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Wiesen und Wald, 18 da Wald. Leiter des Haupt
gestüts sind die Herren Landstallmeister v. d. M a r-
w i tz und Gestütsinspektor Veterinärrat Dr. M i e ck-
l e y. Der Landwirtschaftsbetrieb steht unter der
Administration von Herrn Oberamtmann W ö st en-
diek. Während auf dem Gestüt zu kurfürstlicher
Zeit 200 Pferde (darunter 50 Mutterstuten) ge
halten wurden, ist der Bestand jetzt das doppelte
(400 Pferde, darunter 100 Mutterstuten). Der
Viehbestand der Wirtschaft ist im wesentlichen auf
Zugvieh (30 Arbeitspferde und 16 Zugochsen) be
schränkt. Kühe und Schafe werden gar nicht ge
halten, doch werden die Weiden im Sommer mit
200 Pachtrindern und 400 Pachtschafen betrieben.
Der Landwirtschaftsbetrieb ist in guter sach
gemäßer Weise fortgeführt. Dem Kalkbedürfnis
des Bodens wird durch große Mengen von ge
branntem Kalk und von Scheideschlamm Rechnung
getragen. Es werden außerdem erhebliche Mengen
von Kunstdünger verwendet.
Betrachten wir nun die Erfolge der land
wirtschaftlichen Lehranstalt. Die Lehr
anstalt war ein Privat-Jnstitut, berechnet für die
Söhne gebildeter Stände von etwa Sekundaner-
Borbildung. Von der kurfürstlichen Regierung hat
sie nie Unterstützung erhalten. Die Anstalt war
berechnet als Internat für etwa 24 Eleven, die
je zwei auf einem Zimmer wohnten und gegen
Entgelt von 200 Talern im Jahr freie Station
und freien theoretischen und praktischen Unter
richt erhielten. Auch die bauliche Einrichtung dazu
war von Ulrichs aus eigenen Mitteln besorgt
worden. Der Kursus war zweijährig. Die An
stalt hatte Ruf und bekam nicht selten auch Zög
linge aus den Großstädten, die in die Praxis ein
geführt und eine entsprechende wissenschaftliche Aus
bildung erhalten sollten. Manche Eleven haben
später noch eine Hochschule besucht, um ihr Wissen
in einzelnen Zweigen dadurch zu vertiefen.
Die Eleven waren in zwei Abteilungen von je
etwa zwölf Herren geteilt, die täglich mittags in
der Weise wechselten, daß die Hälfte theoretisch,
die andere Hälfte praktisch beschäftigt wurde. Der
Schwerpunkt der Ausbildung lag im Sommerhalb
jahr in der Praxis, im Winterhalbjahr in der
Theorie. Gemeinsam waren alle Unterrichtsstunden,
im Sommer täglich die erste Stunde von 5—6
Uhr früh, die zweite von 11—12 Uhr, im Winter
3 Unterrichtsstunden, die erste früh um 6 Uhr.
Die regelmäßigen Repetitionen spielten eine be
sondere Rolle. Der Beterinärunterricht wurde vom
Kreistierarzt, derjenige im Feldmessen und Nivel
lieren von einem Mathematiklehrer erteilt. Auf
genaue Buchführung, Einführung in die Arbeits
dispositionen, Beachtung und Notierung aller wirt
schaftlichen Änderungen und dergleichen wurde sehr
hoher Wert gelegt, wobei bei Versäumnissen sogar
kleine Strafgelder in eine gemeinsame Kasse gezahlt
werden mußten. Die Eleven wurden dadurch stets
auf das bestimmteste darauf hingewiesen, auch die
geringsten Kleinigkeiten in der Wirtschaft nicht
zu vernachlässigen, in der Idee, daß große Werte
sich daraus vielfach erst zusammensetzen.
.Jeden Abend mußte an der gemeinsamen Tafel
über die Arbeiten der Wirtschaft, wie Dünger-
ausfuhr, Feldbestellung, Änderung der Fütterung,
Verkäufe u. a. und zwar von jedem Eleven über
das ihm zugeteilte Gebiet berichtet werden, wobei
jede Unterlassung mit 50 Pfennig bestraft wurde.
Es war häufig keine geringe Schadenfreude, wenn
einem Eleven eine derartige Unterlassung nach
gewiesen werden konnte. Jeder Eleve mußte sonn
täglich einen Plan für die in der kommenden
Woche auszuführenden Arbeiten, und zwar ge
trennt bei trockenem Wetter und bei Regenwetter,
abgeben.
In der Winterperiode wurden dann anschließend
die Berechnungen über den Erfolg der Zweige der
Wirtschaft nach Einnahmen und Ausgaben aus
geführt — eine für den Betrieb sehr wichtige Sache,
um den jeweiligen Anteil an dem gesamten Er
folge der Wirtschaft übersehen zu können, um die
Eleven ferner zu selbständigen derartigen Zusam
menstellungen anzuleiten. So stellte sich beispiels
weise aus einer vergleichenden Berechnung der
Rindviehhaltung und Schafhaltung heraus, daß die
letztere Viehgattung das Futter, oder wie damals
noch berechnet wurde, den Heuwert weit höher ver
wertete als erstere und daß deshalb eine starke
Ausdehnung der Schafhaltung am Platze war.
Eine besondere Beachtung wurde der Aufstellung
des Futteretats und der Arbeitsberechnüng, auch
der statistischen Berechnung der Einfuhr und Aus
fuhr von mineralischen Pflanzennahrungsstoffen
gewidmet. So ergab die Vergleichung der gesamten
Gutswirtschaft nach Einfuhr und Ausfuhr in einem
Jahre einen Überschuß der Mehreinfuhr von 1226 kg
Phosphorsäure, 2435 kg Kali, 1052 kg Kalk.
Der berechnete größere Überschuß an der Einfuhr
von Stickstoff gegenüber der rechnungsmäßig nach
zuweisenden Ausfuhr betrug in demselben Jahre
— 1855 kg.
Indem sich auf dem vom Reinhardswalde ein
geschlossenen isolierten Gute, abgesehen vom Ge
stüt, alles um den Landwirtschaftsbetrieb und die
Lehranstalt drehte und überall eine bestimmte Ord
nung innegehalten werden mußte, hat die Anstalt
vielen jungen Männern Gelegenheit gegeben, sich
entsprechend zu unterrichten und die wichtigsten
Gesichtspunkte für die Beurteilung und den Betrieb