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die Altstadt zur Unterneustadt sowie weiter über die
Leipzigerstraße geht. Der Fuhrverkehr ist auf der Markt
gasse nur aufwärts zugelassen. Abwärts ist die Markt
gasse gesperrt und die Wagen sind gezwungen, anstatt
die Marktgasse auf eine Länge von 150 Meter zu be
nutzen, den Graben und die Brüderstraße in einer Länge
von 500 Meter zu durchfahren. Das bedeutet also für
den überaus starken Wagenverkehr in jedem Falle eine
Wegeverlüngerung von 1/3 Kilometer. Ebenso ist die
Straßenbahn von dem Verkehr durch die untere Markt
gasse ausgeschlossen und zu einem Umweg genötigt,
der jedem ihrer Fahrgäste einen Zeitverlust von etwa
vier Minuten verursacht. Indem man also die untere
Marktgasse in den Stand setzt, den ihr zukommenden
Verkehr aufzunehmen, wird man die gesamte Unterneu
stadt, Bettenhausen und den Forst den übrigen Stadt
teilen erheblich näher bringen und einen großen volks
wirtschaftlichen Gewinn an Zeit erzielen. Man wird
deshalb sagen dürfen, daß auch derjenige, der nicht
allzuleicht geneigt ist, die Verkehrsrücksichten zu über
schätzen, in diesem Falle anerkennen muß, daß hier
ein wirkliches Verkehrsbedürfnis vorhanden ist. Es
kommt hinzu, daß für die Bewohner der Altstadt die
ihnen seit längerer Zeit in Aussicht gestellte Verbreite
rung ihres Hauptstraßenzuges von wesentlicher Be
deutung ist und daß diese Verbreiterung geeignet ist,
das geschäftliche Leben in der Altstadt zu heben.
Als die billigste Art der Durchführung des Planes
hat sich eine Verbreiterung der Nordseite der Marktgasse
ergeben. Die Verbreiterung der Südseite vorzunehmen,
erwies sich als nicht unerheblich teurer. Die Ver
breiterung ist an den schmälsten Stellen auf 11 Meter-
vorgesehen. Das ist eine Breite, bei der sich nach den
an anderen Stellen gemachten Erfahrungen auch der
stärkste Verkehr bewältigen läßt. Die Breite der beiden
oberen Drittel der Marktgasse schwankt im allgemeinen
zwischen 81/2 und 12 Meter. Auf dieser Breite läßt
sich der über die Straße gehende Verkehr fortleiten.
Eine allmähliche Verbreiterung wird hier infolge der
Festsetzung der Fluchtlinie durch ein Zurücktreten der
Neubauten zu erzielen sein. — Die Steigung steht
einer Freigabe des Verkehrs nicht entgegen. Sie be
trägt an der steilsten Stelle der unteren Marktgasse
1 : 16,4. Das ist nicht mehr als am mittleren Teile
der Marktgasse, der sogar nur 15,8 hat, und weniger
als am untersten Teil der Kölnischen Straße zwischen
Spohrstraße und Königsplatz, der 1 : 16 hat. Eine Frei
gabe der Straße für jeglichen Wagenverkehr nach ihrer
Verbreiterung erscheint deshalb unbedenklich. Ebenso
hat sich auch die Straßenbahnverwaltung bereit erklärt,
die Straßenbahn auf ihre Kosten durch die verbreiterte
Straße zu legen. — Die Verträge mit den Grundstücks
besitzern sind so abgeschlossen worden, daß sie die Bau
plätze alsbald zurückkaufen und verpflichtet sind, sie
innerhalb zweier Jahre zu bebauen. Dadurch wird
erzielt, daß die Stadt nicht genötigt ist, Bauplätze aus
zubieten und daß die Straße in einem Zuge neu er
richtet wird. — Die Eigentümer haben sich näheren Vor
schriften darüber unterwerfen müssen, wie sie die Bauten
in einer dem Stadtbild angemessenen Weise zu er
richten haben und sind in dieser Hinsicht allen An
weisungen des Stadtbauamtes unterworfen, so daß zu
erwarten ist, daß hier ein Beispiel geschaffen wird, in
welcher Weise solche Umbauten zweckmäßig hergestellt
werden. Eine Ausnahme macht nur das Grimm-
tz a u s. Mit Rücksicht auf die historische Bedeutung des
Grimmhauses und seine hervorragende Stellung im
Straßenbilde — insbesondere von der oberen Markt
gasse her — würde der Abbruch dieses Hauses bedauer
lich erscheinen und übrigens auch zweifellos auf Schwie
rigkeiten bei der Heimatschutzbehörde stoßen. Das Grimm
haus wird in seinem Erdgeschoß auf eine Tiefe von
4,3 Meter auf Stützen gestellt, die derart angeordnet
sind, daß sie 11/2 Meter von der Hausflncht zum Zwecke
der Fahrdammverbreiterung zurückstehen und infolge
dessen ein 21/2 Meter breiter Fußgängcrweg durch das
Haus hindurchläuft. Es wird also eine sogenannte
Laube hergestellt. Ein Verkehrshindernis wird das
Grimmhaus auf diese Weise nicht bilden.
Zur Ausführung dieser Pläne sind außer dem
Grimmhause sechs Grundstücke anzukaufen. Der Kauf
preis für diese sieben Grundstücke beträgt insgesamt
423 000 Mark. Die Straßenbaukosten sind mit 18 OOO
Mark veranschlagt, die Stempelsteuer und Nebenkosten
mit 40000 Mark, so daß insgesamt 481 000 Mark er
forderlich sind. Als Gegenwert steht dem das Grimmhaus
gegenüber, das der Grundstücksverwaltung zu dem Ein
kaufspreise von 90 000 Mark übertragen wird. Es
bleiben also 391 000 Mark aufzubringen. Diesen Betrag
bewilligten die Stadtverordneten unter der Bedingung,
daß 1. die vom Magistrat vorgesehene neue Fluchtlinie
für den unteren Teil der Marktgasse festgesetzt wird:
2 . über die von der Straßenbahnverwaltung mündlich
zugesicherte Verlegung der Straßenbahn durch die untere
Marktgasse ein Vertrag zustande kommt: 3. die Polizei
verwaltung den Wagenverkehr durch die untere Markt
gasse frei gibt; 4. die Baupolizeibehörde die Zustimmung
zu dem vom Magistrat geplanten Umbau des Grimm
hauses gibt. Der Magistrat hofft, diese Verhandlungen
vor dem 1. Juli zum Abschluß zu bringen.