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Vereinigung detaillierter, dem Beschauer ganz naher
Vordergründe mit tiefen Mittelplänen und weiten
Fernen. Zu der malerisch interessanten Dörnberg-
landschast kommt die Studie eines Abhanges im
Tannenwald, den die Lust eines Februartages in
einen eigenartig braunvioletten Ton getaucht hat.
Auch als Zeichner tritt Jeschke hervor, und zwar
mit Zierleisten, in denen er landschaftliche Motive
mit kräftiger Schwarz-Weiß-Wirkung behandelt hat.
Julius Jung erfreut durch eine ganze Serie kleiner,
malerisch sein pointierter Bilder, darunter „Aus
Alt-Wehlheiden" (Bachlaus zwischen Häusern),
„Schweres Gewölk", „Frühnebel" und „Mond
aufgang", ein Bildchen, das bei aller Bescheidenheit
des Motivs und des Formats von reichem poetischen
Zauber ist. Professor Knacksuß gibt eine Fülle
impressionistischer Notizen von seiner letzten Reise
nach Griechenland und Kleinasien. Besonders inter-
essant die von hellleuchtender Lust umspielten
marmornen Säulenstümpfe des Apollotempels zu
Didyma. Von Heinrich Giebel-Marburg sieht
man ein paar gute Freilichtstudien, die allerdings
mehr Wert für den Maler als für das Publikum
haben, von I. Helln er eine kleine, sehr einheitlich
empfundene, in Tempera gemalte Marine Schiffe
im Emdener Außenhafen. Ferner ein Ölgemälde:
Eichsseldischer Schäfer seine Herde an einem Ab
hange weidend. Die Gestalt des Hirten steht als
dunkle Silhouette kontrastierend gegen den hellen
Ton des Hügels, mit dem die Tieckörper farbig
zusammengehen. Mit Zeichnungen und graphischen
Arbeiten tritt Professor Wagner aus zwei Knaben
porträts, akademisch sorgfältig mit dem Silberstift
gezeichnet, dann farbig lithographierte Tierstücke,
zwei in der Bewegung des Fressens und Leckens
charakteristisch erfaßte Pumas, schließlich ein paar
ausdrucksvolle Baumstudien und zwei sehr liebens
würdige, anmutige Tuschzeichnungen Stare und
Amseln auf Baumzweigen sitzend, an denen der
Frühling eben die ersten Blattknospen sprengte.
H. Gras-Weimar bringt ein in altmeisterlicher glatter
Technik gemaltes Jnterieurstück „Sofaecke", untadelig
in der Zeichnung und in der Abstufung toniger Werte.
Mit den Problemen der Wirkungen künstlichen
Lichtes in Jnnenräumen beschäftigten sich erfolgreich
zwei talentvolle Mitglieder des Vereins: Karl
Geist-Kassel und H. Psorr-Laudenbach. Bei
beiden tritt gleichzeitig eine gewisse Neigung zum
alten anekdotischen Genre hervor. Siehe Pforrs
„Bauernstube am Abeud" (Männer und Frauen
mit lächelnden Gesichtern bei Lampenlicht um einen
Tisch gruppiert), Geists „Guter Tropfen" (ein
durstiger Musikant deutet mit dem Finger auf sein
Glas). Arthur Ahnert ist mit einer Wiederholung
seiner bekannten großen figürlichen Komposition
„Tischgebet" vertreten, der Lehrer an der Kunst
gewerbeschule Gustav Wittig mit Studien und
dekorativen Entwürfen, die zumeist nicht neu sind,
Arno Weber mit einigen hübschen Studien blü
hender Bäume und einem bemalten Wandschirm.
Zum Schluß erwähne ich noch eine Ansicht der
französischen Kirche von Th. Matthei und die
Aquarelle von Professor Woite.
Die Plastik hat nur drei Vertreter aus der Aus
stellung :
Professor Karl Bernewitz, dessen Porträt
statuette eines sitzenden Knaben sich dank ihrer ge
schlossenen, klaren Silhouette vorzüglich zur Aus
führung im Stein eignen müßte, Fritz Cauer-Düssel-
dorf, dessen sormenstrenges Relief „Luise Cauer"
besonders für sein Talent spricht, endlich Ottilie
Schäfer-Frankfurt, deren Bronzestatuette „Tan
zendes Mädchen" (Akt) einen erfreulichen Fortschritt
gegenüber den Arbeiten bedeutet, mit denen sie hier
vor einigen Jahren zum ersten Male an die Öffent
lichkeit getreten war.
Immaculata.
Von B. Moriton-v. Mellenthin, Kassel.
Der junge, deutsche Maler betrat San Marcos
alt-ehrwürdige prunkvolle Hallen. Schaurig süße
Dämmerung umfing ihn, wie ein golddurchwobener
Schleier lag sie über den hohen, schlanken Sälilen,
über den zahllosen Statuen, über dem reichen Bilder
schmuck der Wände. Farben und Formen flössen
weich ineinander über, verschwammen in bräunlich
sattem Flimmern. Leichte Weihrauchwölkchen drangen
betäubend, sonderbar beklemmend auf ihn ein. Kühl
war es hier nach der Mittagshitze draußen, die schwer
und schwül über den Häusern brütete.
Diese Kühle, Grabeskühle, dieser feierliche, läh
mende Weihrauchdust, diese dumpfe Stille, es ge
mahnte ihn plötzlich an Vergehen, an Sterben, an
Vermodern. Tot all diese Heiligen aus den Altären,
tot seit vielen Jahrhunderten! Tot — wie die
ganze zauberhaft schöne Stadt.
B6lla Venezia! Eine Königin, eine strahlende,
sieghafte Herrscherin einst! Doch wo blieb ihre
Krone, wo blieb ihr Thron? Verbrannt das Goldene
Buch mit seinen klangvollen Namen, ihre Träger
tot, ausgelöscht aus dem Buche des Lebens! Nur