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Oberstleutnant Wurmb rückte in Eschwege ein
und ließ in weitem Umkreise Frucht. Schlachtvieh
und Pferde von den schon völlig erschöpften Ein
wohnern beitreiben. Auf eine Ersatzforderung des
Landgrafen Moritz erwiderte er, die geschädigten
Bauern sollten ihm nach Braunschweig folgen.
Nach kaum drei Monaten wurde Niederhessen
von bayrischen Regimentern heimgesucht, auch
Stadt und Amt Eschwege wurden von zwei
Kompagnien des Herbersdorfer Regiments besetzt.
Nahezu unmöglich war es den bedrängten Bürgern,
die Verpflegungsvorschriften zu erfüllen. An barem
Gelde mußten außer der Fourage wöchentlich
330 Thaler für jede Kompagnie und 158 Thaler
für den Stab des Regiments aufgebracht werden.
Wie sehr das Land in jener Zeit ausgesogen
war, das beweisen die Klagen der Landstände an
den Landgrafen Wilhelm: „Im verwichenen
Monat April haben die Kroaten und kaiserlichen
Truppen auf seither unerhörte Weise das Land
erbärmlich verderbt, fast alles, was in ihre Hand
und Gewalt kommen, niedergehauen, den Leuten
die Nasen, Zungen und Ohren abgeschnitten, die
Augen ausgestochen, Nägel in die Köpfe und Füße
geschlagen, heißes Pech, Zinn, Blei durch Mund,
Nase und Ohren in den Leib gegossen, etliche
durch allerhand Instrumente schmerzlich gemartert,
viele durch Stricke aneinander gekoppelt, im offenen
Felde in eine Reihe gestellet und teils mit Büchsen
aus sie geschossen, teils mit Pferden geschleift k.
Wie die wilden Thiere sind sie über die Kinder
hergefallen, haben sie niedergehauen, gespießt und
in Backöfen gebraten. Kirchen und Schulen haben
sie zu Kloaken gemacht und viele adlige Wohnungen,
Städte und Dörfer verbrannt."
Wie sehr auch die Bewohner der Werrastädte
zu geradezu unerschwinglichen Lasten herangezogen
wurden, das lehrt ein Blick in die Allendorfer
Stadtrechnung für 1627, aus welcher ein Auszug
mitgeteilt sei: „Vom 17. Januar bis 23. Mürz
1627 wurden dem kaiserlichen Oberstleutnant
Quadt wöchentlich 400 Thaler ausgezahlt, was
in zwanzig Zielen 8000 Thaler betrug. Bei
seinem Abzug im Mai wurden noch verausgabt:
9 Thaler zu Wein, 10 */2 Thaler für einen Becher
dem ersten Quartiermeister wegen Verschonung
mit starker Einquartierung rc. 33 Thaler sind
der Pfaffe, Adjutant, Quartiermeister rc. beim
Abzüge schuldig geblieben und haben solche dem
Weinwirt nicht bezahlen wollen. 29 Thaler haben
zwei Leutnants und die Vettern des Oberstleutnants
beim Löwenwirt verzehrt und 9 Thaler an Wein
damals vertrunken.
Am 29. Februar verzehrte Tilly 61 Gulden
7 Albus, der Kommissar Lerchenfeld 40 ©ulöcu
23 Albus, der Stückhauptmanu Schneeweiß bei
seinem Durchzuge 9 Thaler 13 Albus, für Ver
pflegung von 200 Pferden 110 Thaler rc.
Der Durchzug des Generals Pappenheim im
August, der sich nach Göttingen wandte, kostete
der Stadt 1431 Gulden 2 Albus 8 Heller. Es
wurden ausgezahlt 202 Thaler für den General,
100 Thaler für den Kommissarius, weil das
Kriegsvolk zum Teil in die Dorsschaften gelegt
wurde rc."
Ähnliche Lasten brachte der Krieg auch der
Stadt Eschwege. Nicht nur Wochen und Atonale,
Jahre lang währten die Erpressungen. Noch im
Mai 1629 lag der Oberst von Wahl mit seinem
Regiment auf Kosten der Bürger in Eschwege.
Da endlich erschien dem bedrängten Hessenlande
von Norden her ein Strahl der Hoffnung. Gustav
Adolf betrat den Kriegsschauplatz. Die feindlichen
Besatzungen Hessens, auch Eschweges, wurden ver
trieben. Zwar nahte Tilly, um Rache zu nehmen,
schon waren in Eschwege die Quartiere bestellt,
aber er mußte plötzlich seinen Zug abbrechen, um
Pappenheim gegen Gustav Adolf beizustehen.
In der Schlacht bei Leipzig wurde er geschlagen,
und die Schlacht am Lech befreite die Stadt für
immer von ihrem furchtbarsten Bedränger.
Neue Hoffnungen erweckten die Erfolge des
Schwedenköuigs in den Gemütern der erschöpften
Bürger. Aber während noch die Hessen über die
Siege der Schweden frohlockten, während der
Landgraf entfernt von seiner Hauptstadt und der
Werragegend weilte, fiel in diese Graf Pappen-
heim ein. Anfangs Juni 1632 sandte er eine
Schar Kroaten unter Gil de Hasst und Lambvi
an'die Werra. Diese bemächtigten sich auch der
Stadt Eschwege, nahmen die hessischen Besatzungen
gefangen und beraubten die Bewohner, welche in
die Gegend von Eisenach und Koburg flüchteten.
Ter Stadt wurde eine Kontribution von 20000
Thalern auferlegt, und die mit Brand und Mord
bedrohten Einwohner, nicht imstande, diese Summe
zu bezahlen, brachte!! Gold, Silber, Leder, Leinen,
Tuch rc. aus das Rathaus. Als dies aber nicht
langte, das Zahlungsziel ablief, Pappenheinis
Reiter von neuem die Stadt heimsuchten und den
Bürgermeister und Stadtschreiber als Geiseln mit
schleppten, sandte die Landgräfin Juliane, Moritz'
Witwe, deren Leibgedinge auf Eschwege stand, ihre
Juwelen, Perlen und andere Kleinodien der Stadt
zum Beitrag. Einige Monate nachher, als Pappen-
j heim in Langensalza sich zum Zuge nach Lützen
bereitete und Landgraf Wilhelm ihm einen Trom
peter zur Auswechselung der Gefangenen zusandte,
| entflohen jene Geiseln. Die Landgräfin Juliane