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Größen freundliche, ja freundschaftliche Beziehungen.
Die Musik war ihm das Ideal selbst, die Seele
aller Künste. Im September 1854 wurde er durch
den Musiker
Knoop in Kassel
bei Spohr ein
geführt. Über
seinen Besuch
bei dem Meister
schrieb er mei
ner Mutter, sei
ner damaligen
Braut: „Mein
Freund Knoop
bewillkommne
te mich in Kassel
mit kollegiali-
scher Herzlich
keit und sagte
mir, um halb
elf Uhr sei
Trioprobe bei
Spohr. Ich bat
ihn, mich zu
diesem Stern
erster
Prisr
Louis Spohrs Wohnhaus in Kassel.
mitzunehmen, was auch nach eingeholter Erlaubnis
bei Spohr geschah. Als ich den Garten betrat,
worin des Meisters idyllisch gelegenes Haus erbaut
ist, wurde ich
von Gefühlen
der Ehrfurcht
bewegt, es über
kam mich eine
heilige, religi
öse Stimmung,
die nur der be
greifen kann,
der die Kraft
und Gewalt des
Genius zu wür
digen versteht.
Spohr ist ein
Mann von ko
lossaler Statur
mit markierten,
wohltuenden
Zügen, er trögt
eine lichtbraune
Perücke. Er kam
mir ernst und
würdig ent
gegen und wies mir einen Platz an. Frau Spohr
ist eine Matrone von ungefähr sechzig Jahren,
ohne in ihrem Äußeren etwas Hervorstechendes zu
Der Musiksaal im'Haufe Louis Spohrs.
haben.*) Spohr, seine Frau und Knoop trugen ein
Trio vor, das mich in Enthusiasmus versetzte. Am
meisten Eindruck aus mich machte Spohrs Molin
spiel. Dieser
erhabene Greis
erschien mir als
ein Verklärter.
Seine Physio
gnomie korre
spondiert stets
mit dem Cha
rakter der je
weiligen Musik,
düstere Wolken
umziehen die
Stirn, sie wer
den immer hel
ler, ein heiteres
glückliches
Lächeln spielt
um seine Lip
pen — kurz,
es ist ein Hoch
genuß, den Alt
meister geigen
zuhören. Spä
ter kam eine junge Dame, Fräulein Weinrich, die
auch trefflich Klavier spielt. Nach der Matinee
nahm uns Spohr mit hinunter, führte uns in sein
Kompofitions-
zimmer und
dann in den
Garten. Ich
konversierte mit
ihm eine Stun
de. Als Kurio
sum muß ich
Dir berichten,
daß mir Spohr
auch seine Bade
anstalt zeigte,
die von sehr
praktischer,
zweckmäßiger
Einrichtung ist.
Der liebe Mann
lud mich aus den
andern Abend
ein, ich konnte
jedoch wegen
meiner Abreise
nichts anneh
men." — So weit mein Vater.
*1 Spohrs zweite Frau Marianne, eine Tochter des
OberappellationsgerichtSratS Pfeiffer in Kassel.