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Residenz, für deren Verlauf er auf das in den
Archiven Niedergelegte verweist ; sie sind heute
durch die verschiedenen Darstellungen genugsam
bekannt. Interessant sind die Aufzeichnungen
Sattlers über die Illumination, die von abends
Vs9 bis morgens Vs3Uhr gedauert hat und einen
Rückschluß auf die Dauer der übrigen Festlich
keiten in der Stadt zuläßt. Daß alles ohne
Unglück abgelaufen ist, findet besondere Er
wähnung. Wie groß die Anstrengungen waren,
die für die Illumination gemacht wurden,
geht daraus hervor, daß er gemeinsam mit
seinem Nachbar Heinrich Ludwig 864 Lampen
mit je 3 Liter Baumöl am Hause brannte;
den Mittelpunkt der Beleuchtung ihres Hauses
bildete ein Sinnbild, das Hermann II. darstellt,
wie er von der Jagd kommt und die Göttin
Minerva und den Ruhm vor einem Opferaltar
erblickt. Diese Veranstaltung verursachte ihnen
im ganzen 129 Rtlr 4 Alb. 6 Gr- Kosten,
so daß auf jeden 64 Rtlr 18 Alb. 3 Gr.
entfielen. Als gewissenhafter Hausvater ver
zeichnet er auch die Kosten, die ihm durch Be
such vom 14.—18. Mai an Essen, Wein, Kaf
fee und allem übrigen entstanden sind, mit
20 Rtlr 13 Alb. 9 Gr., so daß er insgesamt
85 Rtlr. für diese Feierlichkeiten aufgewendet
hat, ein Betrag, der gewiß als recht hoch be
zeichnet werden darf.
Im einzelnen war freie Hand gelassen,
die Feier nach den örtlichen und sonstigen
Verhältnissen zu gestalten. Aus dem Rahmen
der natürlich meist ähnlich verlaufenden Feiern
hebt sich die zu Obersuhl heraus, wo der
Kandidat Raßmann dem Ganzen das Gepräge
gab und, nachdem er sich in feierlichem Zug
aus seiner Wohnung hatte abholen lassen, in
großem geschlossenen Kreis feierlich folgendes
Lied vortrug, das von ihm nach dem Muster
des studentischen Landesvaters, der auch die
Weise hergab, verfertigt worden war und dessen
3 letzte Zeilen jeweils vom Chor - ganz nach
dem Vorbild - wiederholt wurden
Ernste Stille!
Jeder fülle
Voll den Becher bis zum Rand!
Hoch erklinge, deutsche Söhne,
Hoch in vollem Chor ertöne
Jetzt ein Lied dem Vaterland!
Wilhelm lebe!
Ihn erhebe
Brüder unser Rundgesang!
Fürsten, die in ihren Staaten
Erste sind an edlen Thaten,
Solche Fürsten leben lang!
Wilhelm lebe!
Ihn erhebe
Brüder euer Rundgesang!
Er, der ehret gute Thaten,
Treu regieret seine Staaten,
Der gerecht und gütig ist.
Wilhelm lebe!
Ihn erhebe
Brüder euer Rundgesang!
Der am Ruder seiner Staaten
Steht und der durch gute Thaten
Liebe zeigt dem Vaterland'
Reicht zum Bunde
Dieser Stunde
Euch die biedre deutsche Hand!
Schwört vor Gottes Angesichte,
Schwört's bei diesem Sonnenlichte,
Treu zu seyn dem Vaterland!
Besonderes Interesse verdient wohl die Tat
sache, daß bei diesem Fest die uns heute ge
läufige Nationalhymne wenigstens mit ihrer
Weise ihren Einzug ins Hessenland gehalten
hat. Sie stammt bekanntlich aus England,
wo sie 1745 zum erstenmal öffentlich gesungen
worden ist. Tie Weise hat dann gegen Ende
des 18. Jahrhunderts ihren Weg nach dem
Festland, nach Frankreich, Holland und Deutsch
land gefunden. Der Text wurde ursprünglich
in weitgehender Übereinstimmung mit dem eng
lischen übertragen, dann aber je nach Bedarf
veränderten Verhältnissen entsprechend umge
arbeitet. Die älteste dieser Nachdichtungen ist
die preußische, die in engem Anschluß an eine
in Flensburg zum Geburtstag König Chri
stians VII von Dänemark 1790 von Heinrich
Harries vorgenommene Umdichtung von Bal
thasar Gerhard Schumacher für preußische Ver
hältnisse zurecht gemacht wurde; sie übernimmt
von den acht Strophen der Harries'schen Dich
tung nur fünf und beschränkt sich im übrigen
von den 8 Strophen der Harries'schen Dich
tung nur 5 und beschränkt sich im übrigen
darauf einige sprachliche Verbesserungen an
zubringen und den Namen des damaligen
Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II einzu
setzen. Gedruckt ist die Hymne in dieser Form
zum erstenmal in der Spenerschen Zeitung vom
17 Dezember 1793 mit der Bezeichnung. „Ber
liner Volksgesang. God save the king." Un
terzeichnet ist das Lied mit „Sr" wie Schu
macher — der sonst dichterisch nicht hervor
getreten ist — seinen Namen gern abkürzte.
Gesungen wurde das Lied zum erstenmal am
25. September 1795, dem Geburtstag Fried
rich Wilhelms II., im Berliner Nationaltheater.
Bei den engen Beziehungen, die zwischen
Hessen und Preußen bestanden, kann es nicht