4ML, 405
Mappe eines Marburger „Studenten" herauszugeben
(Kassel, Victor, 0,40 Mark). Seine Distichen gelten vor
wiegend alten trauten Plätzen und Häusern Kassels und
lassen längst vergessene Bilder aus Kassels Tagen Wieder
aus der Vergangenheit ausstehen, ein Büchlein, mit dem
man manchem Kasselaner, der historisches Verständnis für
seine Vaterstadt mitbringt, eine Freude machen kann. —
Im „Schmalkaller Qu ie l e r - B o r n" (Schmal
kalden, Wilisch's Buchhandlung) bietet Professor Dr
Arthur Fuckel, einer der besten Dialektkenner
Hessens, eine ebenso lustige als wertvolle Gabe. Er hat
hier zum ersten Mal alles, was seit Jahrzehnten in
der alten Lutherstadt Schmalkalden in jenem Winkel
zwischen Rhön und Thüringerwald an Schnurren, kleinen
Straßenszenen und Erlebnissen von Mund zu Mund
ging, in Vers und Prosa dargestellt. Wer sich eine hoch
vergnügliche Stunde verschaffen will, greise zu diesem
heiteren Büchlein. Der Dialekt ist leicht lesbar und nnrd
dem Leser außerdem durch eine kurze sprachliche Studie
und das -angehängte Wörterbuch der Schmalkalder Mund
art näher gebracht. So gewinnt das kleine Werk auch
über das Unterhaltungsbedürfnis hinaus wissenschaftlichen
Wert.
Hessen-Kunst 1914. Herausgegeben von Christian
Rau ch. Zeichnungen von Otto Ubbelohde. Verlag
von Adolf Ebel, Marburg. Preis 1,50 Mark.
Christ ian Rauchs „Hessen-Kunst" ist uns immer
am willkommensten, wenn Meister Ubbelohdes Hand ihn
schmückte. Das ist nun im 1914 er Jahrgang zum
fünften Male der Fall, und immer wieder holen wir
den Band mit den prächtigen Bildern vom Nagel, an
denelr wir uns nicht satt sehen können. Wie immer,
bietet Otto Ubbelohde wieder bodenständige Kunst. Ter
noch unübertroffene Illustrator der Grimmschen Märchen
ist in seinem ureigensten Element, wenn er, >vie hier,
hessische Sagen und Märchen verkörpert. Da ist Frau
Holle, die ihr Bett schüttelt und sich in ihrem Teiche
badet, da ist Till Eulenspiegel, wie er im Marburger
Schloß dem landgräflichen Hof seine Wandgemälde zeigt,
da schreiten Petrus und Johannes auf „schlechten Wegen"
durch den Bogelsberg, der Teufel spielt mit Vogels-
berger Bauern eine ganze Nacht lang an dem (leider
vor einigen Jahren zertrümmerten) Teufelstein bei Ilbes
hausen Karten und läßt ein ander Mal das Dorf Sarnau
entstehen, König Grünewald gewährt der Königstochter
auf dem Christenberg freien Abzug, die Lahn laßt ihren
schaurigen Ruf erschallen, der ewige Jude schreitet durch
das Hessenland, Gleiberg, Vetzberg und Wettenberg
werden im edlen Wettstreit um eine Maid erbaut,
Barbarossa verirrt sich im Büdinger Wald, die heilige
Elisabeth rettet sich bei Schröck vor einem dräuenden
Wolf auf einen mächtigen Stein, und am Fuße des
Liebenbachbrunnens sinkt das Liebespaar, das ihn grub,
erschöpft zusammen. Man suche in deutschen Landen
einen Künstler, der mit solcher Gemütstiefe den Geist
der hessischen Märchen und Sagen mit dem Zeichenstift
zu bannen vermöchte. Im kunstgeschichtlichen Teile ist
diesmal auch die thüringische Kunst mit Schmalkalden
vertreten, indem uns Paul Weber die reichen Schätze
des Henneberger Museums auf der Wilhelmsburg ver
mittelt. Der Herausgeber würdigt in Wort und Bild
den Hochaltar zu Carden an der Mosel mit seiner voll
endeten mittelrheinischen Tonplastik und widmet einen
weiteren Aufsatz dem Schaffen Hans Backosfens von
Sulzbach, des Meisters der spätestgotischen Plastik am
Mittelrhein. Holtmeyer macht uns mit dem Thron
Jsrümes im westfälischen Ständehaus bekannt, Klingel
schmitt mit einem Mainzer Madonnenrelief von 1484,
dessen Schöpfer er nachweist, Herman Keil behandelt
die stilbestimmenden Ornamente des Mainzer Rokoko und
Graßmann gibt Aufschluß über den Grafen Philipp den
Älteren zu Solms und dessen Epitaph in der Stadtkirchc
zu Lich. So reiht sich der neunte Jahrgang dieser vor
nehmen Publikation den früheren würdig an.
