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1641 lagen die Kaiserlichen auf Amöneburg, das
sie sam 10. Novembers 1640 eingenommen hatten,
3 Fähnlein Fußvolk stark, die mußte die Um
gegend erhalten, Stausebach allein 120 Rtlr. zahlen
und sie speisen. Was an Vieh noch vorhanden
war, wurde von den Soldaten verzehrt, auch nach
Ziegenhain mußte Kontribution gezahlt werden zum
Schutz vor Plünderung; man löste immer für
3 Monate einen schriftlichen Schutzschein. Dazu
war 1641 ein schlimmes Mäusejahr, kaum das
zur Saat nötige Getreide wurde geerntet. Preis
erwähnt eine Art von Mäusen, die so groß waren,
daß ein Hund Not hatte, eine totzubeißen (offen
bar Hamster). Wegen rückständiger Pacht wurde
Preis nach Marburg vor den Superintendenten
vorgeladen. Er schilderte in einer Eingabe seine
Verhältnisse, daß er nicht einmal selbst Brot habe,
und es wurde ihm darauf bis auf 160 Mött Hafer
und Korn Nachlaß gewährt. 1639 hatte er zwei
Wagen voll Kraut nach Marburg gefahren und
dafür 18 Rtlr. gelöst, 1640 zwei Wagen für
15 Rtlr., und 1641 einen Wagen für 10 1 /« Rtlr.
1640 ließ er auch seinen Fischteich reinigen und
setzte 350 Karpfen hinein, die Kaiserlichen fischten
sie ihm aber alle heraus. 1641 stieg die Not so
hoch, daß man das Brot in Gießen kaufen mußte,
denn in der Festung waren einige Vorräte gerettet
worden. 1642 konnte man selbst dort nichts mehr
erhalten und die Leute mußten sich Brot aus Frank
furt holen. Dazu war die Witterung so ungünstig,
daß im ganzen Mai nur drei Nächte ohne Frost
waren, auch im ganzen Monat kein Tropfen Regen
fiel. Doch hatte Preis in diesem Jahre wieder
1 Pferd, 2 Stiere, 1 Kuh, 3 Schweine, 1 Hahn
und 2 Hühner angeschafft.
lFortsetzung folgt.)
Der Rückzug der Franzosen nach -er 'Schlacht bet Leipzig
und die -Schlacht bei Hanau.
Nach mündlichen Mitteilungen von Zeitgenossen und sonstigen Quellen
verfaßt von Friedrich Wilhelm Schmidt.
lFortsetzung.)
In Gelnhausen kamen schon am 26. Ok
tober kleinere Teile der französischen Armee mit
sehr vielen Kranken, Verwundeten rc. an, denen
ant 27. und 28. Oktober größere Massen in ge
schlossenen und aufgelösten Verbänden mit Fuhr
werken aller Art folgten. Schonungslos drangen
die von Hunger, Durst und Frost gequälten
Leute in die Häuser und nahmen mit Gewalt,
was ihnen nicht freiwillig gegeben wurde; auch
zeigten sie im übrigen ein unverschämtes Be
nehmen, wobei sich namentlich Italiener und
Elsässer hervortaten. Diese Zustände währten aber
nur bis zum 28. Oktober nachmittags 3 Uhr.
Um diese Zeit kamen 8 Kosaken in vollem Galopp
mit eingelegten Lanzen auf dem Marktplatz, vom
lebhaften Jubel der Bürger begrüßt, an, denen
alsbald größere Haufen dieser flinken Reiter folgten.
Die Stadt war noch voll von Franzosen, kaum
hatten diese das „Hurra!" und den Ruf „Kosak!"
vernommen, so eilten sie in wilder Flucht nach
dem Hanauer Tor. Vergeblich suchten die Offiziere
sie in der Hauptstraße aufzuhalten und zu sammeln.
Mittlerweile kam auch das ganze Tschernischeffsche
Korps an, verfolgte die Franzosen und machte
eine große Zahl zu Gefangenen. Von diesem
Korps blieben etwa 2000 Mann in Gelnhausen,
während der bei weitem größere Rest an der
Liebloser Landstraße biwakierte. Die auf den
28. Oktober folgende Nacht sollte aber nicht ohne
weitere Bedrängung der Bürger vorübergehen. Der
Hetman der Kosaken verlangte plötzlich von der
Stadt zahlreiche Arbeiter, um vor dem Haitzer
Tor und bei der Papiermühle Schanzen auszu
werfen. Durch die Sturmglocke wurden die Bürger
versammelt, von Kosaken an die Arbeitsstellen ge
führt und dort in dunkler Nacht zur Arbeit ge
zwungen. Diese Nacht war für die Bürger eine
schreckliche im wahren Sinne des Wortes, fie
wurden streng zur ungewohnten Arbeit angehalten.
Einer der Bürger, der sich solche Behandlung nicht
gefallen lassen wollte und Miene machte, fich von
der Arbeitsstelle zu entfernen, wurde zum Ent
setzen der übrigen von einem Kosaken nieder
gestochen. Mit Anbruch des Tages verließen die
Kosaken Gelnhausen in der Richtung nach Hanau.
Den Wunsch „Auf Wiedersehen" hat man
ihnen nicht nachgerufen.
Bei den nun folgenden Ereignissen kommt auch,
und nicht in letzter Linie, das Korps des
bayerischen Generals Grasen Wrede in Be
tracht. Deffen aus 24 750 Österreichern und
31600 Bayern zusammengesetzte Truppe wurde
vom 15. Oktober ab, also 7 Tage nach Abschluß
des bereits erwähnten Rieder Vertrages, dergestalt
in Eilmärschen*) geführt, daß das nächste Ziel,
*) Die Truppe legte auf zumeist schlechten Wegen in
8 Tagen die beträchtliche Strecke von etwa 300 km zurück.