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in den Reinhardswald fürbaß gezogen. Groß und
stattlich, derb und knorrig wie die Eichenstämme
jenes Waldes war das Äußere des Mannes.
Bizarre Formen bietet mancher Baum in Hain und
Forst; nicht jeder ist als Schlittenkufe zu ver
werten. Bedächtig hielt denn auch der Alte Um
schau und Auswahl und erst beim Sonnenborn
fand er einen ihm genehmen, an der Abzweigung
passend gebogenen Stamm. In der Nähe war der
weil um ein Jagen herum, still und lautlos, wie
es Weidgebrauch, eine Treibwehr angelegt; noch
nicht ganz zu Ende gekommen damit waren die
führenden Forstleute. Unbeweglich in seinem Natur
schirm stand, den Beginn des Triebs und den Aus
wechsel des darin bestätigten Hochwildes erwartend,
schußbereit . . . der Kurfürst. Ta hallte der längst
herbstlich angehauchte Wald — es war im No
vember — wieder von dröhnenden Arthieben. Die
Landgrafen und Kurfürsten waren von jeher ebenso
eifrige, als vorzügliche Jäger. Im Flüsterton
erfolgte denn auch aus dem Schirm heraus der
Befehl, „die Kerle" zu packen und nach beendetem
Trieb vorzuführen. Des Himmels Einsturz be
fürchtend, mag da bei den Arthieben mancher
aus der Treibwehr gewähnt haben: „Dit Unglicke".
Armer Asmus; dein Geschick war besiegelt und
das Verließ des nahe belegenen Beckerhagener Ge
fängnisses dir sicher. Kratz' dich hinter den Ohren:
— dort giebt's nur Wasser. —
Hörnerschall. Häherschrei. Ab und zum Gahren-
berg strichen zwei Auerhähne. Ter Trieb begann.
Bon dem Geläute der Hunde, dem Knall und
Widerhall abgegebener Schüsse belebte sich der
Wald. Der Nebel war gewichen, die Sonne erschien.
Dem Kurfürsten war guter Anlauf beschieden: einen
Achterhirsch und eine grobe Sau hatte er gefällt,
Aus Heinrat
Preislied. Die Kasseler Schriftsteller-Ber
einigung „Freie Feder" hatte vor einiger Zeit
unter ihren Mitgliedern ein Preislied ausgeschrieben.
Bis zu dem festgesetzten Termin, dem 1. September,
waren sieben Lieder bei dem Borsitzenden Herrn
Professor Di-. Kreßner eingegangen. In der
letzten Versammlung des Vereins wurde der aus
einem silbernen Federhalter bestehende Preis einem
Gedicht zuerkannt, als dessen Verfasser nach dem
beigefügten Kennwort sich Herr Kammerdirektor
Karl Pr es er in Wächtersbach herausstellte. Wir
geben nachstehend „Das Lied von der freien
Feder" unseres verehrten Mitarbeiters wieder.
Es giebt ein Ding, unscheinbar klein.
Das doch nach Großem trachtet.
Und alles, was nicht wahr und rein.
Echt souverän verachtet.
eine noch stärkere Sau, ein Hauptschwein, vermochte
jedoch infolge Versagens des zweiten Laufs der
kurfürstlichen Doppelbüchse auszubrechen. Mehrere
Forstleute, die den Holzfrevler umgangen, hatten
diesen derweil erwischt und in entsprechendem Ab
stande hinter den Stand des Kurfürsten geschafft.
Dem ausbrechenden Keiler nun warf sich Ringeling
plötzlich mit solcher Wucht entgegen und wurde dar
in von den zuerst verblüfft dreinschauenden Jagd
beamten so erfolgreich unterstützt, daß der Keiler
Kehrt machte, um in das verlassene Treiben zurück
zuwechseln. Hierbei wurde auch dieser vom Kur
fürsten erlegt, der darob in gute Laune geriet und
in gehobener Stimmung sich dann unsren Asmns
vorführen ließ. Waidmannsheil! Die Frage des Kur
fürsten, was Ringeling bei der Hofjagd in der Nähe
zu schaffen habe, beantwortete dieser in urwüchsiger
Art: „Ach wat, wie Münnischen koent 'sek hier
Holt langen: du heßt sau vele Holt im Reineusch
wale, dat kannst du gar nich alle upbrennen: ek
will ja nur twei Schleenbäme (Schlittenbäume)."
Ein vom Wildhause bei Münden stammender Hos-
jäger Namens Otto, der sehr angesehen beim Kur
fürsten war, vermochte das Platt seinem Fürsten
hochdeutsch zu übertragen, der wider Erwarten
und wohl des gestreckten zweiten Keilers wegen
die freimütige Aussprache nicht quer genommen.
Er ließ dem Manne den angehauenen Stamm
überweisen, zahlte die Forstschätzung dafür aus
seiner Tasche, und Ringeling erhielt obendrein auch
von den mitgesührten Mundvorräten und „Mund
wasser". „Prost Herr Kaurserste!" Aber sehen
und hören lassen bei den Jagden möge Ringeling
hinfüro unterlassen, sonst würde er den Gang
zum Eisenhammer — Veckerhagen — antreten
müssen.
>-«-
nnb $vembe.
Nichts giebt's im weiten Weltenraum.
Daran cs sich nicht wagte, —
Kein Wahrheitskern, kein Menschentraum,
Dem's seinen Dienst versagte!
Und ohne dieses Ding kein Held,
Kein Meister am Katheder.
Der Ruhm, der deren Segel schwellt.
Fließt nur ans freier Feder.
Es giebt ein Ding, so scheinbar leicht,
Und doch voll Wucht und Schwere,
Wenn's trotzig weder wankt noch weicht
Im Kampf um geist'ge Ehre.
Doch weich, wie Nachtigallensang,
Schafft's in des Dichters Händen
Den Liederstrom, zu dessen Klang
Sich Herz und Seele wenden.
Das Ding, gestanzt aus purem Stahl,
Lobsinge stolz ihm jeder:
Bald führt es Blitz, bald Sonnenstrahl.
Es ist die freie Feder.