w&L 135 Wb
von den Verbündeten belagert wurde, diesmal mit
Erfolg. Am 1. November mußte sich die französische
Besatzung ergeben und Kassel verlassen — auf
Nimmerwiedersehn. Vierzehn Tage später wurde
in der Brücker Mühle bei Amöneburg ein Waffen-
stillstand geschloffen, dem das Ende des Krieges
— der Friedensschluß zwischen England und Frank
reich — auf dem Fuße folgte.
Sämtliche hessische Truppen bezogen, ehe sie in
ihre Heimat entlassen wurden, Quartiere auf dem
Eichsfeld. Von hier aus bat Gilsa im Dezember
seinen Landesherrn brieflich um einen zweimonat
lichen Urlaub nach Hessen. Er schrieb: „Nicht
allein meine Umstände, so ich an meinen alten
Körbber habe, um Etwas mit Ordnung zu ge
brauchen, sondern auch meine ganz in Grund
ruinierte armselige Umstände zu Gilsa nötigen
mich, um diesen untertänigen Urlaub zu bitten."
Der Landgraf sandte ihm als Antwort die Be
stallung als Gouverneur der Festung Ziegenhain
und schrieb dabei: da Gilsa von jetzt ab so nahe
bei seinen Gütern in Garnison stehe, so hoffe der
Landgraf, er werde desto bequemer seine Gesundheit
pflegen können und sollte es lediglich von dem
Herrn General abhängen, ob er nun zuerst auf
seinen Posten nach Ziegenhain gehen oder sich erst
auf Urlaub nach Gilsa begeben wollte. — Natürlich
ging der General zuerst nach Ziegenhain und richtete
sich hier ein. Nachdem er alle Vo rbereitungen für
die Verwaltung seiner neuen Stellung getroffen,
trat er den Urlaub an, den er auf dem Oberhof
verbrachte. Hier galt es, wieder geordnete Zu
stände zu schaffen; da gab es auch manche Schuld
zu tilgen, die während der Kriegsjahre gemacht
war. Denn das Gut hatte fast sechs Jahre hin
durch nichts eingebracht, und Gilsas Gehalt, wie
wir aus seinen Aufzeichnungen wiffen, hatte nicht
hingereicht, die Familie zu erhalten. Der Sekretär
Michaud hatte in den Kriegsjahren nicht nur keinen
Gehalt bekommen, sondern aus seinen Ersparnissen
und denen seiner Schwestern an Frau v. Gilsa
Vorschüsse geleistet, die nun abgetragen werden
mußten. —
Georg blieb zwei Jahre in Herborn, dann ging
er nach Marburg, um dort seine Studien fort
zusetzen. Bald nach dem Friedensschluß hatte er
mit seinem Abschied eine für damalige Zeiten recht
hohe Pension von jährlich 200 Talern erhalten,
und da sein Vater ihm einen jährlichen Zuschuß
von 300 Talern gewährte, so standen dem Georg
für sein Studium genügende Mittel zur Verfügung.
Außerdem hatte er das Glück, im September 1764 in
der letzten Klaffe der Kaffelschen Lotterie 1000 Taler
zu gewinnen. Sein Bruder Wilhelm war
bald nach Ablösung von der Stellung als Ad
jutant seines Vaters in das Kavallerie-Regiment
Gendarmes versetzt und kam nach dem Friedens
schluß zuerst nach Kirchditmold, dann nach Wahlers
hausen bei Kaffel in Garnison. Wie schon erwähnt,
hat Georg v. Gilsa alle Briefe seiner Eltern auf
bewahrt. Es ist zu bedauern, daß die Eltern nicht
auch die Briefe dieses SohneS uns hinterließen. Die
Briefe der Frau v. Gilsa sind sehr anmutend und sie
verschaffen uns Einblick in alle Familienverhältnisse.
Sie muß eine frohmütige, kernfrische Hausfrau,
eine liebende, sorgende Gattin und Mutter ge
wesen sein. Ihrem Sohn Georg vertraut sie in
den Briefen alles, was ihr Herz bewegt, sie be
spricht mit ihm alle Wirtschaftssorgen, sie sendet
ihm Geld, Wäsche, Kleider, Stiefel, sie regt ihn an
zu eifrigem Lernen und warnt vor Überarbeitung.
DaS Band aufrichtigen Vertrauens hat die Mutter
und besonders diesen Sohn umschlungen; er war
ihr Stolz, ihre Hoffnung für die Zukunft.
Die verderblichen Folgen der Anstrengungen,
die der lange Krieg dem General v. Gilsa auf-
erlegt hatte, machten sich in den folgenden Friedens
jahren in steigendem Maße geltend. Er hatte
seinen Wohnsitz in Ziegenhai,c, war aber auf Tage
und Wochen häufig auf Urlaub in dem nahe ge
legenen Gilsa bei den Seinen. — So hatte er den
Anfang des Jahres 1765 aus dem Oberhof gefeiert
und war eben nach Ziegenhain wieder zurückgekehrt,
als er so schwer erkrankte, daß man für sein Leben
fürchtete und seinen Sohn Georg aus Marburg
durch einen Eilboten an das Krankenbett holen
ließ. Der General erholte sich zwar diesmal schnell,
aber acht Wochen später, als er wieder einmal in
Gilsa sich aushielt, machte ein Schlaganfall seinem
tatenreichen Leben ein unerwartetes, doch sanftes
Ende. — In voller Uniform ist er im Erbbegräbnis
zn Gilsa beigesetzt worden, und feinem Sarge
folgten außer seinen Angehörigen und Freunden
sein Regiment, das auf Befehl des Landgrafen
von Ziegenhain nach Gilsa marschiert war, dem
Helden die letzte Ehre zu erweisen. In der Kirche
zu Gilsa ist ihm später ein einfaches Denkmal er
richtet, dort hängt auch sein Degen mit der In
schrift : Liebst Du Dich und Dein Glück, so meide
mich und meinen Stich.
Frau' v. Gilsa hat ihren Gatten nur um
sieben Monate überlebt. Sie starb in demselben
Jahre im Oktober. „Gott schenke mir die Gnade."
so schrieb Georg nach dem Tode seiner Eltern in
sein Tagebuch, „meine hiesige Pilgrimschaft so ein
zurichten, daß ich mich meiner seligen Eltern nicht
unwürdig mache." — In demselben Jahre wurde
der jüngste Sohn Wilhelm 21 Jahre alt und damit
mündig. „Ich glaube," sagt Herr von Baumbach-
Sontra in seiner Chronik der v. Gilsafchen Familie,