Hammerzcichen (T) bei Viehkraukheiten augcivandt
worden.-^) Dieser Auffassung kann man mindestens
innere Berechtigung, ja Wahrscheinlichkeit nicht
absprechen. Wurzclnng im Heidentum ist auch an
zunehmen, wenn man der Kreuzform deS Weges
besondere Bedeutung beimißt * 55 ), wenn z, B. vieler
orts der Volksglaube die Hexen auf den Kreuzwegen
tanzen läfet 5ß ), wenn die Schmalkaldische Mutter
ihr Kind nachts 12 Uhr an einen Kreuzweg bringt,
weil sie glaubt, ihm dadurch das Zahnen zu er
leichtern bzw. es vor dem „Abnehmen" zu schützen." 7 )
Hierher gehört auch, wenn bis in die neuere Zeit
hinein in Ottrau und Umgegend (Schwalm) in
der Walpurgisnacht zwischen zwei und drei Uhr
das Vieh ausgetrieben wurde. Der Hirt holte dann
schon Tags zuvor bei den Besitzern etwas von jeder
Frucht, um es, mit Salz vermengt, in der Nacht
im Freien an den Kreuzwegen nach dem
Bechtclsberg zu den Tieren zu fressen zu geben.
Hierauf kamen sie nach Hause zurück und wurden
an dem Tage nicht weiter ausgetrieben?^) Die
Kreuzsorm spielt aber auch in freierer, nur an
gedeuteter Gestalt eine Rolle: man milkt „übers
Kreuz", d. h. die gegenüberstehenden Striche zu
sammen und schützt so die Kuh bzw. Ziege und
ihre Milch • ,ä ), man läßt das Weidevieh, wenn es
im Frühjahr zum ersten Mal ausgetrieben wird,
über eine Axt und einen Besen schreiten, die man
in Kreuzform auf die Stalltürschwelle gelegt hat?°)
Das tut man auch, wenn eine neugekaufte Kuh
in den Stall geführt wird? 7 ) Ebenso wird, wenn
ein Kind geboren ist, ein Besen und eine Axt
kreuzwcis auf die Hanstürschwelle gelegt, da man
immerhin mit der Möglichkeit rechnen muß, daß
sich unter den nachbarlichen Besucherinnen der
jungen samt ihrem Kinde sehr angreifbaren Mutter
eine Hexe befinden könnte?-) Nicht minder schützen
den in einem Bett Schlafenden seine ins Kreüz
vor dieses gestellten Schuhe^), wie denn auch
krcuzweis über ein offenes Grab gelegte Schippen
s*) Mannhardt 10.
55 ) Mogk, Germanische Mythologie 2 § 23 S. 30;
Wuttke, Der deutsche Volksaberglaube' der Gegenwart
§ 108.
5 «) Pfister 01; Hess. Landes- u. Volksk. II, 327
(Schwalm); ebenda II, 385 (Kinziggebiet); ebenda II,
445 (Thür. Niederhessen); Curtze 389; Hess. Landes-
u. Volksk. II, 538 (Sachs. Niederhessen); ebenda II,
170 (Oberhessen).
■" 7 ) Hess. Landes- u. Volksk. II, 473.
’*) Suchier, Orion der Jäger 45.
5a ) Kehrein II, 246.
fi0 ) Hess. Landes- u. Volksk. II, 177 (Oberhessen).
«i) Hess. Landes- u. Volks. II, 321 (Schwalm);
ebenda ll, 177 (Oberhessen); Curtze 406 Nr. 177).
U2 ) Hess. Landes- ii. Volksk. II, 470 (Schmalkalden);
Mühlhause, Gebräuche der Hessen 3.
“) Hess. Landes- u. Volksk. II, 387 (Kinziggebiet).
bewirken, daß die Hexen über dieses Grab keine
Macht haben? 7 ) Auch der Kreuzdorn hat —
wohl in Anlehnung an die Legende, daß die
Dornenkrone Christi daraus geflochten gewesen
sei — hexenabwehrende Kraft: man steckt ihn daher
vor der ersten Mainacht vor die Ställe 65 66 ), und
am stillen Freitag holt man vor Sonnenaufgang
ein Exemplar und schlägt damit das Vieh dreimal
stillschweigend auf den Rücken.^) Ebenso bringt
man am Himmelfahrtstage Kreuzdorne mit heim
und stellt zum Schutz des Viehes drei Exemplare
davon in drei Ecken des Stalles? 7 * * ) Uralt ist
die Anschauung, daß die seelischen Geister und die
Elben durch Lärm, Glockenklang usw. verscheucht
werden. Deshalb veranstalten am Vorabend des
Walpurgistages im fränkischen Niederhessen o«) und
in der Schwalm G9 ) die Burschen heftiges Peitschen
knallen. Für beide Gebiete wird ausdrücklich be
tont, daß man dazu die Kreuzwege bzw. (in Arns
bach, Kr. Homberg 70 ) eine benachbarte „berüchtigte
Höhe" auswählt. Daß diese Wahl sich mindestens
im Rahmen einer uralten Anschauung hält, bedarf
nach dem früher Dargelegten hier der besonderen
Betonung nicht. Auch zu Dillhausen (Oberlahn-
krcis), wo am Walpurgisvorabend die Knaben mit
gesammeltem Stroh und Holz „die Hexen ver
brennen", zieht man zu dem Ende auf einen nahen
Berg 71 ), während man im fränkischen Niederhessen
wieder die Kreuzwege wählt, um daselbst Werg
und Stangen zu verbrennen 72 ) bzw. um auf den
Dorfkreuzungen sogen. „Hexenbäumchen" zu er
richten. 7 ^) Ebenso gelten in Oberhessen die Kreuz
wege als Sammelpunkte der Hexen, weshalb die
Jugend dort zu ihrer Vertreibung am Walpurgis
abend aus Sägespänen Kreuze und Männer macht.
„Für" die Mädchen (d. h. doch wohl zu deren
Schutz) werden ebendort in der Nähe ihrer Woh-
o«) Curtze 383 Nr. 75; Mündlich (Oberhessen).
Curtze 394 Nr. 117.
66 ) Curtze 393 Nr. 116. Über die allgemeinen Ge
sichtspunkte ist zu vergleichen, was Wilhelm Mannhardt
unter der Bezeichnung „Schlag mit der Lebensrute"
erstmalig und erschöpfend behandelt hat. S. dessen
„Wald- und Feldkulte" Teil I: „Der Baumkultus der
Germanen" 251 ff., desgleichen seine „Mythologische
Forschungen" in „Quellen und Forschungen zur Sprach-
und Kulturgeschichte der germanischen Völker" Band 51,
72 ff.
67 ) Hess. Landes- u. Volksk. II, 98 (Fränk. Nieder
hessen) ; Mülhause, Gebräuche 20.
08) Hess. Landes- u. Volksk. II, 98.
e») Lyriker Nr. 327; Hess. Landes- u. Volksk. II,
327; Suchier, Orion 45.
7 «) Pfister 61.
71 ) Kehrein II, 145.
72 ) Hess. Landes- u. Volksk. II, 98.
7 ch wie vor (in Mecklar, Kr. Hersseld, und an andern
Orten).