Full text: Hessenland (30.1916)

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Aus Heimat und fremde. 
Aus Kassel. Auf Anregung der Frau Geh. 
Kommerzienrat Hildegard H e n s ch e l soll das von der 
Familie Henschel zur Erinnerung an die verstorbene 
Frau Sophie Henschel gestiftete Kapital von 
250 OM Mark zur Errichtung eines Wöchnerinnenheims 
verwendet werden. Den Anträgen des Magistrats, aus 
Grund dieser Stiftung eine städtische Entbindungsanstalt 
zu begründen und dieser den Namen Sophienhaus 
zu geben, haben die Stadtverordneten ihre Zustimmung 
erteilt. Die Anstalt wird an der Frankfurter Strasse 
neben dem Kinderheim erbaut werden. 
Ein Auswahlkatalog der Landesbib- 
l i o t b c k i n G e s ch i ch t e ist soeben erschienen, der sich 
als eine willkommene Erleichterung beim Bücherbezug 
darstellt. Die gewünschten Werke sind darin — nach 
Bänden usw. geordnet — schnell aufzufinden und mit 
dem Bibliotheksnamen angegeben. In der Ausleihe wie 
im Lesesaal der Landesbibliothek liegen Exemplare zu 
unentgeltlichem Gebrauche auf; daneben ist das Hest 
für den Preis von 30 Ps. käuflich zu haben. 
Todesfälle. Am 10. August ist in Jena im Alter 
von säst 87 Jahren-Karl Johann Arnold, der Hof 
maler Kaiser Wilhelms II, dessen Bildnis er mehr als 
60 mal nach dem Leben gezeichnet hat, gestorben. Arnold 
war am 30. August 1829 in Kassel als Sohn des Tapeten 
fabrikanten Karl Heinrich Arnold geboren. Diesen ver 
banden freundschaftliche Beziehungen mit Adolf Menzel. 
1846 wurde Karl Johann Arnold dessen Schüler und 
hatte sich der liebevollsten Forderung des Meisters zu 
erjreuen. Näheres über die Familie Arnold findet sich in 
den im Jahrgang 1907 des „Hessenland" von A. Woringer 
herausgegebenen „Jugenderinnerungen des Fabrikanten 
Karl Heinrich Arnold" und in den beigefügten Ergän 
zungen. Ferner ist auf den Aufsatz „Adolf Menzel und 
Kassel" zu verweisen, den Paul Heidelbach im Jahrgang 
1909 des „Hessenland" aus Grund der von dem jetzt ver 
storbenen Karl Arnold der Nationalgalerie überwiesenen 
und damals im Druck erschienenen Briefe Menzels an 
dessen Vater veröffentlichte. Darin ist auch erwähnt, daß 
Menzel den Kops Karl Arnolds in Pastellkreide gezeichnet hat. 
Am 12. August starb zu Hanau im Alter von fast 
59 Jahren der Oberlehrer am dortigen Königlichen 
Gymnasium Professor l>r. Wilhelm K ü st e r, seit 
1914 Vorsitzender des Hanauer Geschichtsvereins. Er 
war geborener Nassauer und wirkte bis 1896 an ver 
schiedenen höheren Lehranstalten seiner engeren Heimat. 
Nach kurzer Tätigkeit in Rinteln wurde er 1896 Ober 
lehrer in Fulda und kam 19M nach Hanau. Er unter 
richtete besonders in Geschichte. 1907 wurde er vom 
Kultusminister an das König!, preußische historische 
Institut in Nom entsandt. Die Ergebnisse seiner dortigen 
Studien legte er in einer Schrift über das päpstliche 
Beamtenwesen und die Verwaltung des Kirchenstaats im 
13. Jahrhundert nieder, die noch nicht im Druck er 
schienen ist. Im Hanauer Geschichtsverein entfaltete er 
eine reiche Tätigkeit, mancher interessante Vortrag war 
ihm zu danken, die Sammlung römischer Altertümer Hab 
er geordnet und bestimmt und die Ausgrabung einer 
bedeutsamen römischen Villa bei Eichen geleitet. Leider 
mußte diese Arbeit wegen der Ungunst der Verhältnisse 
zu früh wieder abgebrochen werden. Küster war ein 
Mann von tiefem und großem Wissen, eine stille, be 
scheidene Natur. Sein außergewöhnlich fesselnder Ge 
schichtsunterricht ist für manchen seiner Schüler, die sich 
seiner mit großer Dankbarkeit erinnern, bestimmend 
für die Berufswahl gewesen. 
