„Unsere Zukunft birgt zwei heilige Güter: Freiheit
und Liebe!"
Das Schauspiel hat seinen Gang über die deutsche
Bühne gemacht. Es ist nachher verschwunden, wie
so viele Werke nach einer gewissen Zeit vom Schau
platz abtreten müssen, um andern, vielleicht weniger
guten Platz zu machen. Wo es gespielt wurde,
erzielte es stets eine gewisse Wirkung und wurde
beifällig aufgenommen.
„Tie Prinzessin von Seftri" führt uns zurück
in die Zeiten italienischer Kleinstaatelei. Es ist
ein ganz ansprechendes Bild einer Zeit. die von
neuen Ideen überholt worden war. Es ist ein
Lustspiel feinerer Art, den historischen Lustspielen
entsprechend, die uns namentlich aus dem Französischen
in so ausgezeichneter, unübertroffener Weise über
kommen sind. Die Figuren, an der Spitze der
eitle Herzog von Sestri, der gar zu gerne unter
die alte Herrlichkeit seines Herzoghutes zurückkehren
möchte, der Erbprinz, der den Gedanken an Herr
schaft ausgegeben hat und nur seinen Wissenschaften
lebt, die Erbprinzessin, die aus politischen Motiven
in eine Heiratsintrigue verwickelt wird, sie, um nur
die drei Hauptpersonen zu nennen, sind von cha
rakteristischer, lebenswahrer Zeichnung. Sie werden
dann von einer ganzen Reihe von Nebenpersonen
umgeben, die alle in ihrer Art treu gezeichnet sind,
wenn auch ihre Notwendigkeit manchmal nicht zu
erkennen ist.
Es wäre wunderbar gewesen, wenn unser Dichter
nicht auch ein Bändchen poetischer Schriften heraus
gegeben hätte, das kommt doch gewöhnlich als erster
Versuch. So war es auch bei Bock. Er hat seiner
kleinen Sammlung „Gedichte" *) kein weiteres
Bändchen mehr folgen lassen. Seine Begabung
liegt ja wohl auf einem andern Gebiete, aber er
braucht sich auch seiner Gedichte nicht zu schämen.
Besonders möchte ich das kleine, aber tiefempfundene
Gedicht aus Richard Wagners Tod hier erwähnen:
Richard Wagner, zu dessen begeistertstem Anhänger
sich Alfred Bock, wie auch aus jeder Zeile seines
Buches „Deutsche Dichter in ihren Beziehungen zur
Musik" **) hervorgeht, rechnen darf. Es zeigt uns
den Romancier Bock, als den wir ihn bis jetzt
betrachteten, von einer ganz anderen Seite, als
feinsinnigen Essayist. Es ist eine einzig dastehende
Sammlung, in der der Verfasser mit großer Genauig
*) Dresden und Leipzig, E. Pierson's Verlag, v. I.
**) Gießen 1900, I. Rickersche Buchhandlung.
keit und liebevollem Sichversenken in das Wesen
der von ihm behandelten deutschen Dichter, den
Beziehungen nachgeht, die diese selbst zur Musik
und zu den Strömungen auf musikalischem Gebiete
ihrer Zeit hatten. Wo sich mir durch Beherrschen
des ganzen Materials wie bei Lenau und Grill
parzer Gelegenheit ergab, die Aufsätze kritisch durch
zugehen, habe ich kaum einen Fehler oder eine
wichtige Auslassung entdeckt. Plan erkennt überall
das genaue Studium, das die Vorbereitung zu
diesen Aussätzen gekostet.
Das zweite dem wissenschaftlichen Gebiete an
gehörende Buch Bocks sind die kulturgeschichtlichen
Bilder „Aus einer kleinen Universitätsstadt".*) Sie
sollen nach dem Vorwort „den Anteil Gießens au
der Entwicklungsgeschichte des deutschen Geistes
lebens" kennzeichnen. Dieser Einfluß ist ja nie
mals. wenigstens zu den Zeiten, von denen die
vorliegenden Aufsätze handeln, ein hervorragend
großer gewesen. Es ist immer mehr die ins Kleine
gehende, aber genaue Arbeit hier angefertigt worden.
Und doch sind auch diese Aufsätze, die die Besuche
Goethes in Gießen bei Professor Höpsner, die
Studienzeit Klingers und Börnes in Gießen u.v.a.m.
behandeln, interessant und hübsch zu lesen. Der Ver
fasser führt uns bis zum Jahr 1848, wo Karl
Vogt eine bedeutende, wenn auch etwas zweideutige
Rolle im großen Trauerspiel inne hat. Von Wichtig
keit ist besonders der fünfte Aufsatz „Fichte, Schleier
macher und Professor Schmidt in Gießen" insofern,
als hier bisher ungedruckte Briefe Fichtes und
Schleiermachers, die sich in der Handschriftensamm
lung der Universitätsbibliothek in Gießen befinden,
abgedruckt werden.
Wir stehen am Ende unserer Betrachtungen über
einen oberhessischen Dichter, dem unsere Landes
litteratur schon jetzt so viel zu verdanken hat.
Seine dichterische Persönlichkeit stellt sich uns als
eine durchaus selbstständige gegenüber. Er steht
in der Vollkraft seiner Jahre und so können wir
es nur wünschen, daß er lauge noch nicht aus der
Höhe seiner Kunst angekommen ist, daß seine noch
kommenden Werke nicht ein Absteigen sondern ein
stetiges Weiterauswärtsschreiten bedeuten. Dies
ist unser innigster Wunsch. Die warme Liebe des
Dichters zur Heimat und ihren Bewohnern werden
uns hoffentlich noch manches vollwertige Buch
schenken.
*) Gießen o. I. Verlag von Emil Roth.