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Mauvillon*): „Bei den Engländern sind alle
Offiziersstellen käuflich; deshalb bekümmern sich
ihre Offiziere nicht um den Dienst, und verstehen
ihn, sehr wenige ausgenommen, ganz und gar
nicht, und das geht vom Fähndrich auswärts bis
zum General. Ihre Sitten machen sie zur
Bequemlichkeit geneigt, und fast alle ohne Aus
nahme sind sie an langes. Schlafen gewöhnt.
Dies verleitet sie oft zu Nachlässigkeiten im Dienst,
die ganz unglaublich klingen würden, wenn man
sie erzählte. Dazu kommt nun ein natürlicher
Uebermuth, vermöge dessen sie ebenso geneigt sind,
den Feind, als die Gefahr zu verachten." Ueber
die Hannoveraner urtheilt dieselbe Quelle:
„Bessere, treuere, willigere Truppen giebt's auf
der ganzen Welt nicht als die Hannoveraner.
Ihre Infanterie und Kavallerie besaßen alle diese
Eigenschaften in gleichem Maße." Von den
Hessen heißt es: „Kein Volk in der Welt ver
einigt in einem solchen Maße alle zum Kriege
nöthigen Eigenschaften. Die Hessen wurden unter
allen Truppen am schlechtesten bezahlt; hernach
bis zu Ende des Krieges halb an Gold und halb
an sogenanntem C-Gelde, welches das Mittel
zwischen Gold und dem ganz schlechten Gelde
hielt, das unter so verschiedenen Stempeln ge
schlagen wurde, dahingegen allen andern Truppen
ihr Sold in Gold ausgezahlt wurde. Das macht
allerdings einen ansehnlichen Unterschied; allein
daran war kein Mensch schuld als die Plusmacher,
die um ihren Landesherrn waren und ihn bewogen,
ihnen das nicht zu geben, was ihnen doch von
Gottes und Rechts wegen zukam und die Krone
Englands .diesem für sie zahlen ließ." Die
Braunschweiger waren ihrem Herzoge treu
ergeben; auf sie konnte er in allen Fällen rechnen.
Eine kleine Schaar stellten die Bücke bürg er.
„Wo sie fechten mußten, geschah es mit exem
plarischer Standhaftigkeit; ein Muster von Mannes
zucht." Trotzdem war es .für Herzog Ferdinand
nicht leicht, diese verschiedenartigen Elemente seiner
Truppen „in eine solche Stimmung zu versetzen,
daß sie sämmtlich alle ihre Kräfte aufboten, um
das allgemeine Wohl zu befördern". Des Herzogs
Armee war bedeutend schwächer als die seiner
Feinde. Wenn auch die Truppen der Verbündeten
sich tapferer schlugen, so konnte doch der Unter
schied, der in der größeren Truppenstärke bestand,
dadurch nicht ausgewogen werden.
Seinem durch den Subsidienvertrag mit Eng
land gegebenen Versprechen, 7000 weitere Soldaten
zustellen, konnte Hessen-Kassel nicht.nachkommen;
*) Mauvillon, Geschichte Ferdinand's von Braun
schweig. Leipzig 1794. II. Bd.
1000 Mann wurden in Wirklichkeit nur in den
Etat*) gestellt. Die neu . einberufene formirte
hannöversche Landmiliz gebrauchte man zur Be
setzung der festen Plätze. Der Ersatz und die
Unterstützung durch englische Truppen war wegen
der weiten Entfernung nicht möglich oder wenigstens
schwierig. Alles in allem einschließlich der
preußischen Reiterabtheilung und 4000 Mann
leichter Truppen standen den Verbündeten nur
75 600 Mann zur Verfügung. Die Artillerie
der verbündeten Truppen war der französischen
gegenüber durchaus unzureichend; an schweren
Geschützen zählte sie 50 Kanonen und 7 Haubitzen,
sodaß einschließlich der Bataillons-Kanonen
höchstens 200 Feldstücke einer doppelten Ueber-
macht von 460 französischen Geschützen gegen
überstanden. Das die Artillerie leitende Ingenieur-
corps war mangelhaft ausgebildet und entbehrte
der praktischen Erfahrung.**)
Diese Mißstände, die den Herzog überzeugen
mochten, daß er ohne Unterstützung des Königs
nichts wagen dürfe, wurden jedoch durch ein
längeres Zaudern nicht gehoben und verringerten
nur die Aussichten auf das Gelingen der geplanten
Unternehmung. So verstrichen Wochen auf Wochen
mit Erwägungen über Für oder Wider, wodurch
die Verhältnisse sich nur ungünstiger gestalteten.
Unterdessen war auch Soubise von seinem Hofe
*) Nach dem Etat in den „Marburger Archiv-Akten"
waren für das neu zu errichtende Artilleriecorps 3 Kom
pagnien a 100 Mann vorgesehen, die monatlich folgenden
Sold bezogen:
S t a b: 1 Oberstleutnant 40 Thlr. 45 Kr., 1 Kommissarius
28 Thlr. 45 Kr., 1 Adjutant 17 Thlr. 60 Kr., 1 Reg.-
Feldscheer 25 Thlr. (einschl. des Burschen), 1 Wagenwart
16 Thlr., 8 Knechte ü 4 Thlr. — 32 Thlr., in Summa
160 . Thlr. 71 1 /. Kr.
100 Mann 1 Kompagnie — 636 Thlr. 7 1 /a Kr.
200 „ 2 „ = 1072 „ 15
Stab = 160 „ 71'/. „
Summa des Artilleriecorps: 1769 Thlr. 3 3 / 4 Kr.
Dazu:
Douceur statt Gutmachens . 44 Thlr. 56 Kr.
Medizingeld 5 „ — „
Montirungsgeld .... 178 „ 45 „
228 Thlr. 11 Kr.
Insgesammt 1997 Thlr. 15 Kr.
**) Vergleiche Mauvillon II. Theil. „Ein junger
Mensch lernte ein wenig Geometrie, praktisch Feldmessen
und einen sauberen Plan zeichnen. Unter diesen Plänen
waren Fortifikationsmanieren; also wußte er auch, wenn
man will, ein wenig Fortificiren. Mit diesen Eigen
schaften ausgerüstet, präsentirte er einige seiner sauberen
Zeichnungen an die Behörde, welcher bei weitem nicht
einer der Chefs des Jngenieurcorps oder sonst einer der
erfahrenen Richter war. Daraus ward er zum Conducteur
bey einem Jngenieurcorps angesetzt."