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Sie können sich den Namen verdienen Henker
von Kurhessen, oder Hyäne von Kassel. Es ist
nicht Viel, aber es ist doch Etwas! Sie können
es dahin bringen, daß man vor Ihnen zittert, wo
Sie gebieten, und Sie massakriert, wo Sie keine
Gewalt haben. DaswissenSie'Es schmeichelt
Ihrer 71 jährigen Eitelkeit, die sich hoch und teuer
vermißt, die Völker lehren und bekehren zu wollen.
Aber das wissen Sie nicht, daß Sie Ihrem
Landesherrn den Stuhl vor die Tür setzen helfen,
daß Sie Ihrem Hause Brabant die altererbte
Krone zertrümmern und Ihr „Vaterland" an
seinen lauernden Nachbarn verraten helfen.
Armer, schwacher Greis' Fahre dahin in Deinem
Aberwitz. — Der Herr, Dein Gott, hat Dich- hart
geprüft und Du hast nicht bestanden vor seinem
Angesicht. Fahre dahin, ein ohnmächtiges Werk
zeug der Thorheit und des Wahnsinnes. Opfere
so viel blutige Opfer, wie Du willst, ergrauter
Verblendeter — an Deinem Grabe wird die Jugend
dieses Landes stehn — vielleicht unter Fluch
und Verwünschung — aber gewiß nicht ohne
ein mitleidiges Lachen."
Es kann und soll heute nicht Aufgabe sein, den
Gesamtverlauf der damaligen Ereignisse in seinem
vollen Umfange darzustellen, nur einige Bilder,
Ausschnitte aus dem Gesamtgemälde, können ge
boten werden, die ersten zusammenhängenden und
auf bislang unbenutztes Material zurückgehenden
Darstellungen hat W. Hopf gegeben in seinem
Merkchen „Kurhessens deutsche Politik
i. I. 1850" und in der 1910 in den „Hessischen
Blättern" erschienenen Artikelreihe „Der k ur
li e s s i s ch e V e r f a s s u n g s k a m p f u a ch sei
ner i n n e r p o l i t i s ch e n Seite" Will man
diesen Arbeiten nicht völlig folgen, so kann es
nur in der Weise sein, daß sie der Stellung der
Demokratie in dem Kampfe nicht gerecht wird, daß
namentlich deren Bedeutung für Gegenwart und
Zukunft mit den Trägern des konservativen Ge
dankens jener Tage verkannt ivard. Daß auch die
Demokratie jener Tage recht reichlich mit Fehlern
gesegnet war, soll nicht verkannt werden, das
einigende Moment der beiden Gegenpole konnte
aber im Bekenntnis zum Staate gesucht
werden und im g r o ß d e u t s ch en G e d a n ke n
dem stand der Liberalismus mit seinen dissoziieren-
den Prinzipien und seiner kleindeutscheu Auffassung
entgegen.
Das beste Urteil, das je über die Manose von
1850 gesprochen ist, finden wir aber bei W. H.
Riehl, der in seinem Werke „Land und
Leute" (10. Aufl. S. 335 u. 337) sagt
„Gewalt stand gegen Gewalt. Um das kleinere
Übel — die rechtswidrige Willkür des Ministers -
zu paralysieren, hatte man das unendlich größere
Übel, die Lähmung des ganzen Staatsorganismus,
heraufbeschworen, und eine heillose Verwirrung
der Rechtsbegriffe im Volke, bei den Beamten,
Richtern, im Heere dazu. Als ein „Rechts
spiel" sieht die große Masse des Volkes ihre
Privatprozesse an, als ein Rechtsspiel ist auch der
Bevölkerung des Landes der politische Prozeß in
Kurhessen erschienen, und darin lag die auflösende
und zersetzende Kraft der kurhessischen Händel."
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Am Morgen.
Der Morgen faßt mich bei der Hand
Führt mich dem Licht entgegen;
Frau Sonne steht am Bergesrand
Und spricht den Morgensegen.
Frau Sonne sieht mich lachend an:
„Kannst noch nicht auf dich raffen?
Rinteln.
Sei munter, und ich helf dir dann
Auch ein paar Verslein schaffen!"
Noch träumend setze ich mich hin
Tn Sommermorgenfrische,
Da liegt von jener Zauberin
Ein Lied auf meinem Tische.
Helene Brehm.
Zur Neubebauung des Hersfelder Nathausplahes.
Wir berichteten seinerzeit über die Frcilegitng
des Hersfelder Rathauses durch Abbruch der Häuser
gruppe „Am Treppchen" Inzwischen ist von der
Stadt ein neues Projekt ausgearbeitet worden,
über das die „Hersfelder Zeitung", vom 27 Ja-
iruar 1914 eingehend berichtet, durch deren
Entgegenkommen wir in der Lage sind, unsern
Lesern die alte und die neugeplante Ansicht des
Rathausplatzes vorzuführen. Dem Projekt liegt
die Absicht zugrunde, „das alte vielgerühmte
Kleinod Hersfelds in ähnlicher, den heutigen Per-
kehrsverhältnifsen und Anforderungen an gesunde
Wohn- und Geschäftsräume Rechnung tragender
Bauweise nach Möglichkeit wieder herzustellen"
Der Neubau, der die städtische Sparkasse auf
nehmen soll, erzielt den reizvollen Durchblick nach
der kleinen Eingangshalle der Stadtkirche, wie ihn
die alte Häusergruppe bot, und auch die Höhen
verhältnisse des Neubaus sind wie die Gruppierung
der Giebel dem alten Motiv entsprechend beibehalten