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Annunciata Bossi, holte sich 1811 auch der 1857
als Oberbaumeister in seiner Vaterstadt Kassel ver
storbene Daniel Engelhard in Rom, wohin er mit
einem Akademiestipendium geschickt war. Nachdem
Engelhard, bekanntlich das Vorbild des Architekten
in Goethes „Wahlverwandtschaften", seinen Ge
schmack an italienischen Vorbildern gebildet hatte,
kehrte er voller Pläne heim. 1837 erbaute er sich
die jetzt zum Lesemusenm umgebaute Engelsburg
am Ständeplatz; auch der Bellevuetempel und die
schönsten Säle des Eckpalais am Friedrichsplatz
stammen von ihm. Ein anderer Kasselaner gleichen
Namens, der Baumeister Gottlob Engelhard, nach
dessen Plänen 1853 der Kasseler Bahnhof errichtet
wurde, war während seines römischen Aufenthaltes
(1835—41) am Bau des archäologischen Instituts
mit tätig.
(Seite 351, erste Spalte, Zeile 11 von unten muß es
statt 1788 heißen 1700.)
(Schluß folgt.)
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Aus dem Tagebuche eines Kasseler Kriegsfreiwilligen.
(Fortsetzung.)
6.0. Bis zum 10. Oktober sollte unser Regiment
hierin Arnstadt bleiben, um mit andern Heeres teilen
der ... Reserve-Division auf dem Truppenübuugs-
platz des XI. Armeekorps Ohrdruf im Herzogtum
Gotha die letzte militärische Schulung zu erhalten.
Tag für Tag ging's nun auf den von Arnstadt
ungefähr 3 Stunden entfernten Ohrdrufer Übungs
platz. Zunächst im Bataillonsverbandc, später das
ganze Regiment, die Brigade und schließlich die
Division, 's war ein anstrengender Dienst; aber
Lust war's zugleich und Freude, so im Großen
zlu manövrieren, frei von dem peinlichen Kompagnie-
dienst. Da haben wir marschieren gelernt, früh
morgens mit Sang und Klang ans dein Städtchen
hinein in den duftigen Thüringer Herbstmorgen.
Über Nebeln grüßte uns viel tausendmal die ra
gende Wachsenburg und rauschender Tannenlvald
und welliges Land. ...
Manches Gefecht hat sich dort aus dein weiten
Plan entsponnen, imb war die Wirklichkeit später
auch in vielem so ganz anders, als hier gelehrt
wurde: groß war doch der Gewinn, daß wir an
tausend Anstreliguugen gewöhnt wurden nitb Hunger
und Durst ertragen lernten und noch fröhlich
sangen, wenn wir bis auf die Haut durchnäßt die
rings von hohen Wänden eingeschlossene Neue-
Straße Arnstadt zuzogen uiid fest, als läge nichts
hinter uns, im strammen Paradeschritt an unserm
Major vorübermarschierten, daß das Pflaster des
Arnstädter Marktes dröhnte....
Es ivar eine schöne, unvergeßliche Zeit, die wir
in Arnstadt verlebten, getragen von der brennenden
Sehnsucht, heute oder morgen ins Feld rücken zu
können. Da kamen die Kameraden sich näher und
die Vorgesetzten. Wie's oft geschah, wenn wir
draußen Schützengräben ausheben lernten und der
Hauptmann zu mir kam und mich erneut auf
forderte, ein Kompagnietagebuch zu führen, und
wie er den Major und den Oberst für den Plan
interessiert habe, wenn abends der sangesfrohe
zweite Zug sich in der Stadt Gotha zu einem
Ständchen versammelte und Feldwebelleutnant H.
und B. bei uns saßen ltitb mit uns sangen und
sprachen von dem, was kommen sollte! Wenn
gar unser lieber Hauptmanu die ganze Kompagnie
zu Gaste lud und Stunden rannen in frohem
Kreise derer, die wohl nie wieder so einig zu
sammenkommen werden. — Darob haben wir alles
vergessen, was kleinlich oder gar unrecht uns manch
mal vorkam im Dienst, den uns Leute schwer
machen wollten, die durch nichts veranlaßt waren.
Noch einmal anstrengendste Tage, denen ähnliche
mit gefechtsmäßigem Kompagnie- und vorher Zug-
schießen vorausgegangen waren, brachte uns das
Divisionsmanöver mit gewaltigen Märschen und
langen Gefechten. Dann ivar Schluß, und der Rest
der zweiten Oktober-Woche galt den letzten Vor
bereitungen zum Ausmarsch.
Wir rücken aus! Wer kann beschreiben, wie dies
Wort auf uns wirkte! Mit fiebernder Hast werden
die alten Uniformen eingepackt und der graue Rock,
der uns bisher nur zu Besichtigungen geziert, für-
dauernd angezogen. Tornister gepackt, Mäntel ge
rollt und Zeltbahnen gelegt, Seitengewehre ge-
schliffen und scharfe Patronen empfangen. Appell
über Appell in all dieser: Dingen. Da ein Zwischen
fall: einer schießt einem Kameraden unvorsichtiger
Weise eine Revolverkugel durch den Arm. Größte
Erregtheit und ernste Worte unseres Hauptmanns!
Alles wird übersehen im Jubel des Ausmarsches —
Antwerpen gefallen! — und wir noch hier! —
Letzter Appell am Sormtagmorgen den 11. Ok
tober ans dem alten Platz unter den hohen Pappeln
der Uferstraße, vollkommen feldnrarschmäßig. —
Belvegte Worte des Hauptmauns, letztes Hurra! —
und die Pappeln rauschen uns Abschied.
Dieselbe Nacht % 12 Uhr Abmarsch zum Bahn
hof. Die Stunde vorher: ernstes Singen der ewig
schönen Soldatenlieder. Und rings stehen die Arn
städter und wollen uns das Geleit geben. Punkt
12 Uhr Abmarsch zum Bahnhof mit Musik, und