Hessisches Heimatsblatt
Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks-, und Hàatkunde, Literatur und Kunst
Nr. 13.
26. Jahrgang. Erstes Juli-Heft 1912.
Zur Schlacht bei Mlhelmsthal.
Von G. Eisentraut.
(Schluß.)
Die Bestätigung dieser Vermutung über den
Weg der Hessen zum Schlachtfeld finden wir in
einem an Wutginau am Tage nach der Schlacht
gesandten Bericht des Kapitäns v. Creutzbu;g:
„Weilen ich von dem ààil, was sich bei den übrigen
Kolonnen zugetragen, nicht hinlänglich informiert bin,
so erwähne nur, was bei der 5. Kolonne geschehen ist.
Als wir gegen 6 Uhr ohnweit der Hage-Mühle [an der
Esse, am Südwestfuß des Schöneberges) diesseits Geismar
ankamen, sah man ein feindliches Korps von 6 Bataillonen
und 12 Eskadrons unter dem Generalleutnant de CastrieS
ganz ruhig in seinem Lager bei Carlsdorf. besten rechter
Flügel an den Reinhardswald und der linke, nach dem
Allignement, sich nach Geismar erstreckte. Die Front dieses
Lagers war zum Teil mit vorteilhaften Hügeln bedeckt.
Obgleich des Herzogs Durchlaucht die Order erteilt hatte,
daß die 5. Kolonne ohnweit der Hage-Mühle über eine
Stunde Halt machen sollte*), und alles dies im Angesicht
des feindlichen Lager? geschah, so beobachtete man doch nicht
die mindeste Unruhe in demselben, vjelweniger bei der
großen Französischen) Armee, deren rechter Flügel aus den
Anhöhen hinter Grebenstein, und der linke auf dem Schäch
ter Lriesch bis an die Holländische Straße sich erstreckte.
Jndeffen näherte fich die 6. und 7. Kolonne ihrem be
stimmten äsdouoüä und man hörte einige Kanonenschüffe
*) Wahrscheinlich deshalb, weil sie bei ihrem bequemen
Wege fönst dar Aufmarschgelände bei Kelfe früher als die
andern Kolonnen erreicht hätte, die große Umwege durch
Berge und Wald auszuführen hatten.
im Reinhardswald, sah auch Bewegungen in dem vor
geschobenen feindlichen Lager und wir setzten unsern Marsch
auf der großen Straße über Geismar nach Grebenstein
fort. Als wir bei den Gilser sKelser) Teichen anlangten,
debouchierte der General v. Spörken aus dem Reinhards
wald. Das feindliche Korps zog fich auf Grebenstein
zurück, hielt aber die Anhöhe vor seinem Lager besetzt und
arretierte dadurch die Kavallerie unserer Kolonne, welche
Order erhalten, bei dem GeiSmarschen Brunnen die Este
zu passieren und gegen gedachtes Korps vorzurücken.
Unterdesten avancierten der General v. Spörken und
der Prinz von Anhalt mit ihren Kolonnen dergestalt, daß
jenes feindliche Korps kaum die ravins und Anhöhen bei
Grebenstein erreichen konnte, ohne abgeschnitten zu werdet,.
Die hessischen Kavallerie-Regimenter holten zwar die feind
lichen Dragoner auf ihrem Rückzüge ein und einige
Eskadrons wurden handgemein. Hingegen geschah dies
so nahe bei Grebenstein, daß die feindliche Infanterie fich
in die Gärten werfen und ihre Kavallerie aufnehmen
konnte.*) Mithin gelangte das CastrieSsche Korps auf
den rechten Flügel der feindlichen Armee, von der sich
inzwischen verschiedene Truppen dem KorpS des Generals
v. Spörken entgegengeworfen hatten.
Des Prinzen v. Anhalt Durchlaucht ließen hierauf
Grebenstein durch Dero und das Wutginaufche Regiment
besetzen und marschierten mit den übrigen hessischen Infanterie-
*) Hierbei gelang e8 dem hessischen Dragoner-Regiment
Prinz Friedrich 2 französische Regiments-Geschütze zu er
beuten, für die Herzog Ferdinand dem Regiment 20 Louisdor
auszahlen ließ.