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der Kreise Fulda und Hüufeld entfaltete sich
eine rege Thätigkeit. Die meisten der zu den
Außenseiten des Domes verwendeten Steine er
folgten ans den im Thäte der Kemete unterhalb
des Torfes Hauswurz belegenen Brüchen, die
auch die zu den Gesimsen, Gewänden, Säulen
und dergl. erforderlichen Quadern lieferten. Den
Brecherlvhn für die Steine bezahlte die fürstliche
Nentkammer. Die Anfuhr der Steine geschah
theils für Geld, theils zur Frohnde, und es
wurden mit Ausnahme von Hammelburg, Brücke
nau und Herbstein alle Pflichtigen des damaligen ,
Fürstenthums Fulda zur Leistung von Frohn-
fuhreu herangezogen.
Auch mit dem Beschaffen des Gerüstholzes
wurde bereits 1701 begonnen. Sowohl das Ge
rüstholz wie das erforderliche Eichenbauholz
lieferten lediglich die fürstlichen Waldungen, na
mentlich die Forsten Kothen, Motten, Brückenau,
Hattenhof, Nenhof, Niederkalbach, Dammersbach
und Burghaun. Die Forsten bei Kothen und
Motten lieferten die längsten Baumstämme. Auch
das Bauholz wurde theils gegen Bezahlung, theils
zur Frohnde angefahren, und zwar zunächst auf
den vor dem damaligen Panlusthore befindlichen
Zimmerplah. Sowohl zu allen Dachwerken wie
zu den Thürmen wurde lediglich neues Eichen
banholz verwendet. Die Eichenbaustämme waren
zum Theil von außerordentlicher Länge, und
Eichen wie die damals verwendeten sind jetzt in
den Forsten der Umgegend Fuldas weder in
solcher Länge noch in solcher Menge vorhanden.
Tannenbauholz ist zu sämmtlichen Zimmer
arbeiten des Domes nicht verwendet worden, und
32 Tannenbaumstämme, welche die Fnldaische
Nentkammer 1710 ans der Herrschaft Schmal
kalden bezogen hat, sind zu anderen fürstlichen
Bauwerken und nicht zum Dome verwendet wor
den, denn die Zimmerarbeiten desselben waren
1710 bereits ausgeführt.
Der Neubau des Domes wurde nicht aus ein
mal, sondern, wie ich jetzt ausführlich darlegen
werde, stückweise und int Laufe mehrerer Jahre
beschlossen. Dieses bestätigt meine Ansicht, daß
Dientzenhöfser mit Rücksicht ans die damaligen
Berkehrsverhültnisse ohne Beihilfe eines römischen
Architekten und aus sich selbst die erforderlichen
Pläne geschaffen hat.
Als endlich 1704 der Ban begonnen wurde,
war nur der Abbruch des alten Langhauses be- !
schlossen; die Vierung, das Onerschiff und der
Westchor, sowie deren Bedachungen sollten beibe
halten werden. Auch der Ostchor sollte bleiben,
jedoch außen mit Quadern neu umkleidet werden.
Es war 1704 ferner beschlossen, daß die St.
Andreas- und die Taufkapelle erbaut würden;
daß das Langhaus wegen Baufülligkeit hätte ab
gebrochen werden müssen, ist nirgends gesagt;
es war dieser Abbruch vielmehr deshalb noth
wendig, weil es nicht möglich war, die in den
unteren Theilen nur aus freistehenden dünnen
Säulen bestehenden Mauern zwischen dem Mittel
schiff und den Seitenschiffen als Stützen und
Widerlagen der beabsichtigten Ueberwölbung zu
verwenden; die nur mit ziemlich kleinen Fenstern
durchbrochenen Mauern des Querschiffes und des
Westchores gedachte man beizubehalten und durch
pfeilerartige Verstärkungen, welche an der inneren
Seite aufgeführt werden sollten, zum Tragen der
beabsichtigten Ueberwölbung geeignet zu machen.
Sodann sollte die ganze Kirche mit Backsteinen
überwölbt werden.
Der 1704 genehmigte Plan wurde jedoch 1705
geändert, denn in diesem Jahre legte Dientzen-
höffer einen neuen Riß zur Genehmigung vor,
nach dem die Kirche im Ganzen länger und
breiter werden sollte.
Gleichzeitig legte der Baumeister Entwürfe vor
über den Neubau des Westchores mit der Bvni-
satiusgrnst, der Sakristei, des Kapitelhauses (b. i.
der jetzigen Marienkapelle) sowie über vier Arten
zur Ausführung der großen Kuppel. Da nun
die Kuppel ohne eine neue Vierung nicht mög
lich war, und eine solche nicht ohne ein neues
Onerschiff, so werden die neuen Entwürfe sich
auch auf diese Bautheile, obwohl sie nicht aus
drücklich aufgeführt sind, bezogen haben, unb es
scheint, als ob die Genehmigung zum Neubau
dieser weiteren Bantheile auf Grund der 1705
vorgelegten Pläne erfolgt sei.
Endlich wurden dem Dientzenhöfser im Jahre
1709 weitere Arbeiten an den beiden östlichen
Thürmen übertragen; es werden solches die
jenigen gewesen sein, durch welche diese Thürme
ihre jetzige Gestalt erhalten haben.
Der Bauherr entschloß sich hiernach nur all
mählich zur gänzlichen Erneuerung des alten,
ehrwürdigen Baues, sei es, daß er anfänglich den
Hnnpttheil, als welcher der Westchor mit dem
Grabmal des hl. Bonifatius zu betrachten ist, er
halten wollte, sei es, daß er anfänglich das
Können seines Baumeisters bezweifelte.
Für den Baumeister entstand dadurch eine
große Schwierigkeit, daß der Neubau erst nach
und nach beschlossen wurde, und daß Theile vor
handener Bauten bei dem Neubau benutzt wer
den mußten, nämlich die östlichen Thürme zum
Theil, und die östlichen Außenmauern des Kreuz
ganges vom angrenzenden Kloster. (Der Vor
tragende legte einen Grundriß vor, der die bei