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die Düffeldorser Akademie auf, wo aber Schadow
für die Begabung des jungen Künstlers kein Ver-
ständnis hatte, so daß dieser die Akademie nach
kaum drei Jahren wieder verließ. Er faßte den
Plan, zunächst aus dem Lande nach der Natur zu
malen. Ein Genrebild des Düsseldorfers Dielmann,
das Willingshäuser Bauernmädchen in einer Schmiede
darstellte, und auch der Rat des damals sehr ge
schätzten Bauernmalers Becker in Frankfurt ver-
anlaßten ihn, 1848 nach Willingshausen überzusiedeln,
wo er ein halbes Jahr hindurch zahlreiche Studien
nach dem Leben malte. Mit seinem ersten figuren-
reichen Gemälde, dem „Bauerntanz unter der Linde",
trat er bereits 1849 in Düsseldorf hervor und erregte
damit größtes Aufsehen. Wenige Jahre später, im
September 1852, machte ein weiteres Bild, „Leichen
begängnis im Walde", auf der großen akademischen
Kunstausstellung zu Berlin starken Eindruck und machte
ihn zum berühmten Manne. Knaus ging nun nach
Paris, wo er acht Jahre lang neue Eindrücke sammelte
und nach seinen mitgebrachten Studienmappen eine
Reihe bedeutender Gemälde schuf. Sein „Morgen
nach der Kirmes", den er 1853 im „Salon"
ausstellte, wurde ein bewundertes Stück der Aus
stellung. Wie sehr Knaus von den Franzosen, auf
deren Kunst er seinerzeit auch nachhaltigen Einfluß
ausübte, bewundert wurde, mag ein Wort des da
mals (1855) einflußreichen Kritikers Edmond About
zeigen „Tont le talent de l’Allemagne est contenu
dans la personne de M. Knaus. L’Allemagne
habite donc rue de l’Arcade k Paris.“ Von Paris
kehrte der bereits weltberühmte Meister, um dessen
Skizzen man sich riß, nach Wiesbaden zurück; 1862
siedelte er nach Berlin und von dort 1867 nach
Düffeldorf über, wo er sich ein Heim baute. Im
Jahre 1874 wurde ihm ein Meisteratelier der re
organisierten Berliner Kunstakademie übertragen.
Schon nach wenigen Jahren gab er dieses Amt
wieder auf, blieb aber fortab dauernd in Berlin,
wo er denn auch durch Herzschlag aus dem Leben
schied. Keine Krankheit verdüsterte seine letzten
Tage. Noch vor vier Wochen schrieb er Herrn
Metropolitan Riebeling in Kassel, daß seine Schaffens
freudigkeit jetzt größer sei als in den letzten Jahren,
und so hat er denn auch noch am Vormittag seines
Todestages in seinem Atelier besonders fleißig ge
arbeitet. Groß waren die Ehren, die noch dem
Verstorbenen zu Teil wurden. Nach einer erhebenden
Trauerfeier in der Akademie der bildenden Künste
bewegte sich ein langer Trauerzug durch das (sonst
nur der kaiserlichen Familie vorbehaltene) Haupt
portal des Brandenburger Tores nach Dahlem, bei
dessen alter Kirche der Meister beigesetzt zu werden
gewünscht hatte. Um halb vier Uhr begann die
Glocke der kleinen Dorskirche zu läuten. Gleich
zeitig sah man im grauen Dezember rote Feuer
aufblitzen. Die Studierenden der Kunsthochschule
zogen, in wallende schwarze Staubmäntel gehüllt,
mit lodernden Pechfackeln langsam in den Friedhof
ein und nahmen an der Wand im Hintergrund des
Grabes, deren Pfeiler weithin leuchtende Fanale
trugen, in langer Reihe Aufstellung. Der schwere
dunkle Rauch der Fackeln und Leuchtfeuer verfinsterte
den trüben Tag noch mehr, so daß es hier, im
gespenstischen Feuerschein am offenen Grabe, schon
Abend geworden war, während es drüben, vor der
Kirche, erst zu dämmern begann. —
Das Genrebild ist durch die Schuld zahlreicher
nüchterner und handwerksmäßiger Vertreter dieser
Gattung in Mißkredit gekommen. Wir fragen heute
mehr nach dem „wie" als nach dem „was" der
Darstellung. Knaus wußte beides meisterhaft zu
vereinen. Der bei ihm fast durchweg klar aus
geführte dramatische Gedanke war es, der die Massen
anzog, während sein technisches Können, die vollendete
Ausführung des Details auch den Fachgenoffen
imponierte. Mit sicherem Blick hat er frühzeitig
sein Können richtig eingeschätzt. Wie sein Kunst-
genoffe Adriaen van Ostade, deffen 400. Geburts
tag drei Tage vor Knaus’ Hinscheiden in Haarlem
festlich begangen wurde und von dem auch unsere
Kasseler Galerie drei prächtige Stücke besitzt, hat
er der Wiedergabe des Bauernlebens einen großen
Teil seiner schöpferischen Kraft gewidmet. „Dem
von mir hochverehrten großen Meister, deffen seines
Empfinden für die Volks- und Kinderseele seinen
Werken ein so herzgewinnendes Gepräge gibt und
dessen Kunst das deutsche Gemüt allezeit sympathisch
berühren wird, werde ich mit dem deutschen Volke
stets ein freundliches und dankbares Andenken be
wahren." So schrieb der deutsche Kaiser der Witwe
des Verstorbenen und gab damit auch dem Empfinden
des Volkes Ausdruck.
Daß des Meisters Ruhm mittelbar und unmittel'
bar seinen Ausgang von Willingshausen nahm, ist
uns Heffen eine besondere Freude. Im Sommer
1909, kurz vor seinem 80. Geburtstag, an dem er
auch zum Ehrendoktor der Universität Marburg
ernannt wurde, schrieb Knaus selbst der Willings
häuser Künstlerchronik einen Beitrag, aus dem
folgendes hergesetzt fei;
„Es war um das Jahr 1848, als ich in Düsieldorf
die Akademie verließ, die ich seit 1845 besucht hatte. In
der Schar der jüngeren Künstler war in dieser Zeit, als
alles drunter und drüber ging, eine allgemeine Halt- und
Ratlosigkeit eingeristen; gemalt wurde nicht mehr, alles
Kunstintereste war verschwunden. Ich verkehrte damals viel
mit meinem Freunde Adolf Schreyer aus Frankfurt a. M..
und wir beide kamen eines Tages überein, aus Düsteldorf
zu flüchten und nach dem Vorgänge Jak. Beckers und
Dielmanns eine Studienfahrt nach der Schwalm zu unter
nehmen. Wir schoben mit unseren bepackten Ranzen von