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Der Wartmann auf dem Gradberg, der bei
Scherfede liegt, soll als JahreSlohn empfangen
vom Kloster Hardehausen 2 Gulden, von Wille-
badesfen 17a, von Peckelsheim 2, von Großeneder 2,
von Lütgeneder Via, von Eißen 1, von Hohen
wepel 1, von Dössel 7a, von Menne 1, von
Ossendorf 1, von Nörde 7», von Rimbeck 1,
von Scherfede 7-, von Bonenburg 1 /a, von Löwen 1;
dies Geld nimmt der Abt von Hardehausen auf
und zahlt ihm seinen Lohn. Aus der Aufzählung
der zur Leistung eines Beitrags verpflichteten Orte
läßt sich ein ziemlich sicherer Schluß aus die Führung
und Ausdehnung der Wehrlinie ziehen. Man kann
annehmen, daß das große Waldgebiet nördlich der
Diemel zwischen Westheim und Scherfede mit einem
Knick verwahrt war, daran schloß sich im offenen
Gelände an der Diemel die Landwehr von Scherfede
bis Marburg. Wenn man die Lage der beitrags
pflichtigen Orte erwägt, dann sollte sich der Schutz,
den die Warte und die Landwehr boten, etwas
mehr als eine Meile rückwärts erstrecken.
4. Eine Landwehrlinie innerhalb der
Warburger Börde.
Derselbe Erzbischof Dietrich, der die oben an
geführte Urkunde ausstellen ließ, bekundete am
13. Oktober 1429 „also dat vurgs. van borgen-
tryke und borgholtze mit hulpe anderer unses
Landes umme nutzes willen des vurgs. Stiftes
Paderborn eyne tzwyveldige Lantwere gegrauen
hebbet".*) Die Städte Borgentreich und Borg
holz gehören zu den vielen Landstädten im Gebiet
der unteren Diemel, die als Dörfer von mäßiger
Größe ummauert wurden, Stadtrecht erhielten
und dann durch den Einbau zahlreicher benach
barter Anfiedlungen Feldfluren von gewaltigem
Umfang erhielten. Der Urkunde nach soll die
Landwehr beginnen bei der Tückemühle (Zokomolen)
an der Bewer V/a km südöstlich von Borgholz.
Aber schon von einem steinernen Wartturm, der
27- km nördlich von Borgholz und nahe bei
dem Dorfe Rothe steht, zog noch vor einigen
Jahren der Wall am Rand einer tiefen Schlucht
südwärts zur Bewer, er hat dieselbe Abmessung
und Form wie die beschriebene Landwehr bei
Trendelburg. Die ältere preußische Generalstabs
karte (1:80 000 Sektion Brakel) verzeichnet sowohl
hier als auch südlich der Mühle Spuren in einer
Gesamtlänge, von 5 km, während der Wall jetzt
fast allenthalben zerstört ist. Der Urkunde zufolge
ging sie weiter südwärts durch die Marken der
Wüstungen Herbersen und Emerke zum Körbecker
Bruch, dann in westlicher Richtung zwischen Dinkel
burg und Rösebeck zum Egelbach, wie die alte
*) Zeitschr. f. Wests. Gesch. 39' S. 178 Anl. 2.
Landwehr verlausen wäre. Falls sie nicht etwa
auch hier verlängert worden ist, wie das im Norden
nachgewiesen werden kann, betrug ihre Länge im
ganzen rund 15 km. Die beiden besonders stark
gebauten Warten, von denen die eine auf dem
Spiegelsberg bei Bühne, die andere am Aalberg
zwischen Körbecke und Rösebeck stehen sollte, sind
nicht erhalten; im 18. Jahrhundert muß aber
die Ruine der ersteren noch gestanden haben, denn
bei ihr sollte sich der Troß der alliierten Armee
aufstellen, als Herzog Ferdinand am 24. Juni
1762 die Diemel überschritt, um die Franzosen
bei Grebenstein anzugreifen. In der Urkunde ver
fügte der Erzbischof ferner, daß jede Verlängerung
oder Verstärkung der Wehranlage von seiner Ge
nehmigung abhängen solle.
II. 'ötadtlandwehren.
1. Die Wehrlinien um Hofgeismar.*)
Als Hessen im späteren Mittelalter das Erzstift
Mainz im Diemellande Schritt um Schritt zurück
gedrängt hatte, war die Stadt Hofgeismar mit
ihrer Schutzburg, dem Schöneberg, endlich so ziemlich
isoliert. -Das war Grund genug für sie, sich möglichst
zu befestigen und besonders auch die Feldmark durch
ein System von Wehrlinien zu verwahren. Eine
Urkunde über ihre Errichtung liegt nicht vor, indes
ist nicht nur sicher, daß sie von der Genehmigung
des Stadtherrn abhing, sondern es ist auch wahr
scheinlich, daß dieser im eigenen Interesse dazu
mithalf, daß seine Stadt befestigt würde.
Bei der beständigen, unerträglichen Unsicherheit,
die allenthalben auf dem Platten Lande und ins
besondere in der Umgebung der festen Plätze herrschte,
ging von den zahlreichen kleinen Dorfsiedelungen,
die zum Amtsbezirk gehörten, eine nach der andern
aus. Ihre Bewohner zogen sich hinter den Schutz
der Stadtmauern zurück, sie blieben zunächst in
ihrem seitherigen Stande und schloffen sich als
Feldgenossen zu Körperschaften zusammen, deren
gründlich umgewandelte Reste sich bis auf den
heutigen Tag unter dem Namen der Meierschaften
erhalten haben.* **) Und die gleichen Verhältnisse
zeitigten sowohl im hessischen als im westfälischen
Teile unsereres Gebiets dieselben oder doch ähnliche
Erscheinungen, denn nicht nur in Hofgeismar und
Zierenberg, sondern auch in Borgentreich, Brakel
und in andern Orten gibt es jetzt noch Sonder
gemeinschaften von jener Art. Allmählich wurden
auch diese Beiwohner Bürger, so daß sich an ihnen
die Wahrheit des Wortes bewährte: Bürger und
Bauer scheidet nichts als die Mauer.
*1 Dgl. die Skizze in Nr. 17.
**) Vgl. den Aufsatz des Verfassers im .Hessenland" 1907
Nr. 16 u. 17.