Full text: Hessenland (28.1914)

202 rottiL, 
Namen aus der ^eldflur von Abterode. 
Von Helene Brehm. 
Als ein Zweig der Heimatschutzbewegung sind 
auch die Bestrebungen anzusehen, die sich mit 
der Deutung der Orts- und Flurnamen und deren 
Erhaltung befassen. Weiß man doch, daß die 
alten Flurbezeichnungen vielfach Aufschluß geben 
über die Entstehung und Geschichte der Ortschaf 
ten, zu denen sie gehören, die oft jünger sind, 
als jene. Nur zu oft hat man bei Aufstellung 
der Grundbücher u. ä. aus Unverständnis die alten, 
oft wunderlich klingenden Namen sich mündlich 
gemacht, hat sie willkürlich nach der herrschenden 
Ausdrucksweise zugestutzt und ihre Deutung da 
durch noch mehr erschwert. Auch die Feldflur 
von Abterode, Kreis Eschwege, weist Namen auf, 
deren Erklärung selbst dem Forscher Schwierig- 
feitcu bieten dürfte, während wieder andere leicht 
verständlich sind. 
Um einen Teil des Dorfes zieht sich im Halb 
kreis ein wallartiger natürlicher Erdwulst, die 
L i e t e (= Berghang). Ein an ihr gelegener aus 
gedehnter Garten, mehreren Besitzern gehörend, 
heißt mundartlich der Liedenhob (Hob, Hof 
= Garten), ein daneben sich erhebender Hügel 
der L i e d e n r a i n, ein Neines sich an diesen 
anschließendes Gehölz dasLiedenheckchen. Die 
Wiesen unterhalb dieses Berghanges und die Bleich-, 
Plätze, die sich früher dort befanden, heißen „u n g e r 
Liede n" = unter der Siete, in einem Grund 
buch aus 1653 „an der Leyden" Eine große 
Fläche dieser Wiesen führt den seltsamen Namen 
„im Himmelsgespiel" Vielleicht wäre er 
aus dem Aufsatz von vr. W. Schoos, „Beiträge zur 
hessischen Ortsnamenkunde" — Herrmanspiegcl*) — 
zu erUären. Ist doch die Wiese durch den Kupfer 
bach und auf einer Seite durch einen Zaun — 
Hemme — eingegrenzt und auch der düdol fehlt 
nicht. 
Auf einer hinter dem Himmelsgespiel liegenden 
Wiese befand sich bis vor einigen Jahren ein 
Laufbrunnen, dessen eiskaltes Wasser mit starkem 
Druck der Röhre entströmte und sich seinen Weg 
durch die grüne Fläche zum Kupferbach suchte. 
Dieser „Drillborn", wie der Volksmund sagt, wurde 
Eichenborn genannt, mundartlich„Jchenborn", 
daher auch die Wiese, auf der er sprudelte, „bimme 
(— bei dem) Jchenborn" „Jchen" hat aber wohl 
kaum Beziehung zu Eiche, da dieser Baum mund 
artlich „Echen" — jetzt auch Eiche — heißt. 
Hinter dm genannten Wiesenflächen breitet sich 
die Feldflur „im Dolken" In einem Ver 
zeichnis der Pfarreigrundstücke, .wahrscheinlich um 
1630 vom damaligen Pfarrer Mauritius Gudenus 
— ursprünglich Geude — aufgestellt, ist „im 
Dulcken" geschrieben. Hier befindet sich der beste 
Boden der Abteröder Gemarkung. Merkwürdiger 
weise bezeichnet man auch schwere, plumpe Schuhe 
als „Dolken" — Hinter der so benannten Acker 
breite steigt ziemlich steil der kahle, mit Gips 
stöcken durchsetzte Krösselberg — „Grissel- 
bärgk" — an. Da sich auf ihm von alters her ein 
Kalkofen befand — jetzt nicht mehr im Betrieb —, 
so ist anzunehmm, daß der Name (K)rösselberg 
aus (Kalk-)Rößeberg umgebildet ist. Trägt doch 
ein unsern von ihm gelegener, gleichfalls mit 
Gips durchsetzter Acker heute noch die Bezeichnung 
„auf der Kalkröße" Ob hier auch ehemals 
ein Kalkofen stand, ist nicht mehr bekannt. Dem 
Krösselberg vorgelagert ist der „Gicking" 
Dieser ist gleichfalls steinig und hat nur dünne 
Ackerkrume. 
Seitlich der Straße nach Wölfterode befindet sich 
die Lind es höh, an die sich, dem Meißner zu 
„das Gelinge" anschließt. Nach alten Ge 
meinderechnungen aus der Zeit des 30 jährigen 
Krieges, befand sich hier die Pferdehute von Abte 
rode, die jedenfalls, wie die Lindenhöh, mit Linden 
bestandm war, wie aus dem Namen hervorgeht. 
Sagt doch der Abteröder heute noch „Linge" für 
Linde, und hält ferne Kirmes „unger Lingen", 
d. h. unter der Linde vor der Kirche ab. Die 
Bezeichnung „auf dem Linnen See", die sich in 
àem „Grundriß von den Abteröder Pfarr Guether 
usw. vom 10. Marti 1875" findet, dürfte als 
sinnlos und mißverstanden zu betrachten sein. 
Auf der Trift „vorm Reußbach" (1630), jetzt 
„vor R u s s e b a ch ", wurde die dörfliche Gänse 
herde gehütet. Neben dieser Trift schleicht ein 
müder Wasserlauf dahin, der, wie sein Name be 
sagt, wohl ehemals zum Rößen (Rösten) des Flach 
ses benutzt worden ist. Waren doch die Uferränder 
ausgemauert und mit einer Stauvorrichtung ver 
sehen. — Auch Abterode hat sàen Weinberg 
(= Weidenberg). — An das ehemals fleißig ge 
übte Brauen im „Gemeindebrawhaus" erinnert 
noch das Hopfenland. Eine andere Flur 
strecke heißt „auf dem Malzboden", eine 
Wiese die Schingelichs (—Schindleichs) Wiese, 
welcher Name keiner Erklärung bedarf. 
Am Südwestausgang des Dorfes dehnt sich eine 
schmale, sumpfige, mit Bäumen eingefaßte Wiese 
„im Ried", in der Volkssprache „imme Read" 
*) „Hessenland" 1913, Nr. 12 .
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.