S«SL> 319
tat. Selbstverständlich nahm der Hauptmann, wie
auch sein Nachfrager, der weniger schonend mit den
Untertanen der mainzischen Ämter umging, Kon
tribution. Am 23. Mai versuchten 800 Reiter
und 200 Fußsoldaten der Kaiserlichen einen Über
fall auf die 6 Kompagnien Schweden in Kirch
hain. Preis war einem kaiserlichen Oberstleutnant
in die Hände gefallen, der ihn festhielt und sich
von ihm führen ließ, bis er im Dunkel der Nacht
entwischen konnte. Die Kaiserlichen sprengten zwei
Lore. doch hielten die Gatter hinter diesen stand,
und da keine Leitern und Geschütze zur Stelle
waren, mußten die Angreifer unverrichteter Dinge
abziehen; sie hatten drei Mann verloren, die
Schweden zwei. Die Schweden zogen dann fort,
aber am 28. Juni kamen neue Schweden und
wollten Kirchhain plündern, jedoch die Kirchhainer
Bürger wehrten sie ab. Sie zogen dann, 300 Reiter
stark, nach Rauschenberg sbas am 30. September
1639 schon einmal von den Schweden erobert und
geplündert war^, das furchtbar mißhandelt wurde.
In Rauschenberg hatten viele hessische Dörfer der
Umgegend alles Vieh und Vermögen geborgen,
alles das ging jetzt verloren. Mit ihrer Beute
zogen die Schweden dann nach Niederhessen und
verkauften dort das Vieh. Besonders schlimm war
es den Mädchen und Frauen ergangen. Preis
selbst verlor in jenen Tagen 3 Pferde und ein
Füllen, er beziffert seinen Verlust der letzten vier
Jahre aus 12 Pferde und 2 Stiere. Auch die
Kontribution nach Amöneburg war nicht gering,
alle 10 Tage mußte er einen Rtlr. geben. Darnach
lagerten die Kaiserlichen 4 Wochen bei Fritzlar,
die Schweden bei Wildungen; von da aus wurde
das Land, einerlei ob niederhessisch, darmstädtisch
oder mainzisch, von beiden Parteien ausgeplündert.
So kamen eines Tages noch 4000 Schweden nach
Stausebach und fingen an, das gerade geschnittene,
auf Haufen stehende Korn zu.dreschen. Sie nahmen
auch alles Heu, Kraut aus den Gärten, Äpfel und
Birnen von den Bäumen mit, ja sie zwangen die
unglücklichen Einwohner, ihnen das Getreide selbst
ins Lager zu tragen. 2 Tage später wollte Preis
den Flachs abernten lasien und hatte dazu von
der Amöneburg 16 Frauen bestellt; währenddeffen
hielt der Schullehrer auf dem Kirchturm Wache.
Inzwischen steckten Soldaten die Schönbacher Mühle
in Brand, in der einige der ihrigen ermordet
waren, zogen aber dann weiter. Bald nachher
kamen aus der Richtung von Himmelsberg Reiter,
vor denen sich die Leute in die gänzlich verwüsteten
Häuser des Dorfes flüchteten. Nun wurde alles,
was noch da war, gedroschen und fortgeschleppt.
Die Weiber konnten sich glücklich bis zum Abend
verstecken und unter dem Schutz der Dunkelheit
nach Amöneburg und Kirchhain gelangen. Preis
selbst wurde entdeckt, ganz ausgeplündert und liegen
gelassen, er verbarg sich schnell wieder, aber sein
Knecht mußte dreschen und die Frucht bis Rauschen-
berg tragen. Sogar Erbsen auf dem Acker und
Holzäpfel nahmen sie mit, in 2 Stunden war
alles dahin. Um die Zeit der Kirchweih war
Preis ganz allein im Dorf und hat 5 Nächte
lang keinen Menschen dort gewußt noch gesehen,
alle waren nach Amöneburg oder Kirchhain ge.
flüchtet, wo sie so eng zusammengedrängt waren,
daß sie fich in den Häusern kaum bewegen konnten.
Als Kirchweihschmaus schickte ihm seine Frau
Gerstenbrei von der Amöneburg, der kam aber
kalt an, und im ganzen Dorf war kein Feuer, ihn
zu wärmen. Während er ihn vor seiner Haus
türe aß, hielt das Dienstmädchen auf dem Turm
Wache. Der Verfasser bringt es mit einer Art
Galgenhumor fertig, Vergleiche zwischen dem Laufen
und Springen auf Kirchweih einst und jetzt zu
ziehen. Sonst waren Spielleute da, diesmal ließen
die Reiter die Leute springen. Bald darnach
wollten 4000 Mann Kirchhain erobern und plün-
dern; die Kirchhainer, von den flüchtigen Bauern
unterstützt, wehrten sich aber tapfer und schlugen
zwei Stürme ab; am Waldrand verborgen hat unser
Gewährsmann den Kampf mit angesehen. Gegen
Martini kamen die Kaiserlichen wieder nach Kirch»
Hain, der Erzherzog ^Leopolds von Österreich, viel
Fürsten und Grafen, General Pickolomini und
der Deutschordensmeister hatten da ihr Haupt
quartier. Obwohl sie als Freunde kamen, ging
es der Gegend doch sehr übel; in Stausebach lagen
16 Tage lang 20 Fähnlein Fußvolk. Die hieben
alle Obstbäume ab, der Verfasser verlor 70 trag
bare Bäume, das ganze Dorf 500. Auch nachdem
sie abgezogen waren, schliefen aus Angst vor Plünde
rung die Einwohner oft nicht in ihren Häusern,
sondern brachten die Nacht auf dem Kirchturm
oder in alten zerfallenen Gebäuden zu, von jedem
Klappern der Schiefer, dem Rauschen eines Blattes
geängstigt. Der Not folgte eine den Leuten un
bekannte Krankheit, die entsetzlich ausräumte; einige
Dörfer starben ganz aus, Preis mit Weib und
Knecht wurde auch krank, sie erholten sich aber
wieder. Im Jahre 1640 verlor Preis an Frucht
über 600 Rtlr, konnte auch im Herbst nicht aus
säen, weil man des Feindes wegen kern Vieh ins
Dorf bringen durfte. Da spannte er sich selbst
mit Knecht und Jungen vor den Pflug und die
Egge und säete wenigstens etwas aus. Morgens,
wenn sie weggingen, verbargen sie aber erst ihre
Schuhe im Mist. damit sie ihnen nicht von Soldaten
abgenommen wurden. Auch diese Truppen verübten
zahlreiche Greueltaten an Weibern und Mädchen.