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Hanau 1597 aufgenommenen Wallonen und Nieder
länder ein wichtiges Symbol, das sich auf ihrem alten
Kirchensiegel und auf Denkmünzen findet. Vielleicht
ist durch Amelia Elisabeth, die Tochter Philipp Lud
wigs II., das Palmbaumsymbol nach Hessen gekommen
und wurde hier auf Münzen in einer die furchtbare Zeit
des Dreißigjährigen Kriegs versinnbildlichenden Form
zum Ausdruck gebracht. In den fünfziger Jahren, als
(Grimmelshausen sein Gedicht verfaßte, war die wenig
glückliche Ehe Karl Ludwigs noch nicht völlig zer
rüttet und wurde erst 1662 wegen Verschlimmerung des
Zustandes der an schwerer Hysterie leidenden Kurfürstin
getrennt. Charlotte war bekanntlich die Mutter der
berühmten Liselotte, Herzogin von Orleans.
Das mit einem Plan der Befestigungen der Stadt
Offenburg, mit Ansichten verschiedener Orte und Fak
similewiedergaben der wichtigsten Urkunden versehene
Buch sei allen empfohlen, die sich für den hervor
ragendsten deutschen Dichter und Kulturschilderer des
17. Jahrhunderts interessieren. vr. K arl S i e b e r t.
Die Schwälmer Mundart. Von Direktor vr.
Schoos. Halle (Verlag des Waisenhauses! 1914.
94 Seiten. Sonderdruck aus der „Zeitschrift für
deutsche Mundarten", 1913 Heft 1.
Seinen zahlreichen Arbeiten über einzelne Gebiete
des Schwälmer Volkstums hat vr. Schoos nunmehr eine
eingehende Darstellung der Mundart folgen lassen, die
in diesem vielbehandelten und umstrittenen Teile unseres
Hessenlandes herrscht und kerngermanisches, vorherr
schend oberhessisches Gepräge trägt, für die oft behaup
tete Abstammung dieses eigenartigen Völkchens von
einem fremden Stammestum gewährt sie keinerlei An
halt. Die Abhandlung Schoofs gibt nach einer geschicht
lich-geographischen Einleitung zunächst eine umfassende
Darstellung der Lautlehre auf phonetischer und histo
rischer Grundlage daran schließt sich die ebenso aus
führlich behandelte Flexionslehre, und den Schluß bilden
zwei aus dem Bolksmunde niedergeschriebene, lehrreiche
Sprachproben in der den Lesern der Zeitschrift ge
läufigen Lautschrift mit hochdeutscher Übersetzung. Bei
der Erwähnung des im Mitteldeutschen weit verbreite
ten b für w in pronominalen Ausdrücken (bor, das —
wes, was S. 61 und 89"» wäre vielleicht ein Hinweis
darauf am Platze gewesen, daß diese Erscheinung auf
altes, gutturales w zurückgeht (gotisch hves — wer,
hva — was), es kommt nur in solchen Fällen vor.
Daß „gottsgemege" (S. 73t von „gemachs" abzuleiten
sei halte ich nicht für wahrscheinlich, es ist wohl eher
wie das Kasseler „gemicke" eine Fluchentstellung von
Gewitter, vergleiche verdanzig — verdammich. Der
Freund hessischen Volkstums wird aus dieser Arbeit reiche
Belehrung schöpfen.
Kassel. A. Fuckel.
Arbeiten der historischen .Kommission für das Groß
herzogtum Hessen. Hessische Biographien,
in Verbindung mit Karl Esselborn und Georg
Lehnert herausgegeben von Hermann Haupt.
Bd. I. Lieferung 2. 259 Seiten 8". Darmstadt
(Großh. Hess. Staatsverlag) 1913. Preis 3 M.
