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Das Haus, wo er wohnen sollte, hatte ich bald,
aber „Hoheit" war noch im Biwak, um nach den
Truppen zu sehen; vergeblich suchte ich ihn dort
und begab mich endlich noch einmal nach jenem
Gehöft; jetzt war er da; im-Hof saß er, gänzlich
erschöpft, wie mir schien, ohne ein Licht in dunkler
Nacht, vor einer Scheuer, seinem Nachtquartier,
und bei einem Misthaufen; er hustete, und was
mir die Tränm in die Augen trieb,-das war die
Bitte, die er an mich richtete, der Wunsch, ich
möchte doch sehen, ob ich nichts zu essen für ihn
besorgen könne, er habe noch nichts bekommen.
Schon längst hatte das ganze Regiment sein Essen,
schon war es zur Ruhe übergegangen, sein Führtzr
aber saß hier, war wohl durchs Lager gekommen
und hatte für die Leute gesorgt, hatte aber noch
nicht die Zeit gefunden, an sich selbst zu denken.
Ich glaube, dies kleine Erlebnis allein schon
spricht für sich; wir 81er wissen, was wir an
unserem Führer haben, und wir 81 er hoffen, daß
wir ihn bald wieder an der Spitze des Regiments
sehen."
Der Prinz hat ein schweres Fieber durchgemacht,
befindet sich aber jetzt auf dem Wege der Besserung.
Wie Prinz Friedrich Karl, so wurde auch dessen
am 23. November 1893 zu Frankfurt a. M. ge
borener ältester Sohn- Prinz Friedrich Wil
helm Sigismund Viktor von Hessen verwundet.
Die Lage des Geschosses erlaubte jedoch eine baldige
Entfernung, so daß das Befinden des Prinzen ein
den Umständen entsprechendes recht gutes ist. Er
zog mit den Hanauer Ulanen ins Feld, bei denen
sich auch der im November 18 Jahre alt werdende
Prinz WolfgangvonHessen befindet. Prinz
Friedrich Wilhelm war übrigens der Führer
der auf Seite 312 dieses Heftes geschilderten Pa
trouille. Über die Ursache seiner Verwundung er
fahren wir folgendes:
Am 3. September befand sich das Ulanenregiment
Nr. 6 als Borthutkavallerie der 21. Division auf
dem Vormarsch westlich des Argonner Waldes
nach dem Rhein-Marne-Kanal. Als das Regiment
im Laufe des Nachmittags nach Laval kam, traf
die Meldung ein, daß bei St. Jean französische
Infanterie neben dem Orte abkoche. Das Regiment
ging sofort vor und saß zum Gefecht zu Fuß
ab. Drei Eskadrons besetzten in breiter Front
einen Höhenrücken westlich der Chaussee von Laval
nach St. Jean, die vierte wurde nach einem,
auf einer seitwärts gelegenen Höhe befindlichen
Wäldchen herausgeschoben, um den Gegner zu
flankieren. Sofort nach Eröffnen des Feuers stob
der Gegner auseinander und befeuerte kurz darauf
auch das Regiment. Es zeigten sich sehr bald auch
auf einer Höhe seitwärts von St. Jean fran
zösische Schützen, die das Regiment von einer
überhöhenden Stellung flankierten. Bald kam aber
Artillerie zu Hilfe, die sehr bald die auf der Höhe
liegenden Feinde vertrieb. Nach einiger Zeit
schwärmte auch Infanterie zur Verstärkung aus,
mit der dann sehr bald das Regiment einen Sprung
machte. Hierdurch kam die Eskadron, mit der
der Prinz vorgegangen war, in eine ungünstige
Stellung, so daß die Schützen bergab lagen und
der ganze Körper gesehen werden konnte. Sie
boten dadurch dem Gegner ein gutes Ziel, und
es wurden mehrere Offiziere und Leute, darunter
Seine Hoheit, schwer verwundet. Da sich aber nur
etwa 80 Meter hinter der Schützenlinie eine Sand-
kule befand, in der auch Handpferde standen,
konnten die Verwundeten schnell dorthin gebracht
werden. Der Gegner mußte sich sehr bald zurück
ziehen. Das Befinden des Prinzen, der sich mit
seinem Vater jetzt auf Schloß Friedrichshof be
findet, ist den Umständen entsprechend jetzt ein
recht gutes; nur muß er sich noch einer Operation
unterziehen, um das Geschoß, das unterhalb der
untersten Rippe sitzt, entfernen zu lassen. Dagegen
kam jetzt die Trauerkunde vom Tode des vierten
Sohnes des Prinzen Friedrich Karl, des Prinzen
Maximilian von Hessen. Ursprünglich hieß es,
Prinz Max sei verwundet und in englische Ge
fangenschaft geraten. Eine Mitteilung der eng
lischen Gesandtschaft im Haag behauptet nun, daß
dieser Enkel Kaiser Friedrichs am 12. Oktober
in der Nähe von Mont Duchaton bei Nazebrouk
getötet worden sei und auf dem Gebiete des Klosters
sein Grab gefunden hätte. Leider ist eine Wider
legung dieser Nachricht noch nicht erfolgt.
Wie der deutsche Kaiser mit seinen Söhnen im
Felde steht, die mit ihren Truppen Strapazen
und Gefahren teilen, so hat hier auch ein hessisches
Prinzengeschlecht, die Tradition der Ahnen fest
haltend, den Ruhm althessischer Tapferkeit bewährt,
hat inmitten der tapferen hessischen Regimenter mit
seinem Blute bewiesen, daß der altchattische Mut
noch in den Enkeln fortblüht. 8.