69
des güntzlichen Vertrauens, es werden Ew. Hoch-
gräfliche Excellenz ihren rühmlichen Eyffer zu
nutzen der vorermelten Glaubensgenossen weiters
gnädig walten lassen unb also andern Protestirenden
Potenzen mit so Christ-rühmlichen Eyffer vor-
leüchten." Der Gras ließ sich durch die Worte
Valkenier's aber nicht befriedigen, und auch, als
’ von dem Mylord d'Albermarle die Nachricht kam,
Jhro Königliche Majestät wolle als Statthalter
der vereinigten Niederlande den Sohn des Grafen
bei erster Vakanz mit einer Kompagnie zu Fuß
bedenken, und ihn auch mit Dero Königlicher
Protection beehren, erklärte sich zwar der Graf
mit diesem Anerbieten zufrieden, wollte aber Art. 19
doch nicht ändern, bis er die Kompagnie wirklich
habe. Inzwischen verreiste Valkenier in die Schweiz,
seine Frau aber konnte keine Auskunft geben;
Mylord d'Albermarle wiederholte am 25. Febr. 1701
das Versprechen, nachdem der Graf bedenklich ge
worden war, weil der König auf die Bitte um
Uebernahme der Gevatterschaft bei seinem Sohn
nicht geantwortet hatte. Der Bankier Jsaac
Behaghel in Frankfurt, ein tüchtiger Geschäfts
mann, verständig, erfahren, dabei christlich und
warm liebevoll, durch dessen Hand die holländischen
Kollektengelder gingen, wandte sich auch nach
Holland wegen des Grafen Sache und berichtet,
daß der König jetzt gar zu viel mit Parlaments-
Affaires zu thun habe. Die lange Verzögerung
ließ den Graf daran denken, selbst nach Holland
zu dem König zu reisen. Endlich aber fertigte
der Statthalter der vereinigten Niederlande, König
Wilhelm von Großbritannien, am 16. August 1701
das Patent für den Sohn des Grafen als Kapitän
(Hauptmann) einer Kompagnie Fußvolk im
Regiment des Oberst von Waas (später Neppel-
fnchs) aus?) Nachdem nun das Versprechen des
Herrn Valkenier eingelöst war, bestätigte der Graf
am 2. Juni 1702 die Gültigkeit des Art. 19,
wie er auf Ansuchen von Valkenier und der Ge-
*) Ferdinand Maximilian IT. trat zwar nie in den
Dienst, bezog aber den Gehalt bis zur Auflösung der
Kompagnie, die von dem Graf besoldet werden mußte.
(Brief des Grafen an den Heere Perkelbach, Solliciteur im
Haag, vom 10. Dez. 1701; Brief des Obriften von Waas,
Mastricht den 30. Dez. 1701, mit der Bitte um schleunige
Zusendung des Soldes und der 10—12 Mann Rekruten)
Die Kompagnie lag Anfangs abwechselnd in Mastricht
und Stevenswerth in Garnison. Später wurde sie nach
Portugal und Spanien geschickt und dort im Jahre 1707
in der Schlacht bei Almanza, in welcher Karl I II. von
Spanien, der spätere deutsche Kaiser Karl VI., durch die
vereinigten Spanier und Franzosen eine schwere Nieder
lage erlitt, völlig aufgerieben. Dort fiel auch der Stell
vertreter des jungen Grafen in der Führung derselben,
Kapitän (Pieder) von Nimwegen. Simon, Geschichte des
reichsständischen Hauses Psenburg und Büdingen, Band U,
S. 388.
meinde ausgesetzt war: daß also die Waldensberger
vollkommen frei sein sollten, gegen 1-4 Gulden
Steuer von jeder Familie. Im Jahre 1718
wurde die Steuer folgendermaßen vom Graf fest
gesetzt: Die Besitzer zahlen für das Hans und
die anderen Rechte 2 Gulden und für jeden
Morgen Land Gulden.
Der Vermögens st and war verschieden.
Etliche hatten einiges Geld mitgebracht, die
Meisten waren ganz arm. Schnell konnte es in
Waldensberg nicht auswärts gehen, denn die
Arbeitskraft war gering. Viele waren krank und
schwach, das bebaute Land zuerst noch wenig, der
Boden viel Arbeit fordernd und wenig Ertrag
gebend; dazu kamen noch Mißernten. Im Jahr
1710 mußte die Gemeinde um Erlaß des Zehnten
bitten, der ihr gewährt wurde; aber die nach
gesuchte Verlängerung der Steuerfreiheit wurde
ihr nicht bewilligt. Im Jahr 1717 bat sie
wieder um Erlaß des Zehnten, da sie für die
Bauten so viel habe ausgeben müssen, aber da
dieser für den Unterhalt des jungen Grafen in
Halle bestimmt war, konnte ihre Bitte nicht erfüllt
werden. Die Strumpfweberei, die immer Mehrere
betrieben, brachte baares Geld in das Dorf, aber
auch von dem Bauer und Wirth Jean Jullien
schreibt Pfarrer Lumière im Jahr 1717, daß er
etliche hundert Louisdor gutgemacht habe. Um's
Jahr 1730 aber pflanzten die Hälfte der Ein
wohner nicht so viel Korn, daß sie ein halbes
Jahr davon backen konnten; die Strumpfweber
aber bekümmerten sich überhaupt nicht viel um
den Ackerbau. Das Korn mußten die Waldens
berger auf der Weierhöser Mühle mahlen lassen,
wenn aber dieselbe kein Wasser hatte, sollten sie
in Neuenschmidten mahlen. Der Gemeindevorstand
gab dagegen zu bedenken: „Wenn ein armer
Mann sich in der Wetterau Korn kauft und
soll's aus seinem Buckel bis Neuenschmidten tragen,
welche Arbeit wäre das!" Ja, den Tod könnte
es Manchem bringen, behaupteten sie. Der Müller
sollte das Korn holen und das Mehl bringen,
wie es in allen Ländern Sitte sei; nach Neuen
schmidten trügen sie jedenfalls ihr Korn nicht.
Brot wurde von Bäckern in Büdingen und
Wolferborn nach Waldensberg gebracht. Außer
Korn wurde gebaut Hafer, Haidekorn, Gerste,
auch, wie es scheint, etwas Weizen.
Um's Jahr 1720 wurde nach verschiedenen
Vormundschafts-Rechnungen bezahlt für ein Haus,
Scheuer und Hof 60 fl., für die Güter (24 Morgen),
Haus, Scheuer lind Hofraithe des Pfarrers Roman
260 fl.; für eine Kuh 15 fl., ein paar Strümpfe
1 fl. 6 Albus, ein Hut 1 fl. 10 Albus, ein paar
Schuhe und Strümpfe für ein achtjähriges Mädchen