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Dagegen ist Lichenrod bei Birstein aus älterem
Libechenrod 1341, Lyebechenrode 1363 ent
standen und gehört nach Arnold a. a. O. 446
-um Personennamen Libicho. Wohl aber dürfen
siebte (Dorf in Thüringen), Licht und Berg-
licht, zwei hochgelegene Dörfer im Hundsrück, mtb
Lieh bei Gießen hierhergestellt werden. Letzterer
Name, 709 als Leoehe, dann als Leohe, Lioehen,
im 14.Jahrhunderts als Lyche, Liehe, Lyechin,
Lyeche, Lieche, Lyech urkundlich bezeugt, wird
von Sturmfels zu leoh, lioh, loh, Hain, Wald,
Buschwald gestellt. Auch die naffauischen Flur
namenb) Lieht, Lieh, Lichten, Lichte^* *) Lichter
bach, Lichterwies, Leuchte, Leichgraben, Leich
heck, Leichengewann, Leichental, Leichenweg,
die belgischen Warnen 10 ) aufm Licht, lichte Büsche,
Lichtenhagen, Lichtenscheid, Lichtscheid, und
thüringisch n ) Lichtgebreite oder am Lichten
rasen, Flur Wechmar, Gemeindeland, gehören
hierher.
Wie neben Lichtenscheidt sich in älterer Zeit
Leytensceith, neben Lichtenberg, Littenberg,
Lithenberg, neben Lichtenowe, Lythinnowe findet,
so findet sich heute Leutenberg neben Leuchten
berg und sogar Leiterberg statt Lichterberg,
Leichterberg. Es findet sich hier vielfach eine
Vermengung des alten Wortes Leich „Platz, Lager"
mit ahd. hlita clivus, „Leite, Liede, sanftansteigende
Höhe, Abhang" und mit ahd. leiti, leitn, mhd.
leite Weg, Zug (über die Höhe), so daß die Deutung
in einigen Namen wie Leiteberg, Leiteborn,
Leidenmühle, Leiderstädt, Leidhecken sehr er
schwert wird. Letzteren Namen möchte Arnold (und
Sturmfels, der wie hier öfters kritiklos Arnold folgt)
wegen des schon im Eberhard'schen Kodex auf
tretenden ei zu leiti ductus statt zu hlita clivus
stellen. Mit größerer Wahrscheinlichkeit wird man
aus den Grundwort hecke und seiner Lage an
einem alten Pfahlgraben folgern können, daß in
dem Bestimmungswort das alte leich enthalten ist,
daß Leitheckin (1348) aus Leich-heckin zu beuten
wäre. Auch bei dem Namen Leihgestern möchte
man das alte leich wittern und es nach Analogie
von Lichtenstern als Leiche-stern 12 ), Leich
stern deuten, wenn dem nicht die sich schon in den
alten Schenkregistern findenden Schreibungen Leit-
castre, Leitzcastrum, Leucastrum, Leicastrum
') Wytz Hess Urkundenbuch II. 572. 650. 653. 1163,
1292.
Kehrein a a. O., 494 u. 495.
*) wohl aus Lichtenhart entstanden.
'") Leithäuser. Brrgische Ortsnamen. S. 219.
") Gerbig a. a. O.. 250.
’*) stern, älter sterin (g. B. Sterinberg — Sternberg)
findet sich neben stim in zahlreichen Bergnamen: Stern-
berg, Stirnberg, Stirnbelle usw.
widersprächen Immerhin möchte ich die Ableitnng
von lat. castrum nicht als so absolut unzweifel
haft hinstellen wie es Arnold (und mit ihm Sturm-
fels) tut. Denn die urkundlichen Schreibungen
Leigesteren, Leikestre, Legesteren, Leitgesterin,
Leithgesterin, Leigesterin, Leitgesteren, Leic-
gestrin, Leytgestren, Leugistern, Leckestrin aus
dem 14. Jahrhundert 18 ) lassen die Vermutung auf
kommen, daß wir es bei Leitcastre, Leizcastrum
mit einer willkürlichen Schreibung eines gelehrten
Schreibers zu tun haben, wie sie im Mittelaller
nicht selten vorkommen (Confugium für Kausungen,
Haucheburc für Hachborn, ^manaburg für Amöne
burg 14 , Haunerspiegel für Hermannspiegel usw.).
Da wohl die Erinnerung an ein castrum vor
handen war, andererseits das diesen Begriff wieder»
gebende Bestimmungswort nicht mehr verstanden
wurde, suchte man den Sinn castrum infolge des
zufälligen Gleichklangs mit gesteren einzudeuten,
so daß sich ein völlig verändertes Grund- und Be
stimmungswort ergab, ähnlich wie ich das im
Namen Ungedanken nachzuweisen versucht habe.
Mit Recht sagt Haas ") in Bezug auf solche Um-
deutungen: „Wenn auch nur ein Bestandteil eines
Kompositums wesentliche laittliche Veränderungen
erleidet und außerdem noch dessen bei der Zu
sammensetzung maßgebend gewesene Bedeutung ver
altet oder gar ausstirbt, so muß die Verständlich
keit des Kompositums erlöschen." Die Schreibung
Leitcastre beweist, daß der erste Teil zugleich mit
der Umbildung des zweiten Bestandteils an ahd.
leiti „Höhenzug" angeschlossen wurde, so daß sich
merkwürdigerweise die ursprüngliche Bedeutung
„Lager, Platz auf einer Höhe" erhalten hat.
Die Schreibung Leckestrin, Legesteren läßt
vermuten, daß in den ersten Bestandteil auch ahd.
legar, mhd. leger, hessisch leger „Lager" ein
gedeutet worden ist, wie wir es in den Flur
namen Kuhläger 18 ), Lagerfeld (bei Seibelsdorf)
haben. Daß in diese Gruppe auch die Orts
namen. Lickwegen bei Obernkirchen, von Arnold
zu lila corpus gestellt, Lick (1369 Licke castrum 17 )
und der Marburger Straßenname Leckergasse am
ehemaligen Leckerberg (Leckirberg, Lekkirberg,
Legkerberg 14. Jh.) gehören, möchte ich hier nur
andeuten. Ich hoffe, darauf demnächst in andrem
Zusammenhang zurückzukommen und Beweisgründe
dafür anzuführen.
So führt uns der Biedenköpfer Waldname Kuh-
") Wyß, Hess. Urkundenbuch. II. 667. 732. 741 usw.
") Einen neuen Deutung-versuch an der Hand von
Flurnamen hoffe ich demnächst zu veröffentlichen.
") Fuld. Gesch.-Bl. 1912. S. 16.
") Dgl. auch Buck a. a. O.. 152 und 159.
") Oesterlry. Historisch - Geographisches Wörterbuch
des deutschen Mittelalters (Gotha 1883). S. 394.