Dienerinnen, wie 
sie selten gesunden werden. Getragen von einem hohen 
Idealismus und von größter Schaffensfreudigkeit, unter 
nahm sie es vor 21 Jahren, Kassel ein Institut zu 
schenken, in dem die Musik so recht eine Pflegestätte 
nach ihrem Herzen finden sollte. Was sie für An 
forderungen an diese stellte und was sie geleistet, das 
haben wir in den langen Jahren ihrer Tätigkeit an 
den trefflichen Leistungen des Konservatoriums gar oft 
erfahren und rühmen können. Mit nie ermattender Tat 
kraft und einer aufopferungsvollen Hingabe ohne gleichen 
nahm sie sich der jungen Talente an und wußte wahr 
haft suggestiv alle guten Geister zu wecken, die in ihnen 
schlummerten. Nicht eher ruhte die Lehrerin, als bis 
die Kunstwerke — und bis an die schwierigsten führte 
sie ihre Schüler heran — zu vollster Reife der Aus 
führung gelangten. Bor allem strebte sie danach, ihren 
Schülern und Schülerinnen das nötige Rüstzeug für die 
Erreichung des höchsten Zieles, eines durchaus künst 
lerischen Vortrages, zu verschaffen. Das war ihr in 
erster Linie ein aller Nuancen fähiger Anschlag. Mit 
welcher Ansdauer und Unnachsichtigkeit sie diesem Ziele 
zuarbeitete, davon muß man Zeuge gewesen sein, um 
es recht zu verstehen. Und dann war es die liebevollste 
Hingabe an die Kunstwerke der verschiedensten Gattungen, 
an einen Mozartschen wie Regerschen Genius, um nur 
zwei Extreme zu nennen, die nicht ruhte, bis alles, 
auch das scheinbar Unwichtigste, in die rechte Beleuchtung 
gebracht und zu idealer Klarheit ausgearbeitet war. 
Aber nicht bloß als Klabierpädagogin hat sie vorbildlich 
gewirkt, auch als Leiterin des Instituts strebte sie den 
höchsten Zielen nach. Nichts, was zur musikalischen 
Durchbildung der Schüler beitragen konnte, sollte in 
dem Lehrplan der Anstalt fehlen, und so führte sie mit 
Hintansetzung aller persönlichen Interessen durch Her 
anziehung vortrefflicher Lehrkräste einen Unterrichtsplan 
ein, der das Konservatorium als eine Musteranstalt, als 
eine Zierde unserer Stadt erscheinen ließ." 
Am 26. Februar verschied der Königliche Forstmeister 
Wilhelm M e h l b u r g e r. Er entstammte einer alten 
hessischen Familie, und treue Anhänglichkeit an die 
hessische Heimat war ein hervorstechender Zug seines 
Wesens. Seine ganze lange Dienstzeit als Oberförster 
hat Mehlburger im Kausunger Wald, den er mit großer 
Liebe und in unermüdlicher Pflichttreue hegte, zu 
gebracht. Kaum in den Ruhestand getreten, hatte er 
sich bei Kriegsausbruch wieder zur Verfügung gestellt 
und die Verwaltung der Oberförsterei Oberkaufungen 
aufs neue übernommen. So ist er im Dienste gestorben. 
Als Forstmann wie als Mensch war er weit und breit 
bekannt und beliebt. 
In Aschaffenburg starb der wohl älteste ehemals kur 
hessische Offizier Major a. D. Wilhelm B r e ß l e r. 
Er war in Kassel geboren und hat ein Alter von 89 
Jahren erreicht. 1866 war er Hauptmann im 2. Jn- 
santerie-Regiment in Fulda. In preußischen Diensten 
wurde er, nachdem er bei Wörth eine schwere Ver 
wundung erlitten hatte, 1872 Major und trat im fol 
genden Jahre in den Ruhestand. Lange Jahre lebte 
er in Fulda und seit 1899 in AschaffeNburg. 
Vom Kasseler Hoftheater. Mit einer Ge- 
samtaussührung von Richard Wagners „Ring des Nibe 
lungen" ist am 1. März begonnen worden. — Das Lust 
spiel „Die große Pause" von Oskar Blumenthal und 
Max Bernstein wurde am 4. März zum ersten Male 
aufgeführt. 
Aus Fulda. Im Fuldaer Kreisblatt wird daran 
erinnert, daß der ueue Direktor des österreich-ungarischen 
Kriegsarchivs und Leiter des Kriegspresse-Quartiers, 
Generalmajor v. H o e n, am 17. Februar 1867 in 
Fulda geboren ist. 
Hessische Bücherschau. 
Josef Limburg und seine Bildwerke. Mit 
einer Einleitung von Viktor Blüthgen. Mit 
125 Abbildungen. Verlag von Friedrich O. Wolter, 
Berlin W. 35. O. I. 75 Blätter. Quartformat. 
Preis 3 M. 
Moderne Meister christlicher Kunst. Plastiker: Band I. 
Georg Busch von Or. Oskar Doering. 
Mit 88 Bildern und 6 Tafeln. München (Verlag 
Glaube und Kunst, Parcus & Co.) 1916. 96 Seiten. 
Quartformat. Preis 6 M. 
Zu den im letzten Jahrzehnt erschienenen Einzel 
schristen über die Hanauer Maler G. Cornicelius und 
K. Hausmann sind vor kurzem zwei weitere über die 
von dort stammenden Bildhauer I. Limburg und G. 
Busch hinzugekommen. Beide Künstler, von denen der 
erstere in Berlin und der andere in München in der 
Vollkraft des Schaffens stehen, nehmen in der Kunst 
welt geachtete Stellungen ein. 
Joseph Limburg ist den Lesern des „Hessenland" 
ein nicht Unbekannter, indem er schon im Jahrgang 
1909, Seite 110 eine kurze Würdigung fand. In der 
neuen Publikation hat ihm der befreundete Dichter 
Viktor Blüthgen warm empfundene Worte als Ein 
leitung gewidmet, ohne dabei in den Entwicklungsgang 
des Künstlers tiefer einzudringen und seine Eigenart an 
der Hand der einzelnen Werke näher zu beleuchten. Diese 
Ausgabe hatte ursprünglich Ludwig Pietsch übernommen, 
war aber leider darüber gestorben. Das Buch bietet 
daher mehr eine Sammlung von Anschauungsmaterial 
über das bisherige Schaffen Limburgs und zeigt in 
nicht weniger als 125 Abbildungen, die freilich nicht 
alle auf gleicher Höhe stehen, ein reiches Lebenswerk, 
trbtzdem es seine Tätigkeit nur bis zum 40. Lebensjahr 
umfaßt. Beim Betrachten der Tafeln überrascht uns 
sofort die Vielseitigkeit seines Könnens, er ist ebenso 
in, der Großplastik wie in der Kleinplastik, in Rund 
figuren und Reliefs, einschließlich Medaillons, ein voll 
endeter Meister und weiß seinen Werken fast stets neue 
Seiten abzugewinnen. Bei seinen freien Kunstschöpfungen 
stgunen wir über den Reichtum der Phantasie, über die 
Klarheit der Linie und der Form, über die Anmut der 
Gestalten, die, frei von falscher Sentimentalität, einem 
ernsten Naturstudium entsprungen sind. Seine Porträt 
skulpturen, deren Modelle den verschiedensten Kreisen, 
Kirchenfürsten, Vertretern der Aristokratie, der Kunst, 
der Wissenschaft und der Industrie angehören, zeichnen
	        

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