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und Unteroffizier Seume so menschenfreundlich
begegnet, daß er es selbst gern erzählt uüd hervor
hebt. Nirgends begegnete er bei den Hessen Zwang
oder roher Gewalt, und wir fragen vergeblich nach
dem Grunde, daß er von dem Landesfürsten, unter
dem er dienen und vorwärts kommen wollte, so
verächtlich gesprochen hat.
Und daß dieser Fürst in keiner Weise die von
Seume angewandten Bezeichnungen verdient, daß
er im Gegenteil menschenfreundlich für diejenigen
zu sorgen bemüht war, die sich von seinen Werbern
hatten anwerben lassen, um in seiner Armee zu
dienen, davon habe ich in meinem Vortrag mehrere
Beispiele anführen können. Es läßt sich also gewiß
mit Recht behaupten, daß Seumes Selbstbiographie
als Wahrheit und Dichtung aufgefaßt werden
muß und daß er durchaus keinen Grund hatte,
die hesfische Volks- und Fürstenehre in eine so üble
Nachrede zu bringen.
Man möchte ihm als Dichter gern mildernde
Umstände zubilligen, man möchte ihn damit ent
schuldigen, daß man sagt, er hat nicht überlegt, was
er geschrieben und nicht geahnt, wie schmerzlich
er diejenigen verletzen würbe, bei denen er seine
Rekrutenzeit verlebte, wenn nicht das, was er
gegen Hessen ausgesprochen, unbedacht von so
vielen unbefugten Nachbetern wie ein Evangelium
angesehen würde, das man immer weiter verbreiten
müßte.
Der Gipfel der Geschmacklosigkeit in dieser Be
ziehung wurde vor einigen Jahren erstiegen, als
bei Gelegenheit einer Tagung des Rhönklubs in
Vacha der Vorschlag gemacht wurde, dort eine
Erz- oder Marmortasel anzubringen mit der
Inschrift: „Hier fiel der Dichter Johann Gott
fried Seume im Jahre 1776 hessischen Werbern
in die Hände!" — „ 17 7 6" ist wirklich sehr gut!
Aber auch 1782 ist er ihnen nicht in die Hände
gefallen, sondern er hat sich als entlaufener Student
für den Krieg in Amerika von ihnen anwerben
lassen!
-4»-«-
Gesang Der Geister«
(Dm Grab« einer «Dien Frau.)
Dulderin, hehre.
Sei uns willkommen,
erdenschwere
Sei dir genommen,
fttherklsrheit
Soll dich umwallen.
Letzte Wahrheit
öffnet die hallen.
Dir, der verklärten,
herrlich Dewährten
Singen die Sphären
preisende Lieder,
Die du verloren,
Lrützen dich wieder.
Sonnen versprühen,
Steme zersplittern.
Doch wir Leister
Kennen kein Zittem,
Kennen im donnemden
Wellengelriede
Dur die versöhnende
Dllmacht der Liebe.
Lächelnd riefst du
Dem holden Wesen,
6 i e ft e n.
Dir zu währender
Wonne erlesen.
Diso entschliefst du
Und dein letztes
verhauchendes Leben
war ein letztes
Liedegeben.
Schwester, du hehre.
Sei uns willkommen,
Lrdenschwere
Sei dir genommen.
Wandel und Wunder
ln ewigen Kreisen
ein unnennbar Dasein
verhelften.
Dimmer Seahntes
wird dir geschehen,
Dber das höchste
wirst du verschmähen.
Darfst du die leuren.
Die du oeriaffen.
Fürder nicht schirmend
Und liebend umfaffen.
ln unendlich
Welten Dezirken,
höher und höher
Duf Demantstufen
List du zu neuem
wirken berufen,
heil dir, erlöste!
Daß dich die frohe
Dotschast getröste:
Dähe und Ferne
Zeitlos verschwelten,
erdwärts verspüren fle
immer dein Weden,
Fühlen dich immer
wie lebenskräftig
Sorgend und liebend
Um stch geschäftig.
Sonne versprühen,
Sterne zersplittern.
Doch wir Leister
Kennen kein Zittem,
Kennen im donnernden
weliengetrlede
Dur die versöhnende
Diimacht der Liede!
Difred Dock.