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den Häusern, keine Tore, keine Zäune vorhanden
waren.
Nach diesen Bemerkungen über sich und seine
Familie fährt der Verfasser wörtlich fort: „In
der Zeit war gar ein Schlächte vnd viel betrübte
Zeit von wegen des Krigs Im landt.... Ich
wil Ein wenig bericht thun wegen des blutigen
Krigs nach meinem bäuerischen verstaubt Vndt
was ich Selbst mit meinen Augen habe gesehen
Vnd an der that mit Schmertzen er fahren habe.
Die Reichs fürsten Vnd dan auch die Reichs Städte
die stellen in der Zeit ab von Ihrer Kayserlichen
Maystätt und wider Sätzten Sich Ihm Vndt
hotteten zu Ihrer Hulff vnd Ihrem bystandt
wider den Kayser Vnd deren die Im an hingen
Einen König aus Schweden mit Viellem Volk
Vnd zog In die Länder die Es Mit Kayserlicher
Maystätt halten die selbe Nahmen Sie ein be-
raubeten vnd plunterten die selbig Nach ihrem
Gefallen. Dan Es war von vnserm Herrgott gar
Eine große Straff vbers Deuschlandt ge Schicket
wegen vnserer Sünden Vnd es ging Ihnen glück
lich von handt. Es liess dem Schweden Alle welt
zu Vnd wollen den Kayßer ver jagen vnd alle
die es mit Jme hileten so war Vnser G. Herr
Der Churfürst vff des Kaysers Seytten vnd mußten
wir Seine arme Unterthanen gar Schätlich her
halten dan der Landgraf von Cassel der hielt es
mit den Schweden vnd war vns arme leuten gar
vill zu Nahe mit Seinem landt vnd der vestung
Ziegenhain. Die thäten Vns das hertzen leydt
an wie Du fromes christliches Hertz noch wohl
vernehmen wirst . . Es war gar eine
betrübte Zeit zu dem Mal. Es durfft Sich Kein
Mensch blicken Noch Sehen lasen dan Es war
Innen Ein Mensch zu achten gar gering. Wen
Sie Antroffen bracht er sein leben daruon So
war es ein wunder. Die leuth mußten sich in
den Städtten vff halten wie Sie auch konnten
oder mochten. Ach wie manche Ehfrauw Vnd
Jungfrawen wurden geschendt wivil leuth vmbs
leben gebracht."
Preis stellte aus, erntete aber nichts, da die
Niederhessen und Schweden auf dem Hinzuge zur
Befreiung Hanaus und dem Rückwege von da
alles abmähten. Vier Reiterregimenter lagen sechs
Tage lang im Dorf; die meisten Einwohner, be
sonders Frauen und Mädchen, hatten sich in die
Nachbarstädte geflüchtet, aber alles Vieh wurde
weggetrieben, auch die Glocken wurden aus der
Kirche geraubt und die Kirche sehr verwüstet.
1637 wurde das Dorf von der niederhessischen
Besatzung von Ziegenhain siebenmal ausgeplündert;
die Bauern besaßen insgesamt noch 5 Kühe und
3 Schweine, die sie nach Kirchhain geflüchtet
> hatten, im ganzen Dorf war nicht Hahn noch
Huhn zu finden, die Einwohner selbst wurden
öfters gefangen genommen, weggeschleppt und mußten
sich loskaufen. Die Teuerung wurde so groß, daß
ein Mött Korn (— 1 1 /a Ztr.) 6, Weizen 8 und
Erbsen 8 Reichstaler und ein kleiner Laib Brot
1 Kopfstück (= 18—20 Kreuzer, V« Taler)
kosteten. Gegen Ende des Jahres wurde es besser,
es gab Korn zu kaufen. Unser Chronist hatte
2 Kühe gerettet, die standen in Kirchhain, be
kamen das Futter von Stausebach aus hingetragen
und gingen mit dem städtischen Vieh auf die Weide.
1638 war Ruhe, ebenso 1639, so daß die Leute
wieder anfingen auszustellen und die nötigste
Nahrung zogen, auch die schwere, andauernde
Kontribution bezahlen konnten?)
1640 * *) kamen die Truppen, die der Herzog
Bernhard v. Weimar geführt hatte, ins Land,
24 Regimenter stark, zu Roß und zu Fuß, die
nahmen alles Vieh in den Städten und Dörfern
um Marburg weg. Marburg selbst nahmen sie
nicht ein?) Als die Truppen wegzogen, blieb ein
Oberstleutnant in Kirchhain, um ein Regiment
zu werben. Die Angeworbenen bedrückten die
Bürger so sehr, daß viele auswanderten. Damals
lag ein niederhessischer Hauptmann auf der 1636
eroberten Amöneburg, der sich der Dörfer der
Umgegend freundlich annahm und vom Verfaffer
der Chronik sehr gelobt wird. Stausebach bekam
5 Soldaten zum Schutz und die 3 Nachbardörfer
Anzefahr, Himmelsberg und Sindersfeld mußten
ihr Vieh und ihre Habe auch dahin bringen, die
Betziesdörfer retteten ihre Schafherde dahin. Stause
bach selbst wurde dann mit Zäunen und tiefen
Gräben verwehrt und die Gassen mit langen
Bäumen, die von einem Haus zum andern reichten,
gesperrt. Oft kamen kleinere Abteilungen von
Kriegsvölkern, um zu fouragieren, die Soldaten
und Bauern hielten aber gute Wacht, auch die
letzteren waren mit Büchsen versehen. Gegen
stärkere Abteilungen hatten sie einen Doppelhaten
bekommen, der auf dem Kirchturm aufgestellt war;
so wurde die Besatzung der Amöneburg durch
einen Signalschuß benachrichtigt, wenn Hilfe not
') Der Verfasser behauptet 1638 und 39 einen Waffen
stillstand zwischen Schweden und dem Kaiser, die Geschichte
kennt aber nur einen solchen zwischen Hessen-Kassel. Darm
stadt und den» Kaiser; zu dem Irrtum mag die Tatsache
Anlaß gegeben haben, daß in dem Jahre die Schweden
meist im Norden Deutschlands standen und in der Gegend
nicht erschienen.
*) Die einzelnen Ereignisse der Jahre 1638 —40 sind
offenbar in der Chronik nicht deutlich auseinandergehalten.
*) Eine erhaltene Rechnung lStaatsarchiv Darmstadt,
Konv. 100) berichtet uns aber, daß die Stadt damals
2250 Rtlr. Kontribution zahlen mußte.