Hbach.
Bock, Alfred. Die harte Scholle. Ausgewählte
Romane und Novellen. 438 Seiten. Berlin (Egon
Fleische! & Co.) 1913.
Preis in Leinen gebunden 4 Mark.
Alfred Bock ist unsern Lesern kein Fremder mehr.
Und doch hat sich auch an ihm das für manchen hessischen
Dichter spezifische Geschick erfüllt, daß er im weiten
deutschen Paterlande bekannter ist als in seiner engeren
hessischen Heimat. Selbst in Frankreich gehört dieser
hochbegabte Dichter zu den gelesenen Autoren, und
Reclams Universalbibliothek hat ein übriges getan, den
unübertrefflichen Schilderer hessischer Art den weitesten
Kreisen näher zu bringen. Diesen Zweck verfolgt auch die
vorliegende wohlfeile Ausgabe, die drei seiner besten
Romane (Pflastermeisterin, Kuppclhof und Pariser) und
drei kleinere Geschichten in einem stattlichen Bande ver
einigt. Er bietet ein abgerundetes Bild von Bocks
reifer künstlerischer Persönlichkeit und nnrd, daran zweifle
ich nicht, dem Dichter eine stets wachsende Gemeinde
und so auch seinen übrigen Werken diejenige Beachtung
schaffen, die sie längst in iveitesten .Kreisen verdienen.
Noch heute ist das „Hessenland" stolz darauf, seine Leser
seinerzeit mit Bocks unvergleichlichem „Flurschützen" be
kannt gemacht zu haben. Hbach.
F r i e d r i ch s e n , Ai. W a l d m ä r ch e n. Band I
155 Seiten, Band II 15(5 Seiten. Mit Illustrationen
in Farbendruck von Georg Hinke. Charlottenburg
i Jugend-Verlag).
Schlicht erzählt und doch spannend, führen diese Stücke
mit dem ganzen Zauberapparat, über den das Märchen
verfügt, in die Poesie des deutschen Märchenwaldes ein.
Sie erzählen von Rittern und prächtigen Schlössern,
von sprechenden Tieren, Hexen, Nixen und Feen, von
mutiger Befreiung verwunschener Königstöchter und der
Beglückung reicher und armer Menschenkinder. Hin
gebende Liebe- zu der Kindertvclt hat sie diktiert. Unter
dem Pseudonym verbirgt sich eine bekannte Kasselanerin.
Hbach.
H e s sischer B o l k s k a l e n d e r auf das Jahr
19 14. 31. Jahrgang. 87 Seiten. Kassel (Fr. Lo-
metsch). Preis 40 Pf.
Ter seit einer Reihe von Jahren von Pfarrer Ellen
berg in Sebbeterode vortrefflich redigierte Kalender be
währt sich auch im neuen Jahrgang als echt hessische
Gabe. Reich illustriert, wie immer, widmet er wieder
hessischer Geschichte, Literatur und Kunst sein Augen
merk. Den erzählenden Teil bestreiten diesmal der gemüt
volle Poet I. H. Schwalm, M. Brehm, Heinrich Rohde
und der Verfasser der „Vergessenen Ecke", H. Völker
plaudert von Türmen und Türmern in Hessen, E. Fuchs
über Vogelsberger Steingut und Tonwaren, Helene
Brehm über Hausbau im Kreis Grafschaft Schaumburg.
Wilhelm Speck steuerte eine Komposition des köstlichsten
deutschen Liebesliedes aller Zeiten bei. Auch die Lektüre
des reichhaltigen übrigen Teiles wird manchen Winter
abend überdauern. Eine farbige Kunstbeilage veran
schaulicht die „Fahnenweihe der Kasseler Bürgergardc
am 26. Mai 1831" Der Kalender wird wie immer
weiteste Verbreitung finden. Hbach.