Auch das zweite Heft dieses Sammelwerks bietet
nach verschiedenen Seiten Interesse (vgl. meine Be
sprechung des ersten Heftes S. 338 v. Jahrg. des
Hessenlandes). Nicht weniger als 47 Persönlichkeiten
sind darin behandelt. Wir begegnen den Vorzügen der
ersten Lieferung wieder, sorgfältiger Arbeit und Über
sichtlichkeit des Stoffes. Bon bedeutenderen Persönlich
keiten seien genannt der Philologe P. v. B r a d k e
(1853—97), der Theologe W. Baur (1826—97), der
Staatsrechtlehrer Ed. Weiß (1805—51) die Politiker
K. S o l d a n (1808—64) und G. Soldan (1813
bis 1883), der Mediziner H. Bose (1840—1900),
der Theater-Techniker C. Brandt (1828—81), der
Mediziner F. v. R i t g e n (1787—1867), der Lega
tionsrat Ch. Gladbach (1763—1845), der Politiker
G. Gladbach (1811—83), der Politiker Th. Wel-
cker (1790—1869), der Philosoph E. Bratuscheck
(1837—83), der Politiker I. Moufang (1817— 90),
der Politiker G. Büchner (1813—37), der Orien
talist CH. Schott (1802—89). - In dem Werke
„Familienforschung und Vererbungslehre", Leipzig 1907,
S. 112ff., worauf bei dem Artikel K. Soldan (S.
169 d. Hess. Biogr. Bd. I) verwiesen wird, behandelt
vr. Robet Sommer, Gießen eingehender die Genealogie
der Familie Soldan (Geschichte einer bürgerlichen Fa
milie vom 14.—20. Jahrhundert). Er verweist auf das
Auftreten der Familie Soldan in Brackenheim im Zaber
gau (Württemberg) und auf die Beziehungen des Deutsch
ordens zu dieser Gegend, wodurch er die alte Sage vom
türkischen Ursprung jener Familie als durchaus nicht
unbegründet hinstellt. Er verlegt ihr wahrscheinliches
Auftreten in den Anfang des 14. Jahrhunderts, indem
er auch auf Übereinstimmung des Wappens sich be
zieht. Diese Ausführungen erscheinen jedoch für den
Heraldiker keineswegs zwingend. Im übrigen sei auf
H i d b e r, Schweizerisches Urkundenregister (Bern 1863
bis 1877), II, 2011, aufmerksam gemacht, wo schon
zwei 'Jahrhunderte früher, 1154, ein „8o1äsnu8" von
Cheseaux genannt wird (Cheseaux liegt im Kanton
Vaud, 7 Kilom. nördl. v. Lausanne).
Dn Aug. Roes chen.
Scriba, Christian, Beiträge zur Geschichte
der alten Gießener Burschenschaft.
Burschenschaftliche Lebensbilder aus dem Jahre der
großen Relegation (1828). Mit einer Einleitung
von Geh. Hofrat vr. Herman Haupt. 8 °. 32 <5.
Gießen (Alfred Töpelmann! 1913. 0,70 M.
Mit außerordentlicher Liebe und größter Sorgfalt hat
der Verfasser dieser kleinen Schrift alle ihm erreich
baren Nachrichten über Abkunft, Heimat und spätere
Lebensschicksale von 89 jungen Männern zusammenge
stellt, die am Ende der zwanziger Jahre des vorigen
Jahrhunderts in Gießen der Burschenschaft angehörten
und dafür in der großen Untersuchung des Jahres
1828 z. T. empfindliche Strafen auf sich nehmen mußten.
Nicht weniger als 32 wurden für die Dauer eines Jahres
von der Universität verwiesen, neben ihnen auch 16 Mit
glieder der Korps Hassia und Starkenburgia, deren
Namen ebenfalls hier mitgeteilt werden. Daß ein er
heblicher Teil von ihnen aus der begonnenen Lauf
bahn überhaupt herausgeworfen war, zeigen die Nach
weisungen über die späteren Schicksale der Betroffenen.
Die Arbeit, die nicht nur für die Geschichte der
Burschenschaft und der Gießener Universität, sondern
auch für familiengeschichüiche Forschung wertvolles Ma
terial enthält, bedarf kaum besonderer Empfehlung, nach
dem der Leiter der Burschenschaftlichen historischen Kom
mission, Geh. Hofrat Prof. vr. Haupt, Gießen ihr
eine allgemein unterrichtende Einleitung mit auf den
Weg gegeben hat.Dr.. W. H.
Allerhand Gauden. Karle Klamberts Kasseläner
Verzählungen von Paul Heidelbach. 3. Band.
Kassel (Verlag von K. Victor! 1914. 112 Seiten.
Preis 1 M., gebd. 1,50 M
Das neuerschienene 3. Bändchen Kasseläner Berzäh
lungen des rühmlichst bekannten „Karle Klambert" zeigt