Full text: Hessenland (28.1914)

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Verhältnissen gedient haben muß wie der Wald 
ort. Daß das Dorf Hngedanken eine jüngere 
Siedelung fein muß, geht aus der obigen Be 
schreibung sowohl wie auch daraus, daß der Name 
urkundlich sehr spärlich und erst sehr spät vor 
kommt, zweifellos hervor. Die späten Ansiede 
lungen finden sich nämlich durchweg auf Berges- 
hängen oder in Nebentälern, die zum Anbau nicht 
sonderlich geeignet waren und daher früher in der 
Regel eine andere Bestimmung, als Weideplätze 
u. ä.. gehabt hatten, die dann aber wegen der 
zunehmenden Bevölkerungszahl und der abnehmen 
den Weidewirtschaft (an Stelle des sich immer mehr 
ausbreitenden Ackerbaues) auch gerodet wurden, 
um ärmeren Bauern einen dürftigen Unterhalt 
zu gewähren. 
Dieser Gegensatz zwischen wohlhabender und 
ärmerer Bevölkerung infolge der relativen Frucht 
barkeit des Bodens ist noch heute im Kreis Fritzlar 
durch die gesegneten Striche der Umgegend von 
Besse, Gudensberg und Lohne, der Wabernschen 
Ebene und des Löwensteiner Grundes einerseits 
und durch die weniger ergiebigen Bodenerträgnisse 
der zum Hainaer- und Gilsergebirge ansteigenden 
Ortschaften andererseits ziemlich scharf ausgeprägt?) 
So liegt die Vermutung nahe, daß der Name 
Dngedanken auf eine alte Kultur des Bodens 
schließen läßt, die derjenigen des Ackerbaues voran 
ging und noch Jahrhunderte lang in den höher 
gelegenen Strichen neben dem Ackerbau herging: 
die Weidewirtschaft. 
Kellner a. a. O. S. 80 bestätigt, daß das Dorf 
Ungedanken lauter berghangendes, wenig ergie 
biges Ackerland und sehr wenig Wiesen hat; die 
Wiesen aber, die unten an der Edder liegen, ruhen 
nach seiner Ansicht auf heißem Grund, „es ist 
ursprünglich von der Eder bedeckter Waffergrund 
mit dem betreffenden Steingeröll, darüber ruht 
eine dünne, junge Humusschicht." Ferner betont 
er, daß bei dem Orte zwei aus dem Berge kom 
mende Bäche zusammenstoßen, so daß sich hier ein 
feuchtes Bachdelta mit der Edder gebildet habe. 
Er selbst möchte daher Ungedanken aus älterem 
Unewanc als „Wasserfeld" (von ahd. uuä, lat. 
uuäu Wasser, Flut, vgl. Buck, Obd. Flurnamen 
buch S. 285 und wang campus Feld) erklären. 
Obwohl diese Erklärung unter den verschiedenen 
Deutungsversuchen Kellners den Vorzug verdient, 
weil sie sich durch die natürlichen Verhältnisse der 
Gegend leicht bestätigen läßt, wirkt sie doch nicht 
überzeugend wegen der sprachlichen Schwierigkeiten, 
über die Kellner allerdings auch sonst mit einer 
beachtenswerten Skrupellosigkeit hinweggleitet. 
*) Hehler, Hessische Landeskunde I. 2.S. 174. 
Denn die Form wang in dem vermeintlichen 
Unewanc findet sich zwar sehr häufig in Württem 
bergischen und schwäbisch-bayrischen, nicht aber in 
hessischen Ortsnamen, und daß Mönche, die Lob wend 
angeblich mit nach Oberaula brachten, wang mit 
nach Fritzlar gebracht haben sollen, hat sich für 
Lobwend bereits als Märchen erwiesen ®) und ist 
für wang sehr unwahrscheinlich. Selbst, wenn 
dem so wäre, so ist der Übergang von w zu d, von 
Unewanc zu Onedangen, Ungedank(en) ver 
mittelst eines „Wohllaut-d" ziemlich unmöglich. 
Dagegen führt folgende Erwägung sicherer zum 
Ziel. Es gibt ein altes Substantivum düng 
(tung, dune, tune), das im Oberdeutschen als 
dank, donke, dank, dunke (vgl. Buck, Obd. Flur- 
namenbuch S. 48), in andern Gegenden auch als 
dank wiederkehrt und nach Buck s. v. a. „flache 
Erhöhung,Sandbank", nach Arnold S. 307 „Höhle", 
nach Haas") „Hügel, Berg" bedeutet. Vgl. 
darüber die bei Haas angeführte Literatur. Haas 
glaubt, daß in dem Bergnamen düng ein vor 
deutsches oder wenigstens längst verschollenes ger 
manisches Wort enthalten sei, das vom Volk mit 
dem deutschen Worte düng, tune „unterirdische, 
zur Abwehr der Kälte mit Mist (fcunga) bedeckte 
Stätte als Winterwohnung" (Wackernagel, Ztschr. 
f. deutsches Altertum VII, 128 ff.) vermengt worden 
sei. Nach seinen Beobachtungen ist düng in den 
sämtlichen von ihm namhaft gemachten Flurnamen 
Bezeichnung für einen Berg, und zwar für einen 
flachgewölbten Berg. Das würde mit der 
von Buck mitgeteilten Bedeutung übereinstimmen. 
Haas verzeichnet u. a. folgende Bildungen mit 
dnnk, düng, die sich auf hessischem Boden finden: 
Dinkelsbübl (tautologische Bildung: dunkilo + 
buhil), Dunkelsberg, Dinkelberg, Dünkelrode 11 ) 
(bei Malkomes, Kr. Hersfeld), Dungküppel (bei 
Birx in der Rhön), mit dunk als Grundwort: 
Dagemaresdunch und Himmeldwnkberg neben 
Himmeldankberg, auch bloß Himmeldank oder 
Himmeldank, ein hoher Berg in der Rhön. Hier 
her gehören auch die bei Kehrein 12 ) angeführten 
nassauischen Flurnamen: die obere und untere 
Dunge, Düngboller, Dinkbolder(berg), Dünge 
stück, Dinkelstüoker, in der Dunkel, Dunkel 
born, Dunkelsbacb, Dünkelrod, Dünkelstein, 
Dunkelsoblag, Dunkerswies, Dunkelfeld usw., 
die rheinischen Flurnamen: in der Donk, Hüls- 
*) Vgl. meine Ausführungen in der Zeitschrift deS Ver- 
eins für Bolkskunde (Berlin) 1914. Heft 3. €>. 289 ff. 
'1 Fuldaer Geschichtsblätter 1907, S. 102; 1912, S. 82 ff. 
") Das Dorf liegt ähnlich wie Ungedanken zwischen 
zwei Bergen eingeklemmt. 
’*) Volkssprache und Volkssitte in Naffau 3, E. 370, 
374, 384.
	        
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