fWL, 381 *e*íb
waren, die Kaiserliche Garde unter Napoleons
eigener Führung focht. So ist es begreiflich, daß
der Ausgang der Erwartung nicht entsprach und
daß Wrede, um einen modernen Ausdruck zu ge
brauchen, nicht mehr als einen „Achtungserfolg"
zu erringen vermochte.
Es konnte nicht ausbleiben, daß ihm daraufhin
von der späteren Kritik die schärfste Verurteilung
uteil wurde. Daß andrerseits bald Schriften er-
chienen, die der Verherrlichung Wredes dienten,
konnte die unbefangene Beurteilung nicht wesentlich
fördern. Erst in neuerer Zeit hat man angefangen,
Gründe und Gegengründe sorgsam abzuwägen und
damit zu einer sachlichen Auffassung zu gelangen.
Die Unhaltbarkeit der Behaup
tung, Wrede seien die eigent
lichen militärischen Führer
eigenschaften abgegangen, zu
mal er doch auch von Haus
aus nicht zum Soldaten be
stimmt war, widerlegt Redner
durch ein ausführliches Ein
gehen auf die bisherigen durch
aus bemerkenswerten Leistun
gen des Fürsten auf verschie
denen Kriegsschauplätzen der
letzten vierzehn Jahre. Nach
der Schlacht bei Wagram
machte ihn Napoleon zum
Zeichen seiner Anerkennung
zum Reichsgrafen. Auch beim
Vertrag von Ried, durch den
Bayern sich von Napoleon
lossagte und den Verbündeten
anschloß, hatte Wrede erheblich
mitgewirkt. Alsbald wurde
ihm das Kommando nicht nur
über seine Bayern, sondern
auch über die ihm am Inn
gegenüberstehenden Öster
reicher übertragen, so daß er
rund 52000 Mann unter
seinem Oberbefehl vereinigte.
Am 13. Oktober erhielt er den
Befehl, sein Korps in Eilmärschen auf Bamberg
zu dirigieren, alles anzuwenden, um sich zum
Meister von Würzburg zu machen und die Main
linie zu befestigen. Diesen eigenartigen Befehl
führte er allerdings nicht auf dem kürzesten Wege
aus, in der Absicht, den König von Württemberg
einzuschüchtern und ihn so vom Rheinbünde los
zusprengen, was ihm auch gelungen ist. Unterwegs
erhielt er am 21. Oktober die Nachricht von der
Leipziger Schlacht. Am nächsten Tage erhielt er
den Befehl, die Rückzugslinie des Feindes gänzlich
zu unterbrechen. In Würzburg angelangt, mußte
er den Soldaten eine mehrtägige Ruhe gönnen,
während deren er Würzburg einnahm, wodurch
drei kostbare Tage verloren gingen. Das Haupt
quartier ließ ihn immer noch im Unklaren. Erst
durch ein von ihm selbst ausgesandtes Streifkorps
'erhielt er die erste Nachricht vom Rückzug Napo
leons und dessen bevorstehendem Durchzug durch
Fulda. Am 27. Oktober erfuhr er durch Vermitt
lung bayrischer Patrouillen, daß Napoleon mit dem
Hauptteil seiner Truppen. in der Richtung gegen
Wetzlar marschiere, wahrend sich auf der Straße
nach Hanau höchstens 20 000 Mann befänden. Am
28. erreichte ihn ein Schreiben Schwarzenbergs, in
dem es hieß, der Feind sei wahrscheinlich außer
Stande, den Weg nach Kassel einzuschlagen und
werde möglicherweise seine Richtung gegen Wetzlar
nehmen, um den Rhein bei Bonn oder Koblenz
zu überschreiten. Für Wrede gab es nun kein
Schwanken mehr; er ließ sich durch nichts in seiner
Absicht mehr irre machen, dem
Feindden Rückzug bei Wetzlar
zu verlegen. So schlug er auch
zwei weitere Nachrichten, die
ihm in der Nacht zum 30. Ok
tober zugingen, in den Wind,
die zweifellos dartaten, daß
Napoleon auf der Straße nach
Frankfurt marschiere. Zudem
glaubte Wrede der Versiche
rung Schwarzenbergs, daß er
dem Feinde hart auf dem
Nacken bleiben werde, und
konnte nicht ahnen, daß dieser
tatsächlich vier Tagemärsche
hinter Napoleon zurück war.
Der Kampf hatte bereits be
gonnen, als man erst merkte,
daß man Napoleon selbst und
damit dem Kern seines Heeres
gegenüberstand. „Jetzt ist
nichts mehr zu ändern, wir
müssen als brave Soldaten
unser Möglichstes tun", waren
Wredes Worte. Der bösen
Lage, in die ihn seine Ver
trauensseligkeit gebracht hatte,
suchte er mit der ihm eigenen
Entschlossenheit die Stirn zu
bieten. Noch ein weiteres
Moment verhinderte ihn, seine unmögliche Stel
lung aufzugeben, der Gedanke, daß er als' Bayer
den Verbündeten und der Welt selbst auch unter
Opfern zeigen müsset daß der Übertritt Ernst ge
wesen und sie entschlossen seien, ihre volle Schuldig
keit zu tun. Er hat auch in dieser schwierigen
Lage, in die ihn eine unglückliche Verkettung von
Umständen und gewiß auch sein übergroßes Selbst
bewußtsein gebracht hatte, seinen Ruf als tapferer
Soldat und entschlossener Heerführer gewahrt.
Diesen Ruf hat der in dieser Lage leider unver
meidliche Mißerfolg erheblich vermindert. Ihn aber
allein für die fehlerhafte Anordnung der Aus
stellung verantwortlich zu machen, entspricht nicht
der tatsächlichen, geschichtlichen Entwicklung, die
seine gewiß vorhandene Schuld doch in erheblich
gemildertem Licht erscheinen läßt.
Karl 5ürst von Wrede.
Aus „Geschichtl. Darstellung der Schlacht hei Hanau" von
Ä. C. Leonhard lHanau, Fr. Köitlgs Hosbuchh.). Bgl. S. 385.