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leiche in eine kulturgeschichtlich interessante Zeit
zurück, eine Zeit, als unsere Vorfahren noch ein
halb nomadisches Hirtenleben mit ausgedehnten
Weideplätzen und Viehburgen auf dem Kamme der
Berge führten, als der Ackerbau bei weitem noch
nicht die Bedeutung hatte, die er heute in unserer
Kultur einnimmt. Daß es eine Zeit gegeben hat,
in der die Weidewirtschaft die Hauptbetätigung
unserer Vorfahren bildete, davon zeugen in sprechen
der Weise die alten, vielfach mißverstandenen Wald-
und Flurnamen. Es bleibt eine wichtige, bisher
noch ungelöste Aufgabe, an der Hand dieser alten
Namen einmal eine erschöpfende Geschichte dieser
Knlturperiode zu liefern.
Alle Straßen int Fürstentum Fulda.
Mit dem am 5. März d. I. der Erde übergebenen Dechanten
Julius Wiegand zu Johannesberg starb, wie das ,Ful-
daer Kreisblatt* f. Z. berichtete, auch der Bater des Ge
dankens zur Wiederherstellung der direkten Straßenverbin-
dung zwischen Fulda und JohanneSberg. Dieser Ort war
einst eine der größten Propsteien deS Fürstentums Fulda
und mittelst einer breiten, gerade und eben dahin führenden
Pappelallee mit der Restdenzstadt verbunden. Heute noch
steht man die großartige Anlage dieser Straße durch den
GraSwuchS hindurchschimmern, aber die wachsenden Forde
rungen des Verkehr« und das durch die veränderten Befitz-
verhältniste geschwundene Interesse setzten dieses so nahe
und bequeme Verbindungsmittel in den Ruhestand.
CS gibt noch so viele alte historische Straßen und Wege-
Verbindungen im alten Fürstentum Fulda, die dem Wanderer
mitten in der Waldeinsamkeit aufstoßen. daß eS ein lohnendes
und sehr interessantes Unternehmen wäre, diese alten Ver
hältnisse wieder einmal aufzudecken. In den meisten Fällen
find eS Zustreckewege, die von den Landleutrn, Handwerkern
und Zigeunern heute noch benutzt werden.
So lief der Weg durch die Johannisaue in der Richtung
nach Harmerz über die alte Frankfurt-Leipzigerstraße
weiter, ging unterhalb der Anhöhe bei Bronnzell durch
die Furt, die auS der Geschichte deS hl. Sturmius bekannt
ist. Dort kam der Ritter hindurch, der dem frommen
Manne den Weg nach dem AnfiedelungSplatze für das
Kloster Fulda zeigte. Er war auf dem sog. Rennweg von
Gelnhausen nach der Saalburg (bet Neustadt a. d. fränk.
Saale), also ein MeldungSreiter zwischen dem Kaiser
Barbarossa und seiner Gemahlin Gela, die ihr Schloß zu
Gelnhausen hatte.
Von dieser Furt ging der Weg weiter in der Richtung
nach EngrlhelmS und da, wo hinter dem Brückchen der
Bildstock steht, geradewegs nach dem früher noch kleinen
Jagdschloß AdolfSeck. Eine direkte Verbindung von AdolfS-
rck nach dem DammrrSfeld, wo im Sommer das fürstliche
Vieh weidete, läßt sich wohl schwieriger erkennen, aber die
Allee zwischen Adolfseck und dem fürstlichen Jagdschloß
im Thiergarten, das auf der jetzigen Fohlenweide übîr
den Teichen stand, wo jetzt noch der mit Ziegeln über-
deckte Keller sich befindet, ist besonders in den Waldungen
noch deutlich erkennbar.
Eine sehr breit angelegte Straße ist die in der Nähe
von Hrubach und an anderen Orten noch gut erhaltene
„Weinstraße" Dies war der geradeste Weg von Hammel
burg. dem fürstlichen Weinlande, nach Fulda. Es wurde
auf ihr manch schweres Fuder guten Frankenweins nach
den fürstlichen Weinkellern in Fulda verfrachtet.
In der Nähe der Stadt steht man noch, trotz der Ver
koppelung und neuen Straßenanlagen, den sog. alten
Fuhrmannsweg liegen, der bei der Krähmühle vorüber
nach der Klapperpfütze über den Petersberg nach Stöckels.
Almendorf, Steinhaus, Steinau über den Berg nach
Dammersbach und von da nach Vacha und Leipzig führte.
ES wird sich schon mancher Wanderer über das Quader-
Pflaster auf dem einsamen Waldweg zwischen Steinau und
Dammersbach gewundert haben, aber die schweren Frachten
von damals forderten eine gute Unterlage. Ein in letzter
Zeit vielgenannter Weg ist die sog. Zigrunerstraße von
Kämmerzell Niefig nach der Obrrförsterei Thiergarten und
von da nach Franken und Thüringen. Wahrscheinlich war
dies ein alter Handel«- und Kriegspfad zur Verbindung
von Oberheffen mit den süddeutschen Staaten.
So manches Interessante wird durch ein Studium der
alten VerkehrSverhältniffe gefunden, und auch Bauwerke
und Landstriche, über deren Lage man im Unklaren ist.
können auf diese Weise wieder erkannt werden.
E. K.
Stegmanns Disputation mit den Benediktinern.
Bon Pfarrer Wilhelm Schuster.
Die Benediktiner trachteten die Privilegien der
Universität Rinteln an sich zu bringen. „In dieser
Absicht suchten sie 1630 bei dem Kaiser ans dem
Konvent zit Regenspurg nach, man möchte den
Lutheranern zu Rinteln die Utliversitätsprivilegien
nehmeil und ihnen geben oder ihnen, ben Benedik
tinern, ganz neue erteilen, oder doch wenigstens
in der Theologischen und Philosophischen Fakultät
Stellen anweisen. Ob sie nun wohl mit diesem
ihren: Suchen nichts weiter bei dem Kaiser er-