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Weniger freundlich gestalteten sich ihre Be
ziehungen zu der Prinzessin Mathilde, der einzigen
„offiziellen" Tochter Jérômes. Pauline war durch
ihren Vater, der sich damals aus finanziellen
Gründen mit Mathilde überworfen, gegen diese
eingenommen; die Prinzessin mochte das erfahren
haben und bemühte sich nicht weiter darum, die
Halbschwester für sich zu gewinnen. Trotzdem ge
lang es, ein Zusammentreffen zwischen beiden im
Sprechraum des Klosters zu vermitteln. Als Pau
line indessen die Kaiserliche Hoheit vertraulich mit
„ma chère sœur" anredete, war es mit der Ver
söhnung vorbei; Mathilde erwiderte mit „Madame"
und hat das Couvent des Oiseaux nie wieder be
treten.
Umso näher trat Pauline ihrem Halbbruder
Napoleon. Der. Prinz begegnete ihr ohne jede
Empfindlichkeit, besprach gern mit ihr politische
Tagesfragen und verschmähte es durchaus nicht,
falls er oder sie von Paris abwesend war, in an
geregtester Weise Mit ihr zu korrespondieren. Wie
hoch er sie schätzte, beweist ein Brief, den er ihr
kurz nachdem er sie kennen gelernt, am 6. Mai
1851 nach Lunéville schrieb. „Sie bei mir „emp
fangen"! großer Gott, ich werde mich schön davor
hüten, denn Sie gehören zu der kleinen Anzahl
von Freunden, denen ich ganz mein Herz aus
schütten kann", heißt es darin, „und da wollen Sie,
daß ich Sie wie all die anderen behandele, die
ich bei mir sehe, mit denen ich zu leben gezwungen
bin und die nur die kalte, trockene Sprache des
Eigennutzes, des Ehrgeizes kennen? Nein, Pau
lines Herz steht mir näher, ich will mit Ihnen
ganz unbefangen ein paar Augenblicke verplaudern,
denn ich liebe Sie aufs zärtlichste, meine liebe
gute Pauline. ..."
In der Tat hat der „rote Prinz" diese Zu
neigung nie verleugnet; sie hat ihn und sie, den
radikalen Freigeist und die ultramontane Nonne,
über alle Stürme der Politik, alle dogmatischen
Meinungsverschiedenheiten immer wieder hinweg
getragen. In Napoleons Armen ist sie denn auch
am 27. November 1873 einem Gehirnschlage er
legen. Am 28. wurde von der Mairie des siebenten
Arrondissements ihr Totenschein ausgestellt: er
besagte, daß Pauline von Schönfeld, ledigen Stan
des, in Deutschland von unbekannten Eltern ge
boren, im Kloster des Oiseaux in der Rue de
Sövres 86 sechzig Jahre alt verstorben sei. Ihre
Reste wurden in der Gruft des Klosters in Jssy
beigesetzt. Anfang 1891 bei Regulierungsarbeiten
mit den Körpern von achtzig anderen Schwestern
freigelegt, sind sie mit diesen im März desselben
Jahres endgültig in einem neuen Gewölbe beerdigt
und seitdem nicht wieder gestört worden. 22 )
Soweit die Einzelheiten, die sich über die letzte
deutsche Tochter des Westfalenkönigs dokumenta
risch feststellen lassen. Es gäbe noch manches über
sie und über ihre beiden Schwestern hinzuzufügen,
wollte man der Phantasie die Zügel schießen lassen.
Aber wozu? Das Geschick hat seltsam genug mit
diesen drei Frauen gespielt, die im Leben wie im
Tode getrennt, unter dem Pfeifen des Haffwindes,
dem Rauschen der Weser, dem dumpfen Brausen
des^fernen Seinebabels im letzten Schlummer liegen.
Schön — wenigstens zwei davon —, geistvoll
alle drei, als Napoleoniden von Gemüt in enge,
konventionelle Verhältnisse hineingestellt, die ihrer
heißen Natur innerlich fremd bleiben mußten und
denen sie trotzdem voll genügt haben, brauchen
sie wahrhaftig nicht von der Nachwelt mit buntem
Phrasenflitter ausstaffiert zu werden — es sei
denn, daß man sich „vom Vater mütterlicherseits"
her dazu verpflichtet fühlte! 22
22 ) ketit Journal vom 21. März 1891.
9n Londons Straßen.
Bum, Dum, Dum —
Da geht die Werbetrommel um —
Viel Stimmen krächzen heiser:
Fluch, Tod dem deutschen Kaiser
Und allen Deutschen.
Da gähnt John Dull im Klub und streckt
Die Glieder lang und faul gereckt:
Der Laste auf dm Gassm
Mag sich anwerben lassen.
Wir sind zu gut zum Sterhm.
RegknSburg.
Wir fmdm aus dem Fnselhaus
Dm Spitzbub' und dm Sträfling aus
Und gelbe Kaffernhordm
Zum Schlachtm und zum Mordm.
Die mögm für uns streitm.
GId England, weißt du, wie es steht?
Und daß es dir ans Lebm geht?
Die Mühlm Gottes mahlm l
Bald heißt es: Selber zahlm
Blutschuld dm Deutschen.
All. Herbert.