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2 siebenpfündigen Haubitzen bestand. Dazu traten
noch die Regimentsgeschütze der hessischen Infanterie,
6 Dreipfünder, so daß das gesamte Artillerie
material aus 15 Geschützen bestand, die sich aber
zum Teil in schlechter Beschaffenheit befanden.
Munition war nur für einen Tag vorhanden. Ar
tilleristen fehlten , bis auf die zu den 6 Regiments-
geschützen gehörigen wenigen Mannschaften gänz
lich. Artillerie- und Ingenienroffiziere waren über
haupt nicht in der Festung vorhanden, bis aus dev
kranken österreichischen Artillerieleutnant Schabitz,
der zufällig in Nieuport zurückgeblieben war. Die
Vorräte an Lebensmitteln waren unbedeutend.
v. Wurmb scheint unter diesen Umständen eine
nachhaltige Verteidigung des Platzes nicht beab
sichtigt zu haben, obwohl eine solche bei der Wich
tigkeit der Festung als Stützpunkt des rechten
Flügels der Verbündeten sehr notwendig war. Er
hätte sonst wohl in den vier Wochen, die ihm bis
zum Angriff der Franzosen verblieben, versucht,
die Festungswerke in einen besseren Stand zu
setzen. Allerdings wird es ihm auch an Mitteln
dazu gefehlt haben und die Engländer hätten sich
in ihrem Dünkel auch zu derartigen Arbeiten wohl
nicht verwenden lassen, denn im übrigen tat er
nach der Einnahme von Furnes durch die Fran
zosen, die ihm einen baldigen Angriff der letzteren
in Aussicht stellte, alles, was sich mit seinen be
scheidenen Mitteln tun ließ. Er besetzte die Schleusen
schanze mit 1 Kapitän und 100 Mann, sowie mit
2 Sechs- und 2 Dreipfündern und stellte vor dem
Dünkircher Tore (Südseite der Stadt) in einer
schnell aufgeworfenen Feldbefestigung 3 Dreipfünder
unter einer Bedeckung von 1 Offizier und 40
Mann auf. Die übrige Garnison verteilte er auf
dem Walle. Den Befehl über die Artillerie über
nahm der Leutnant Schabitz, der sich trotz seines
kranken Zustandes dem Kommandanten zur Ver
fügung stellte. Zur Bedienung der Geschütze mel
deten sich die ja damit vertrauten Seeleute und
Fischer der Stadt. Die Schleusen wurden so gut
wie möglich verdämmt.
In der Nacht vom 22. zum 23. Oktober trafen
die Vortruppen des Feindes vor der Festung ein
und begannen alsbald an der Landstraße und dem
Kanal nach Furnes, die nebeneinander herliefen,
südlich der Stadt beim Wirtshause „zum Pelikan"
zwei Batterien zu bauen, in deren eine 2 zwölf-
pfündige Kanonen und 2 zehnpfündige Haubitzen
eingefahren wurden, während die andere mit 2 vier-
undzwanzigpfündigen Kanonen und einem zwölf
zölligen Mörser besetzt wurde. Sobald diese Batte
rien von den Verteidigern entdeckt waren, wurden
sie unter lebhaftes, aber, soweit sich erkennen ließ,
erfolgloses Artilleriefeuer genommen. Am nächsten
Tage, morgens 10 Uhr, überbrachte ein fran
zösischer Trompeter eine an den Magistrat der
Stadt gerichtete Aufforderung des Generals Hoche^),
augenblicklich zu kapitulieren, sonst „werde ec die
Stadt zerstören und über die rauchenden Trümmer
der Häuser und die zuckenden Glieder der Körper
der Bürger seinen Einzug halten". Der Magistrat
antwortete, daß nicht er, sondern der Kommandant
über derartige Fragen zu entscheiden habe. Darauf
begann um 1 Uhr mittags das Feuer der fran
zösischen Batterien auf die Stadt, das sich haupt
sächlich auf die Wohnhäuser der Bürger richtete,
welche letztere dadurch veranlaßt werden sollten,
den Kommandanten zur Übergabe zu veranlassen.
Wenn auch mehrere Häuser in Flammen auf
gingen, so wurde doch diese Absicht der Belagerer
nicht erreicht. Die Belagerten setzten das Feuer
ihrer Geschütze gegen die französischen Batterien
fort, wohl nur, um den Franzosen ein Zeichen
ihres Widerstandes zu geben. Denn von irgend
einem Erfolg konnte bei der geringen Tragweite
der vorhandenen Geschütze gar keine Rede sein.
Vielmehr wurde dadurch unnötigerweise eine solche
Menge Munition verbraucht, daß gegen 4 Uhr
nachmittags der vorhandene Vorrat aufgebraucht
war. Der Kommandant von Ostende, der um Zu
sendung weiterer Munition gebeten worden war,
hatte diesem Wunsche, der sich erfüllen ließ, weil
die Festung Nieuport im Norden nicht eingeschlossen
war, nicht entsprochen. Oberst v. Wurmb beschloß
deshalb, den Platz zu räumen, da er sich einen Er
folg von einer weiteren Verteidigung nicht ver
sprechen konnte. Er ließ sich aber durch die Vor
stellungen der Kapitäne von Bardeleben«) und
v. Zoppe vom Regiment v. Kospoth bewegen, vor
läufig noch auszuharren. Im Laufe des Nach
mittags stieg nun auch die Überschwemmung so
hoch, daß die Franzosen ihre Batterien räumen
mußten und nach Furnes zurückgingen. Am Abend
rückte das hessische Grenadierbätaillon v. Esch-
wege?) in Stärke von 13 Offizieren, 354 Mann
zur Verstärkung der Besatzung in die Festung ein.
Ein erneuter, kräftiger Angriff der Franzosen
ließ nicht lange auf sich warten. In der Nacht 6 7
6 ) Lazare Hache, geb. 25. 6. 1768 zu Montreuil bei
Versailles, gest. 18. 9. 1797 in Wetzlar, einer der vor
züglichsten Generale der französischen Revolutionsarmee.
«) Johann Henrich von Bardeleben, machte als
Leutnant im Rgt. v. Donop die Feldzüge in Amerika
mit, war 1806 Major im Rgt. Landgraf Karl, west
fälischer Pensionär, wurde 1814 Oberstleutnant h la
suite, 1831 pensioniert, starb am 26. 3. 1835 auf seinem
Gute Kattenbruch im Schaumburgischen.
7 ) Dieses Bataillon bestand aus den 2 Grenadier
kompagnien des Regiments Erbprinz und den 2 Grenadier
kompagnien des Regiments v. Kospoth.