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Aus Heimat und fremde.
Aus Kassel. Auf Anregung der Frau Geh.
Kommerzienrat Hildegard H e n s ch e l soll das von der
Familie Henschel zur Erinnerung an die verstorbene
Frau Sophie Henschel gestiftete Kapital von
250 OM Mark zur Errichtung eines Wöchnerinnenheims
verwendet werden. Den Anträgen des Magistrats, aus
Grund dieser Stiftung eine städtische Entbindungsanstalt
zu begründen und dieser den Namen Sophienhaus
zu geben, haben die Stadtverordneten ihre Zustimmung
erteilt. Die Anstalt wird an der Frankfurter Strasse
neben dem Kinderheim erbaut werden.
Ein Auswahlkatalog der Landesbib-
l i o t b c k i n G e s ch i ch t e ist soeben erschienen, der sich
als eine willkommene Erleichterung beim Bücherbezug
darstellt. Die gewünschten Werke sind darin — nach
Bänden usw. geordnet — schnell aufzufinden und mit
dem Bibliotheksnamen angegeben. In der Ausleihe wie
im Lesesaal der Landesbibliothek liegen Exemplare zu
unentgeltlichem Gebrauche auf; daneben ist das Hest
für den Preis von 30 Ps. käuflich zu haben.
Todesfälle. Am 10. August ist in Jena im Alter
von säst 87 Jahren-Karl Johann Arnold, der Hof
maler Kaiser Wilhelms II, dessen Bildnis er mehr als
60 mal nach dem Leben gezeichnet hat, gestorben. Arnold
war am 30. August 1829 in Kassel als Sohn des Tapeten
fabrikanten Karl Heinrich Arnold geboren. Diesen ver
banden freundschaftliche Beziehungen mit Adolf Menzel.
1846 wurde Karl Johann Arnold dessen Schüler und
hatte sich der liebevollsten Forderung des Meisters zu
erjreuen. Näheres über die Familie Arnold findet sich in
den im Jahrgang 1907 des „Hessenland" von A. Woringer
herausgegebenen „Jugenderinnerungen des Fabrikanten
Karl Heinrich Arnold" und in den beigefügten Ergän
zungen. Ferner ist auf den Aufsatz „Adolf Menzel und
Kassel" zu verweisen, den Paul Heidelbach im Jahrgang
1909 des „Hessenland" aus Grund der von dem jetzt ver
storbenen Karl Arnold der Nationalgalerie überwiesenen
und damals im Druck erschienenen Briefe Menzels an
dessen Vater veröffentlichte. Darin ist auch erwähnt, daß
Menzel den Kops Karl Arnolds in Pastellkreide gezeichnet hat.
Am 12. August starb zu Hanau im Alter von fast
59 Jahren der Oberlehrer am dortigen Königlichen
Gymnasium Professor l>r. Wilhelm K ü st e r, seit
1914 Vorsitzender des Hanauer Geschichtsvereins. Er
war geborener Nassauer und wirkte bis 1896 an ver
schiedenen höheren Lehranstalten seiner engeren Heimat.
Nach kurzer Tätigkeit in Rinteln wurde er 1896 Ober
lehrer in Fulda und kam 19M nach Hanau. Er unter
richtete besonders in Geschichte. 1907 wurde er vom
Kultusminister an das König!, preußische historische
Institut in Nom entsandt. Die Ergebnisse seiner dortigen
Studien legte er in einer Schrift über das päpstliche
Beamtenwesen und die Verwaltung des Kirchenstaats im
13. Jahrhundert nieder, die noch nicht im Druck er
schienen ist. Im Hanauer Geschichtsverein entfaltete er
eine reiche Tätigkeit, mancher interessante Vortrag war
ihm zu danken, die Sammlung römischer Altertümer Hab
er geordnet und bestimmt und die Ausgrabung einer
bedeutsamen römischen Villa bei Eichen geleitet. Leider
mußte diese Arbeit wegen der Ungunst der Verhältnisse
zu früh wieder abgebrochen werden. Küster war ein
Mann von tiefem und großem Wissen, eine stille, be
scheidene Natur. Sein außergewöhnlich fesselnder Ge
schichtsunterricht ist für manchen seiner Schüler, die sich
seiner mit großer Dankbarkeit erinnern, bestimmend
für die Berufswahl gewesen.
