M 3.
XIY. Jahrgang.
fiaflsd, 1. Februar 1900.
III.
Heimathluft, bk heißen Wangen
Biet' ich deinem Kusse dar —
Draußen war ich manches Jahr,
Komm’ voll Sehnsucht nur gegangen,
Deinen Segen zu empfangen,
Du, die meiner lichten Kindheit
fröhliche Gespielin war.
Bon den I)essenbergen nieder
Wehst du, aus dem Grund herauf,
Wo der Hulda Stlberlauf
Grüßend blinkt, trägst du mir Lieder
Lang versunk'ner Tage wieder,
Und ein Glück, ein unvergess'nes,
schlägt die blauen Augen auf. '
IV.
Du Erdenfleck, der du mir Heimath bist,
Wie hab' ich mich freiwillig denn vertrieben
Und bin so lange, lange fern geblieben,
Da 's doch fo schön an deinem Kerzen ist!
Heut' schau' ich, wie ein Kind am heil'gen Thrist,
Die Schätze an, die ich so lang besessen,
Die ich im Kampf des Lebens fast vergessen —
Heut' weiß ich erst, wie oft ich sie vermißt!
Kur ist, als wehe reiner hier die Luft,
. Als wär' des Himmels wundervoller Bogen
Hier freier, leuchtender empor gezogen,
Und über Allem liegt ein feiner Duft,
Als wollte um des Tages blühend Leben
Der Thränenschleier der Erinn'rung schweben.
Änna Witter.