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Hessisches Heimatsblatt
Zettschrist für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 17. 30. Jahrgang. Erstes September-Heft 1916.
Dagobertshausen.
Bon A. Holtmeher.
Dörfer mit dem Namen Dagobertshausen gibt
es zloei in Hessen. Das eine liegt bei Marburg,
bas andere bei Melsungen. In beiden Fällen
wird der klangvolle Name auf jenen Dagobert I.
zurückgeführt, der 622 von seinem Vater Austrasien
erhielt, 628 ngch des Vaters Tode Herr des
ganzen Frankenreiches wurde, in Paris residierte
und 638 starb. Die reiche Legendenbildung über
das Leben des Königs, der 1291 am Münster zu
Straßburg ein Reiterstandbild erhielt, hat sich
nicht nur im Elsaß und in der Pfalz, sondern
auch in Hessen erhalten. Dagobert soll vor Win
fried das Christentum nach Hessen gebracht haben.
Nach Dagobertshausen, dem einen wie dem andern
Orte, verlegt die Überlieferung seinen Sieg über
die Wenden im Jahre 631. Zum Danke errichtete
der König, so will es die Sage, die Kirche des
Dorfes. Eine andere Lesart schreibt ihm sogar
die bunten Fenster zu, die das gotische Gotteshaus
der Siedelung bei Melsungen einst schmückten.
Welche geschichtlichen Vorgänge diesen Legenden
bildungen zugrunde liegen, ist nicht ermittelt.
Winkelmann nimmt in seiner 1697 erschienenen
Beschreibung von Hessen für die Dagoberthäuser
Schlacht ausschließlich das Dorf bei Melsungen in
Anspruch: „Unfern Heyden und Morschen wird
annoch ein Ort, ins Amt Melsungen gehörig, ge
zeigt, Woselbsten die Sclaven und Vandaler im
Jahre Christi 642. ihr Lager wider die alte Hessen
aufgeschlagen gehabt, und als sie von König Dago-
berto mit Hüls der Sachsen alda erlegt und gänz
lich verjagt worden, ist zu ewigem Gedächtnis eine
Kirche dahin erbauet und Dagobertshausen genennet
worden, wie dan das Dorf annoch diese Stund
den Namen Dabelshausen, und das Feld Dabels-
häusisch Feld davon behalten hat." Landau zweifelt
die Echtheit dieser Angabe an. Die meisten jün
geren Schriftsteller verlegen die Schlacht nach
Dagobertshausen bei Marburg. Als Namens-
sormen erscheinen bei dem Melsunger Dorfe Dage-
boldeshusun 1105, Dageboldishus 1194, Taboldes-
husen, Tabolshusen, Daboldeshusen und Dabels-
husen im 13. bis 15. Jahrhundert und bei dem
Marburger Dorfe Dabrahteshusen 1277, Dabras-
/)usen 1280 und Daibrechthusen 1283. Neben einem
Unterdabelshusen gab es in der Melsunger Flur
auch ein Oberdabelshusen, das im 30 jährigen
Kriege zur Wüstung wurde.
Die Dörfer selbst bieten für die älteste Geschichte
mehr oder weniger unzuverlässige Anhaltspunkte.
Dagobertshausen bei Marburg, das rund ein halbes
Hundert Einwohner zählt, besteht aus vier größeren