rium Hohenwart, dem auch die zweite, heute
meist benutzte, vollständigste Ausgabe der „Organi
sation der Arbeit" zu verdanken ist. Wer sich einen
kurzen, aber treffenden Überblick über unseres hessi
schen Landsmannes Werk schaffen will, sei auf
Schäffles Vorträge über Kapitalismus und So
zialismus verwiesen.*)
Die Arbeit an dem Werke „Organisation der
Arbeit" hat seit seinem „Tag von Damaskus",
jenem Morgen bei Modum, den er selbst so packend
schildert, bis zum Tode unsern Freund beschäftigt,
selbst als im Jahre 1860 ein schweres Nerven
leiden ihn zur Schonung zwang, war der einzige
Weg des Arztes in sein
Vertrauen der über diese
Probleme.
Eng mit diesem großen
Lebenswerke verknüpft,
aber doch nur episoden
haft ihm gegenüber war
Winkelblechs Eintreten
in die Tagespolitik.
Als der Sturm des
Jahres 1848 durchs Land
brauste, als das Ver
trauen des Volkes die
Besten der Nation in die
Paulskirche nach Frank
furt sandte und jeder
mann den Frühling des
deutschen Volkes erhoffte,
riß es auch ihn aus der
Stille seiner Studier
stube. Er hoffte, von der
Rednertribüne herab, viel-
leicht von bfer Tribüne
des deutschen Parlamentes für seine Gedanken
wirken zu könpen, und da er in die Herzen gerade
der Enterbten des Glücks die Hoffnung auf bessere
Tage, den Glauben an eine bessere Zukunft, zu
tragen gedachte, trat er in den demokratisch-so
zialen Verein zu Kassel, trug er in Vorträgen
seine Gedanken in die Öffentlichkeit. Ein Partei
mann ist er dennoch nicht geworden, obwohl ihn
auch die Wahl in die kurhessische Ständekammer
berief, der er in der Legislaturperiode von Dezem
ber 1848 bis Frühjahr 1849 angehörte. Seine
Kandidatur im April 1848 gegen dm Obergerichts-
anwalt Ludwig Schwarzenberg bei den Wahlen
zur Paulskirche war ein — namentlich durch seinen
zu tiefgründigen Wahlaufruf bedingter — Miß
erfolg gewesen, dennoch aber muß sein Auftreten,
*) Kapitalismus und Sozialismus. Von Pros. A.
Schäfsle. Tübingen 1870, namentlich S. 255—307, wo
auch eine treffliche Kritik der Marlo'schen Gedanken.
namentlich in den sozial-wissenschaftlichen Vor
trägen, starken Eindruck hinterlassen haben, denn
daraus scheinen Worte hinzudeuten, die nach Be
endigung der Wahl in einem Rückblicke der „Neue
Verfassungsfreund" schrieb: Die soziale Seite
der großen Bewegung des März „ist aller
dings die empfindlichere, denn hier handelt es
sich nicht um Aufrechterhaltung bereits erworbener,
um Erlangung neuer Rechte, hier haudelt es sich
um Aufhebung krankhafter Zustände, um uneigen
nützige Anerkennung der Rechte der Armen uub
Bedrückten, um mutige Bekämpfung kleinlicher
Selbstsucht, hier handelt es sich von unserer Seite
um Pflichten, um inniges
Eingehen in das Herz
der Menschheit, um Ver
wirklichung des Grund
prinzips des Christen
tums." Diese Gedanken
tragen so in jeder Hin
sicht den Stempel von
Winkelblechs Geist, daß
man wohl nicht fehl geht
in der Annahme, daß
sein Einfluß diese Töne
bei dem Schreiber an
geschlagen.
Gerade jetzt in unserer
Zeit aber, in der der
eiserne Zwang des Welt
kriegs die Kämpfer aus
dem Reiche und Öster
reich zusammenführte, da
der Gedanke, „das ganze
Deutschland soll es sein!"
lauter als seit Jahren
und Jahrzehnten klingt, ist es auch interessant,
Winkelblechs Abgeordnetentätigkeit in der kurhessi
schen Ständekammer zu betrachten. Als Demokrat
ist er großdeutsch, und als die heftigen Kämpfe
im Frankfurter Parlament um die Schaffung der
erblichen Kaiserwürde, um ihre Übertragung an
den preußischen König Friedrich Wilhelm IV.,
um die Ausstoßung Österreichs aus dem deutschen
Staatenverbande in der Ständekammer wider
hallen, als v. Sybel als Berichterstatter des Ver
fassungsausschusses darauf anträgt, den kleindeut
schen Beschlüssen der Nationalversammlung die
Zustimmung zu bekunden, die Regierung zur Zu
stimmung zu treiben, hielt er nicht mehr an sich.
„Lassen Sie uns das Band beim Bundesstaat so
eng als möglich knüpfen, aber lassen Sie uns das
größte nationale Interesse wahren, und die Ein
heit des Reichs nicht aus den Augen
verlieren, lassen Sie uns nicht dahin kommen,
Karl Georg Winkelblech.