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Namen aus der ^eldflur von Abterode.
Von Helene Brehm.
Als ein Zweig der Heimatschutzbewegung sind
auch die Bestrebungen anzusehen, die sich mit
der Deutung der Orts- und Flurnamen und deren
Erhaltung befassen. Weiß man doch, daß die
alten Flurbezeichnungen vielfach Aufschluß geben
über die Entstehung und Geschichte der Ortschaf
ten, zu denen sie gehören, die oft jünger sind,
als jene. Nur zu oft hat man bei Aufstellung
der Grundbücher u. ä. aus Unverständnis die alten,
oft wunderlich klingenden Namen sich mündlich
gemacht, hat sie willkürlich nach der herrschenden
Ausdrucksweise zugestutzt und ihre Deutung da
durch noch mehr erschwert. Auch die Feldflur
von Abterode, Kreis Eschwege, weist Namen auf,
deren Erklärung selbst dem Forscher Schwierig-
feitcu bieten dürfte, während wieder andere leicht
verständlich sind.
Um einen Teil des Dorfes zieht sich im Halb
kreis ein wallartiger natürlicher Erdwulst, die
L i e t e (= Berghang). Ein an ihr gelegener aus
gedehnter Garten, mehreren Besitzern gehörend,
heißt mundartlich der Liedenhob (Hob, Hof
= Garten), ein daneben sich erhebender Hügel
der L i e d e n r a i n, ein Neines sich an diesen
anschließendes Gehölz dasLiedenheckchen. Die
Wiesen unterhalb dieses Berghanges und die Bleich-,
Plätze, die sich früher dort befanden, heißen „u n g e r
Liede n" = unter der Siete, in einem Grund
buch aus 1653 „an der Leyden" Eine große
Fläche dieser Wiesen führt den seltsamen Namen
„im Himmelsgespiel" Vielleicht wäre er
aus dem Aufsatz von vr. W. Schoos, „Beiträge zur
hessischen Ortsnamenkunde" — Herrmanspiegcl*) —
zu erUären. Ist doch die Wiese durch den Kupfer
bach und auf einer Seite durch einen Zaun —
Hemme — eingegrenzt und auch der düdol fehlt
nicht.
Auf einer hinter dem Himmelsgespiel liegenden
Wiese befand sich bis vor einigen Jahren ein
Laufbrunnen, dessen eiskaltes Wasser mit starkem
Druck der Röhre entströmte und sich seinen Weg
durch die grüne Fläche zum Kupferbach suchte.
Dieser „Drillborn", wie der Volksmund sagt, wurde
Eichenborn genannt, mundartlich„Jchenborn",
daher auch die Wiese, auf der er sprudelte, „bimme
(— bei dem) Jchenborn" „Jchen" hat aber wohl
kaum Beziehung zu Eiche, da dieser Baum mund
artlich „Echen" — jetzt auch Eiche — heißt.
Hinter dm genannten Wiesenflächen breitet sich
die Feldflur „im Dolken" In einem Ver
zeichnis der Pfarreigrundstücke, .wahrscheinlich um
1630 vom damaligen Pfarrer Mauritius Gudenus
— ursprünglich Geude — aufgestellt, ist „im
Dulcken" geschrieben. Hier befindet sich der beste
Boden der Abteröder Gemarkung. Merkwürdiger
weise bezeichnet man auch schwere, plumpe Schuhe
als „Dolken" — Hinter der so benannten Acker
breite steigt ziemlich steil der kahle, mit Gips
stöcken durchsetzte Krösselberg — „Grissel-
bärgk" — an. Da sich auf ihm von alters her ein
Kalkofen befand — jetzt nicht mehr im Betrieb —,
so ist anzunehmm, daß der Name (K)rösselberg
aus (Kalk-)Rößeberg umgebildet ist. Trägt doch
ein unsern von ihm gelegener, gleichfalls mit
Gips durchsetzter Acker heute noch die Bezeichnung
„auf der Kalkröße" Ob hier auch ehemals
ein Kalkofen stand, ist nicht mehr bekannt. Dem
Krösselberg vorgelagert ist der „Gicking"
Dieser ist gleichfalls steinig und hat nur dünne
Ackerkrume.
Seitlich der Straße nach Wölfterode befindet sich
die Lind es höh, an die sich, dem Meißner zu
„das Gelinge" anschließt. Nach alten Ge
meinderechnungen aus der Zeit des 30 jährigen
Krieges, befand sich hier die Pferdehute von Abte
rode, die jedenfalls, wie die Lindenhöh, mit Linden
bestandm war, wie aus dem Namen hervorgeht.
Sagt doch der Abteröder heute noch „Linge" für
Linde, und hält ferne Kirmes „unger Lingen",
d. h. unter der Linde vor der Kirche ab. Die
Bezeichnung „auf dem Linnen See", die sich in
àem „Grundriß von den Abteröder Pfarr Guether
usw. vom 10. Marti 1875" findet, dürfte als
sinnlos und mißverstanden zu betrachten sein.
Auf der Trift „vorm Reußbach" (1630), jetzt
„vor R u s s e b a ch ", wurde die dörfliche Gänse
herde gehütet. Neben dieser Trift schleicht ein
müder Wasserlauf dahin, der, wie sein Name be
sagt, wohl ehemals zum Rößen (Rösten) des Flach
ses benutzt worden ist. Waren doch die Uferränder
ausgemauert und mit einer Stauvorrichtung ver
sehen. — Auch Abterode hat sàen Weinberg
(= Weidenberg). — An das ehemals fleißig ge
übte Brauen im „Gemeindebrawhaus" erinnert
noch das Hopfenland. Eine andere Flur
strecke heißt „auf dem Malzboden", eine
Wiese die Schingelichs (—Schindleichs) Wiese,
welcher Name keiner Erklärung bedarf.
Am Südwestausgang des Dorfes dehnt sich eine
schmale, sumpfige, mit Bäumen eingefaßte Wiese
„im Ried", in der Volkssprache „imme Read"
*) „Hessenland" 1913, Nr. 12 .