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Allerdings läßt sich nicht leugnen, daß Friedrich
Wilhelm infolge mancher verbitternder Lebens
erfahrungen dazu gekommen war, den Grundsatz
zu befoigen und auch gelegentlich offen auszu
sprechen, er wolle lieber gefürchtet als geliebt fein.
Mit diesem Grundsatz war denn freilich eine
öffentliche Bethätigung von Liebenswürdigkeit und
Wohlwollen nicht vereinbar. Die in häufige
nähere Berührung mit dem Monarchen kommen
den Personen, wie Minister, Hofchargen, Adjutanten
konnten aber ans ihren Erfahrungen immer mir
bezeugen, daß ihnen der allerhöchste Herr regel
mäßig höflich und rücksichtsvoll begegnete und
daß er es keineswegs an Beweisen freundlichen
Wohlwollens fehlen ließ. Aus eigener, allerdings
nur einjähriger Erfahrung als Generalsekretär
des Gesamt-Staatsministeriums, als welcher ich
mit den Funktionen eines Kabinetsrats betraut
war, kann ich selbst das nur vollauf bestätigen.
Der vorhinnige Geh. Legationsrat, frühere
Geh. Kabinetsrat von Goeddaeus hat in
seiner kleinen Schrift „Aus dem Leben des Kur
fürsten Friedrich Wilhelm von Hessen" eine ganze
Reihe von Belegen mitgeteilt für die Gewissen
haftigkeit und Menschlichkeit Friedrich Wilhelms
bei Führung seiner Regierung, für seine Mild
thätigkeit und Freigebigkeit, für seine Fähigkeit,
sich liebenswürdig und gütig zu erweisen. Ich
mochte diesen Mitteilungen einiges aus meinen
eigenen Erlebnissen und Erinnerungen hinzufügen.
(Schluß folgt.)
—
Das Beuerholz.
Ein Beitrag zur Geschichte der hessischen Markgenossenschaften.
Bon Dr. Fenge.
(Schluß.)
TIls im Jahre 1607 die herrschaftlichen Förster
der benachbarten fürstlichen Reviere Kessel und
Quiller den Bewohnern von Hilgershausen und Mel
sungen gestattet hatten, im Markwalde Holz zu
hauen, Kühe und Schafe auf die Hute, die Schweiue
in die Eichelmast zu treiben, da beschwerte sich über
diese Besitzstörungen der Magistrat zu Felsberg
bei dem Jägermeister Wolf Philipp von Uhrbach.
Infolge dieser Beschwerde wurde, unter Landgraf
Moritz, am 24. September 1608 zu Heßlar
zwischen der Forstverwaltung einerseits und dem
Bürgermeister und Rat zu Felsberg andererseits
ein — durch fürstliche Verordnung vom 19. Januar
1695 ausdrücklich bestätigter — Kontrakt geschlossen,
der in mehrfacher Hinsicht für die Geschichte des
Markwaldes von Bedeutung ist. Er enthält be
züglich der Verwaltung und Aufsicht über das
Beuerholz sehr wesentliche Neuerungen. Während
bisher der Obermärker zu Felsberg allein die Macht
hatte, in dem Wald zu forsten und zu pfänden
und alle Pfänder und Bußen allein zu beziehen,
sollen von nun an die herrschaftlichen Förster „auf
das Beuerholz mit zu sehen und zu pfänden haben,
und was sie an Mißfälligen bekommen, Ihrer
Fürstl. Gnaden zur Forst einbringen; was dagegen
der Stadtförster pfändet, soll der Stadt verbleiben,
bei gleichzeitiger Pfändung hingegen sollen die
fürstlichen Forstknechte den Vorrang haben".
In Bezug ans die Holznutznng wurde bestimmt,
„daß das Holz zu Klaftern gelegt, und in Wellen
gebunden, danach von den fürstlichen Beamten (d. h.
dem Rentmeister und dem Schultheiß zu Felsberg)
im Beisein der Förster aufgeschrieben werden sollte,
damit Unserem gn. F. und H. nichts unterschlagen,
sondern mit halbem Forst eingebracht werde, wie
herkommen".
Die Ansprüche von Melsungen und Hilgers
hausen an den Markwald wurden rundweg ab
gewiesen. — So war also — und das ist das
Wichtigste aus diesem Kontrakte — den land
gräflichen Forstbeamten das Mit-Verwaltungs
und Aufsichtsrecht eingeräumt worden; im übrigen
aber war der Markgenossenschaft das Eigentums
recht ausdrücklich zugestanden worden.
Wie in diesem Falle die Markgenossenschaft
einen Teil ihrer Befugnisse an den Staat ver
loren hatte, so gelang es endlich auch den hart
näckigen Hilgershäusern festen Fuß im Markwald
zu fassen, freilich nur was die Hute angeht. Durch
einen in Felsberg am 21. Juli 1656 abgeschlossenen
„Rezeß" wurde eine bestimmte Hute im Beuerholze
abgegrenzt und den Bewohnern von Hilgershausen
zugewiesen gegen eine jährliche Abgabe von 2 Thlr.
16 Alb. an jeden der beiden Förster und von
einem Kopfstück (= 7 l js Albus) an den Förster des
Ouillers. Das Huterecht der Hilgershüuser tritt
in diesem Kontrakt recht deutlich als Servitut an
die Mark und diese selbst dadurch als Eigentum
der Märker hervor.