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genannt Bodenbender oder Boddenbenders —
Büttner, Böttcher, Faßbinder, Bender, Küfer. Der
Name Wigand ist ein echt deutscher — hessischer —
Name, der bis heute noch als Taufname vorkommt.
Der Familienname lautet Gerstenberg, nicht
Gerstenberger, wie ich und viele andere, z. B.
Kolbe, früher wohl schrieben und sprachen. Nur
ihn verwendet er, indem er sich in jüngeren Jahren
volsatoris nennt. Die frühe Aufschrift der Stadt
chronik latinisiert: Guigandus Gerstenberg 6ietu8
Vitztoris. Im 16. Jahrhundert war Vietoris
sehr beliebt. Der Name Gerstenberg kam dazumal
hier mehr vor. Ein Kaspar Gerstenberg von
Frankenberg studierte 1497 in Leipzig. Hermann
Bodenbender war eine Ratsperson zu Frankenberg
und starb am 26. Juli 1579. Die Bodenbender
waren eine angesehene Frankenberger Familie.
Heinrich Bodenbender war im Jahre 1492 Bürger
meister. Ludwig Doliatoris studierte im Jahre
1507 zu Erfurt. Hermann Bodenbender vertrat
seine Vaterstadt aus dem Landtag zu Homberg
1536. In anderen Gegenden von Oberhessen
kommen Bodenbenders vom 14. bis 20. Jahrhundert
vor. Dagegen findet sich der Name Gerftenberg als
Familienname nirgends in Hessen. Als Bergname
kommt er in meiner ersten Heimat Obergrenzebach,
Kreis Ziegenhain, sogar zweimal vor, und zwar
liegt ganz nahe bei Obergrenzebach der Basaltberg
Gerstenberg, der sich nach dem Kornberg und Spieß-
Spießkappel hinzieht, und der zweite Berg ist die
Landsburg bei Allendorf, Schlierbach und Rörs
hain. Gerstenberg hat in seinem späteren Leben die
Klöster in Hessen und wahrscheinlich auch Spieß
kappel und Haina besucht, um Geschichtliches und
Reliquien zu sammeln, und ist sicher dann auch
in dieser Gegend gewesen, denn er hat Nachrichten
über die Grafen von Ziegenhain und über das
Kloster Spießkappel niedergeschrieben. Ob seit
dieser Zeit die Berge ihren Namen führen,' wer
will das behaupten und beweisen! — Auch in
Frankenberg war der Name nicht geläufig, das
geht schon daraus hervor, daß man im 16. Jahr
hundert schon Gerstenberger statt Gerstenberg sprach.
Sogar ein Frankenberger, Abraham Sauer(1545 bis
1593), nannte ihn Gerstenberger. Geboren ist er
hier am 1 Mai 1457 Nach vollendetem sech
zehnten Lebensjahre, im Sommersemester 1473,
besuchte er mit noch einem Frankenberger Bürgers
sohn Heinrich Werdenhain die von Hessen sehr
besuchte Universität Erfurt. Vorbereitet zur Hoch
schule hat er sich sicher auf der hiesigen Gelehrten
schule.
(Fortsetzung folgt.)
Die Neuordnung der Kasseler Gemäldegalerie.
Von Ernst Zöllner, Kassel.
Bilder haben ihre Schicksale. Ihre Beweglichkeit
macht sie zum Spielball von tausend Zufälligkeiten.
Höchste Offenbarungen der Kunst sind häufig aus
altem Gerümpel ans Licht gezogen worden und
wurden- dann neben vielen anderen in Museen —
beigesetzt.
Staffeleibilder werden nicht für Sammlungen,
Museen und Galerien, werden überhaupt äußerst
selten für einen bestimmten Platz, einen bestimmten
Hintergrund und bestimmte Beleuchtungsverhältnisse
eines Raumes gemalt. Ihr Los ist ungewiß. Ein
Wandgemälde ist für einen Raum, aus den Bedin
gungen eines Raumes heraus geschaffen. (So sollte
es wenigstens immer sein.) Das Staffeleibild hin
gegen ist zunächst überall ein Fremdkörper. Man
müßte ihm erst seinen Raum bilden den Raum,
der sich nach ihm richtet, der alle Bedingungen er
füllt, die nötig sind, damit das Kunstwerk sein inneres
Leben dem Schauenden in reinster, vollkommenster
Harmonie erschlösse. Auch das ist dageweseu es
ist schon vorgekommen, daß ein Raum eines Bildes
wegen gebaut worden ist. Es gibt viele Meister
werke, die den gleichen Anspruch erheben könnten,
aber freilich — wo sollten wir hinkommen, wenn ?
Das ist die Tragik des Staffeleibildes Die er
habenste, lebendigste Schöpfung eines Rembrandt
hat es aus dieser unvollkommenen Welt nicht balb
so gut wie ein gar nicht erhabener und nur schein
lebendiger Bierphilister, der das Recht hat von
seinem Schneider einen wirklich passenden Rock zu
verlangen.
Bilder werden nicht gemalt, um in Mengen zu
sammenzukommen. Vor einer Ausstellung haben
alle echten Künstler eine mit Angst gemischte Abscheu.
Ausstellung ist Masse, ist Chaos, engste Nachbar
schaft, dichte, peinliche Berührung des Fremden, nie
zu Vereinenden, stets Dissonierenden. Ist es sehr
viel anders in Sammlungen, Museen und Galerien?
Dissonanzen überall > Man ist heute empfindlicher
dafür geworden man spürt hier feinfühlig ein
Problem, und hat den guten Willen, es zu lösen,
ohne es je ganz zu können. Was ich die Tragik
des Staffeleibildes nannte, das ist eben nicht aus
der Welt zu schaffen. Aber einiges läßt sich besser
machen, ist schon verbessert worden. Die Ausstellungs-
Reformen tleisten Grunde zusammen mit