Im 79. Lebensjahre verschied am 18. August zu Kassel
nach langer Krankheit der Landesrat und Bürgermeister
a. D. Hermann Klöffler. Fast 20 Jahre lang, von
1876 bis 1895, wirkte der Verstorbene mit vorbildlicher
Pflichttreue und Schaffenskraft als zweiter Bürgermeister
der Stadt Kassel und vertrat lange Zeit hindurch den
erkrankten Oberbürgermeister Weise. Besondere Ver
dienste erwarb er sich auf dem Gebiete des Armenwesens.
Er führte trotz mannigfacher Widerstände das sogenannte
Elberfeldcr System, dre ehrenamtliche Tätigkeit der ■ Ar
men- und Waisenräte, ein. Die allgemeine Wohlfahrts
pflege fand in ihm einen eisrigen und einsichtsvollen
Förderer. Unter anderm richtete er die Volksküche mit
ein. Auch im Schulwesen der Stadt war der Verstorbene
besonders verdienstlich tätig. In den letzten Jahren
seiner Wirksamkeit in städtischen Diensten >var er mit der
Wahrnehmung des Finanzdezernats jbetrant Im per
sönlichen Verkehr war er von der größten Liebenswürdig
keit und hatte für die Wünsche und Nöte eines jeden aus
der Bürgerschaft ein geneigtes Ohr und bereitwilliges
Entgegenkommen. Für die Schönheiten unserer hessischen
Landschaft war er besonders empfänglich und ein warmer
Freund des hessischen Gebirgsvereins, an dessen Spitze
er 14 Jahre lang gestanden und dessen Streben er er
folgreich gefördert hat. Der Verein ehrte seine Tätigkeit
durch die Verleihung der Würde eines Ehrenmitgliedes,
gab seinem Bildnis am Hohen-Gras-Turm eine Ehren-
stättc zu dauerndem Andenken und benannte den vom
Verein erbauten' Weg von der Zeche Marie bis zum
Marienfelsen den Klösslerpsad. In den Herzen vieler
hat sich der Verstorbene ein dankbares Erinnern gesichert.
Eine große Zahl treuer Freunde betrauert seinen Heimgang.
Am 19. August d. Js. verstarb zu Leipzig nach län
gerem Leiden der Rektor der dortigen Nikolaischule
Studienrat Professor Georg B e r l i t. Er wurde am
22. März 1850 zu Hersseld als Sohn des Leiters der
dortigen Realschule geboren und besuchte das Hersfelder
Gymnasium bis zur Reifeprüfung Ostern 1868. Dann
bezog er die Universität Marburg. Hier gründete er
mit andern Hersfeldern die heutige Burschenschaft Ger
mania, der er bis zum Tode 48 Jahre lang die Treue
gehalten hat. Bei Ausbruch des Krieges 1870 trat er
als Einjährig-Freiwilliger ins Heer und machte nach
der Einnahme von Paris den Einzug in die französische
Hauptstadt mit. Danach studierte er an der Leipziger
Universität, bestand im Februar 1873 die Staatsprüfung
und begann am 1. Oktober 1873 seine Tätigkeit an der
Nikolaischule, die nun einen Zeitraum von fast 43 Jahren
umfaßt hat. 1876 wurde er Oberlehrer, 1896 Professor,
1910 Studienrat, 1913 Konrektor, 1915 Rektor. Er war
als Leipziger Student ein bevorzugter Schüler des großen
Germanisten Rudols Hildcbrand, und dem deutschen
Unterricht, für den er auch schriftstellerisch tätig war,
widmete er besonders und mit großem Erfolg seine Kraft.
An Auszeichnungen wurden ihm zuteil das Ritterkreuz
1. Klasse des Albrechtsordens und das sächsische Kriegs
verdienstkreuz. Der gegenwärtige Krieg legte ihm das
Opfer seines jüngsten Sohnes auf, der im Osten gefallen
ist. Berlit betätigte sich auch eifrig auf kirchlichem Ge
biete: 1894—1901 war er Diakon in der Armenpflege
der evangelisch-reformierten Gemeinde, 1901—07 gehörte
er dem evangelisch-reformierten Konsistorium an. Seine
überall durch Frische und Lebhasttgkeit ausgezeichnete
Schaffenskraft wird unvergeßlich bleiben. P- W-