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burger Schule und ihre philosophischen Leistungen
verschiedener Ansicht sein; wer aber auch nur eine
Spur von Pietät vor einer altehrwürdigen Tradition
auszubringen vermag, wird dagegen protestieren, daß
das aus jeden Fall epochale und monumentale Mar-
burger Gebäude niedergerissen wird." Weiter er
greift Professor Natorp-Marburg zu dieser An
gelegenheit in der „Frankfurter Ztg." das Wort.
So sehr er die Berufung Professor Jaenschs als
eines ausgezeichneten Experimentalpsychologen an
die Marburger Universität begrüßt, so sehr wendet
er sich dagegen, daß die Regierung durch die Ent
ziehung eines Ordinariats der reinen Philosophie
diese lähme und sozusagen auf Hungerration setze.
Wenn auch natürlich keinen vollen Ersatz, so doch
eine Erhaltung der Marburger Schule hätte die
Berufung Ernst Cassirers in Berlin bedeutet. Das
wäre wünschenswert gewesen im Interesse der Philo
sophie und auch unserer Marburger Hochschule. Die
Regierung hätte über den Antrag der Fakultät hinaus
gehen und neben dem vorhandenen einen Lehrstuhl
für Experimentalpsychologie neu errichten sollen.
Wenn sie diesen aus sachlichen Gründen naheliegenden
Weg nicht beschritten habe, so könne es kaum aus
bleiben, daß man nach anderen Gründen dafür und
zwar aus politischem Boden suche. Objektive Gründe
zu einer solchen Deutung liegen allerdings nach An
sicht Professor Natorps nicht vor. „Der Universität
Marburg",bemerkt hierzu die „OberhefsischeZeitung",
„kann es natürlich nur lieb sein, wenn sie alle Fächer
möglichst gut und möglichst zahlreich vertreten hat.
Die Fakultät wird aber gute Gründe gehabt haben,
als sie die notwendige Berufung eines Experimental
psychologen im Jntereffe unserer Universität für
das Dringlichere hielt. Auch Pros. Natorp berichtet
ja, daß diese Wissenschaft eine bedeutende Ausdehnung
bereits an allen Hochschulen Deutschlands habe. Dem
Wunsche nach einer weiteren Ausgestaltung der
philosophischen Lehre an unserer Universiät in Pro
fessor Natorps Sinne wird sich niemand verschließen."
Die Kurhessische Gesellschaft fürKunst
und Wissenschaft hat bereits mit ihren Vor
lesungen begonnen. Für Oktober und November
find folgende Vorlesungen angesetzt: Prof. L. Pohle
über Entwicklung des deutschen Wirtschaftslebens
seit der Gründung des neuen Reichs, Pros. I. Hat»
sch eck über Geschichte der sozialen und politischen
Theorien und Pros. A. C o e h n über Wirkung sicht
barer und unsichtbarer Strahlen.
Personalchronik. Forstmeister Fenner zu
Forsthaus Wolfgang bei Hanau beging sein 50jäh^
riges Dienstjubiläum, der ordenti. Professor der alten
Geschichte und Epigraphik an der Wiener Universität,
Hosrat vr. Eugen Bormann am 6. Oktober seinen
70. Geburtstag. Gleichfalls den 70. Geburtstag
beging der Herausgeber der „Hessischen Blätter",
Pfarrer Wilhelm Hopf in Melsungen. — Der
Senat der Königlichen Akademie gemeinnütziger
Wissenschaften in Erfurt wählte den außerordentlichen
Professor an der Universität Halle-Wittenberg vr.
Karl Heldmann zum auswärtigen Mitglied der
Akademie in deren philosophisch-historischer Klasse.
Todesfall. Wieder hat der Tod eine Lücke
gerissen in den Kreis der alten kurhessischen Offiziere:
in Freiburg i. B. starb am 7 d. M. Generalmajor
z. D. Theodor Gissot, der im kurfürstlichen
Kadettenkorps in Kassel erzogen, am I.Juni 1858
als Portepeefähnrich in dem 2. Jnf.-Reg eingestellt
wurde. Er war in Hanau am 10. Februar 1840
geboren als Sohn des damaligen Sekondleutnants
im 3. Jnf.-Reg., Georg August Gissot, der als letzter
Kommandant von Spangenberg aus Schilderungen
seiner Tochter, Anna Bölke, auch in weiteren Kreisen
bekannt ist. Sein Großvater Jean Paul war als
Oberst und Kommandeur des Kgl. westfälischen
5. Lin.-Jnf.-Reg. auf dem russischen Feldzuge 1812
in Dorogoburk unter Kosackenhänden gefallen. Gissot
wurde bei seiner Beförderung zum Sekondleutnant
am 9. September 1858 in das 1. Jnf.-Reg. (Kurfürst)
und am 11 September 1864*) als solcher in das
3. Jnf.-Reg. (Prinz Friedrich Wilhelm) versetzt. Bei
der Übernahme in die preußische Armee kam er in
das Jnf.-Reg. 77, in dem er 1867 Premierleutnant
und 1870 Hauptmann wurde und den Feldzug
1870/71 mitmachte. 1881 zum überzähligen Major
befördert, wurde er 1883 Bataillonskommandeur im
Regiment. Als etatsmäßiger Stabsoffizier 1888
in das Jnf.-Reg. 22 versetzt und im gleichen Jahre
zum Oberstleutnant befördert, brachte ihm das Jahr
1890 seine Beförderung zum Oberst undKommandeur
des Jnf.-Reg. 30 in Saarlouis. Nachdem er im
Mai 1894 die 62. Jns.-Brigade in Hagenau geführt
hatte, wurde er im Juli 1897 in Genehmigung
seines Aschiedsgesuches als Generalmajor z. D. gestellt
und verbrachte seinen Lebensabend in Freiburg, wo
er jetzt gestorben ist. Stabsarzt Has-Oranienstein.
*1 Danach würde der Nachruf der Jnf.-Reg. 81 in der
letzten Nummer des Mil.-WochenblatteS zu berichtigen fein,
der Gifsot bis zum Jahre 1866 im Regiment Kurfürst
stehen läßt.
Gedenktage. Am10. Oktober waren 50 Jahre
seit dem Tode des kurhesfischen Ministers Hans
Daniel Ludwig Friedrich Hassenpslug und am
14. Oktober 100 Jahre seit der zu Marburg er
folgten Geburt des philosophischen und politischen
Schriftstellers Karl Theodor Bayrhosser verflossen.