Im 79. Lebensjahre verschied am 18. August zu Kassel 
nach langer Krankheit der Landesrat und Bürgermeister 
a. D. Hermann Klöffler. Fast 20 Jahre lang, von 
1876 bis 1895, wirkte der Verstorbene mit vorbildlicher 
Pflichttreue und Schaffenskraft als zweiter Bürgermeister 
der Stadt Kassel und vertrat lange Zeit hindurch den 
erkrankten Oberbürgermeister Weise. Besondere Ver 
dienste erwarb er sich auf dem Gebiete des Armenwesens. 
Er führte trotz mannigfacher Widerstände das sogenannte 
Elberfeldcr System, dre ehrenamtliche Tätigkeit der ■ Ar 
men- und Waisenräte, ein. Die allgemeine Wohlfahrts 
pflege fand in ihm einen eisrigen und einsichtsvollen 
Förderer. Unter anderm richtete er die Volksküche mit 
ein. Auch im Schulwesen der Stadt war der Verstorbene 
besonders verdienstlich tätig. In den letzten Jahren 
seiner Wirksamkeit in städtischen Diensten >var er mit der 
Wahrnehmung des Finanzdezernats jbetrant Im per 
sönlichen Verkehr war er von der größten Liebenswürdig 
keit und hatte für die Wünsche und Nöte eines jeden aus 
der Bürgerschaft ein geneigtes Ohr und bereitwilliges 
Entgegenkommen. Für die Schönheiten unserer hessischen 
Landschaft war er besonders empfänglich und ein warmer 
Freund des hessischen Gebirgsvereins, an dessen Spitze 
er 14 Jahre lang gestanden und dessen Streben er er 
folgreich gefördert hat. Der Verein ehrte seine Tätigkeit 
durch die Verleihung der Würde eines Ehrenmitgliedes, 
gab seinem Bildnis am Hohen-Gras-Turm eine Ehren- 
stättc zu dauerndem Andenken und benannte den vom 
Verein erbauten' Weg von der Zeche Marie bis zum 
Marienfelsen den Klösslerpsad. In den Herzen vieler 
hat sich der Verstorbene ein dankbares Erinnern gesichert. 
Eine große Zahl treuer Freunde betrauert seinen Heimgang. 
Am 19. August d. Js. verstarb zu Leipzig nach län 
gerem Leiden der Rektor der dortigen Nikolaischule 
Studienrat Professor Georg B e r l i t. Er wurde am 
22. März 1850 zu Hersseld als Sohn des Leiters der 
dortigen Realschule geboren und besuchte das Hersfelder 
Gymnasium bis zur Reifeprüfung Ostern 1868. Dann 
bezog er die Universität Marburg. Hier gründete er 
mit andern Hersfeldern die heutige Burschenschaft Ger 
mania, der er bis zum Tode 48 Jahre lang die Treue 
gehalten hat. Bei Ausbruch des Krieges 1870 trat er 
als Einjährig-Freiwilliger ins Heer und machte nach 
der Einnahme von Paris den Einzug in die französische 
Hauptstadt mit. Danach studierte er an der Leipziger 
Universität, bestand im Februar 1873 die Staatsprüfung 
und begann am 1. Oktober 1873 seine Tätigkeit an der 
Nikolaischule, die nun einen Zeitraum von fast 43 Jahren 
umfaßt hat. 1876 wurde er Oberlehrer, 1896 Professor, 
1910 Studienrat, 1913 Konrektor, 1915 Rektor. Er war 
als Leipziger Student ein bevorzugter Schüler des großen 
Germanisten Rudols Hildcbrand, und dem deutschen 
Unterricht, für den er auch schriftstellerisch tätig war, 
widmete er besonders und mit großem Erfolg seine Kraft. 
An Auszeichnungen wurden ihm zuteil das Ritterkreuz 
1. Klasse des Albrechtsordens und das sächsische Kriegs 
verdienstkreuz. Der gegenwärtige Krieg legte ihm das 
Opfer seines jüngsten Sohnes auf, der im Osten gefallen 
ist. Berlit betätigte sich auch eifrig auf kirchlichem Ge 
biete: 1894—1901 war er Diakon in der Armenpflege 
der evangelisch-reformierten Gemeinde, 1901—07 gehörte 
er dem evangelisch-reformierten Konsistorium an. Seine 
überall durch Frische und Lebhasttgkeit ausgezeichnete 
Schaffenskraft wird unvergeßlich bleiben. P- W-
	        

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