Full text: Hessenland (28.1914)

smL, 306 SE. 
Das Haus, wo er wohnen sollte, hatte ich bald, 
aber „Hoheit" war noch im Biwak, um nach den 
Truppen zu sehen; vergeblich suchte ich ihn dort 
und begab mich endlich noch einmal nach jenem 
Gehöft; jetzt war er da; im-Hof saß er, gänzlich 
erschöpft, wie mir schien, ohne ein Licht in dunkler 
Nacht, vor einer Scheuer, seinem Nachtquartier, 
und bei einem Misthaufen; er hustete, und was 
mir die Tränm in die Augen trieb,-das war die 
Bitte, die er an mich richtete, der Wunsch, ich 
möchte doch sehen, ob ich nichts zu essen für ihn 
besorgen könne, er habe noch nichts bekommen. 
Schon längst hatte das ganze Regiment sein Essen, 
schon war es zur Ruhe übergegangen, sein Führtzr 
aber saß hier, war wohl durchs Lager gekommen 
und hatte für die Leute gesorgt, hatte aber noch 
nicht die Zeit gefunden, an sich selbst zu denken. 
Ich glaube, dies kleine Erlebnis allein schon 
spricht für sich; wir 81er wissen, was wir an 
unserem Führer haben, und wir 81 er hoffen, daß 
wir ihn bald wieder an der Spitze des Regiments 
sehen." 
Der Prinz hat ein schweres Fieber durchgemacht, 
befindet sich aber jetzt auf dem Wege der Besserung. 
Wie Prinz Friedrich Karl, so wurde auch dessen 
am 23. November 1893 zu Frankfurt a. M. ge 
borener ältester Sohn- Prinz Friedrich Wil 
helm Sigismund Viktor von Hessen verwundet. 
Die Lage des Geschosses erlaubte jedoch eine baldige 
Entfernung, so daß das Befinden des Prinzen ein 
den Umständen entsprechendes recht gutes ist. Er 
zog mit den Hanauer Ulanen ins Feld, bei denen 
sich auch der im November 18 Jahre alt werdende 
Prinz WolfgangvonHessen befindet. Prinz 
Friedrich Wilhelm war übrigens der Führer 
der auf Seite 312 dieses Heftes geschilderten Pa 
trouille. Über die Ursache seiner Verwundung er 
fahren wir folgendes: 
Am 3. September befand sich das Ulanenregiment 
Nr. 6 als Borthutkavallerie der 21. Division auf 
dem Vormarsch westlich des Argonner Waldes 
nach dem Rhein-Marne-Kanal. Als das Regiment 
im Laufe des Nachmittags nach Laval kam, traf 
die Meldung ein, daß bei St. Jean französische 
Infanterie neben dem Orte abkoche. Das Regiment 
ging sofort vor und saß zum Gefecht zu Fuß 
ab. Drei Eskadrons besetzten in breiter Front 
einen Höhenrücken westlich der Chaussee von Laval 
nach St. Jean, die vierte wurde nach einem, 
auf einer seitwärts gelegenen Höhe befindlichen 
Wäldchen herausgeschoben, um den Gegner zu 
flankieren. Sofort nach Eröffnen des Feuers stob 
der Gegner auseinander und befeuerte kurz darauf 
auch das Regiment. Es zeigten sich sehr bald auch 
auf einer Höhe seitwärts von St. Jean fran 
zösische Schützen, die das Regiment von einer 
überhöhenden Stellung flankierten. Bald kam aber 
Artillerie zu Hilfe, die sehr bald die auf der Höhe 
liegenden Feinde vertrieb. Nach einiger Zeit 
schwärmte auch Infanterie zur Verstärkung aus, 
mit der dann sehr bald das Regiment einen Sprung 
machte. Hierdurch kam die Eskadron, mit der 
der Prinz vorgegangen war, in eine ungünstige 
Stellung, so daß die Schützen bergab lagen und 
der ganze Körper gesehen werden konnte. Sie 
boten dadurch dem Gegner ein gutes Ziel, und 
es wurden mehrere Offiziere und Leute, darunter 
Seine Hoheit, schwer verwundet. Da sich aber nur 
etwa 80 Meter hinter der Schützenlinie eine Sand- 
kule befand, in der auch Handpferde standen, 
konnten die Verwundeten schnell dorthin gebracht 
werden. Der Gegner mußte sich sehr bald zurück 
ziehen. Das Befinden des Prinzen, der sich mit 
seinem Vater jetzt auf Schloß Friedrichshof be 
findet, ist den Umständen entsprechend jetzt ein 
recht gutes; nur muß er sich noch einer Operation 
unterziehen, um das Geschoß, das unterhalb der 
untersten Rippe sitzt, entfernen zu lassen. Dagegen 
kam jetzt die Trauerkunde vom Tode des vierten 
Sohnes des Prinzen Friedrich Karl, des Prinzen 
Maximilian von Hessen. Ursprünglich hieß es, 
Prinz Max sei verwundet und in englische Ge 
fangenschaft geraten. Eine Mitteilung der eng 
lischen Gesandtschaft im Haag behauptet nun, daß 
dieser Enkel Kaiser Friedrichs am 12. Oktober 
in der Nähe von Mont Duchaton bei Nazebrouk 
getötet worden sei und auf dem Gebiete des Klosters 
sein Grab gefunden hätte. Leider ist eine Wider 
legung dieser Nachricht noch nicht erfolgt. 
Wie der deutsche Kaiser mit seinen Söhnen im 
Felde steht, die mit ihren Truppen Strapazen 
und Gefahren teilen, so hat hier auch ein hessisches 
Prinzengeschlecht, die Tradition der Ahnen fest 
haltend, den Ruhm althessischer Tapferkeit bewährt, 
hat inmitten der tapferen hessischen Regimenter mit 
seinem Blute bewiesen, daß der altchattische Mut 
noch in den Enkeln fortblüht. 8.
	        

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