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besonders in Hessen mit einigem Interesse gelesen
werden, weil sie Einblick in .die Literatur bietet,
welche in Nordamerika allmählich über die „ver
kauften Hessen" und ihre Thaten entstanden ist,
andererseits aber auch erkennen läßt, was an darauf
bezüglichem handschriftlichen Material sich drüben
befindet. Namentlich ist es von Werth, daß der
deutsche Forscher aus Rosengartens Aufzeichnungen
ersieht, wo die Sammlungen des verstorbenen
amerikanischen Geschichtsschreibers B a n c r o f t sich
befinden, deren Kenntnißnahme für wissenschaftliche
Arbeiten ans dem fraglichen Gebiete, die wirklich
ans Ergründung der Thatsachen ausgehen, un
erläßlich ist. Der andere Weg, sich in England
selbst in den Besitz des Inhalts der von Bancrost
abgeschriebenen bezw. ercerpirten englischen amtlichen
Quellenstellen zu setzen, dürfte, wo nicht schwieriger,
so doch erheblich zeitraubender sein.
Als Anhang druckt Rosengarten zwei Aktenstücke
ab, welche in Deutschland längst bekannt sind,
nämlich den berüchtigten Brief des Landgrafen
von Hessen an den Befehlshaber seiner Truppen
in Amerika, den bereits Kapp und viele andere
vor und nach ihm als Fälschung zerpflückt haben,
und das Mirabeau'sche „Pamphlet" — ich nehme
absichtlich diesen Ausdruck ans dem englischen Tert
Rosengarten's herüber — mit der Überschrift
„Avis aux Hessois ... “, in welchem deutsche
Truppen und vor allem die hessischen zur Fahnen
flucht und zur Vereinigung mit den amerikanischen
Streitkräften aufgefordert werden.
Ob der angebliche Brief des Landgrafen eine
Fälschung Franklin's ist oder diese Fälschung
von anderer Seite stammt — Rosengarten gelangt
darüber zu keinem endgültigen Ergebniß —, darüber
sich klar z» werden, wäre für den deutschen Leser-
weniger von Werth als zu erfahren, daß den
Amerikanern die Fälschung als solche in ihrer
Albernheit und Erbärmlichkeit einmal gehörig aus
einander gesetzt würde. Das unterläßt aber Rosen
garten wohlweislich, weil seine Landsleute sich
mit einer solchen Fälschung noch brüsten, zumal weil
sie dieselbe ans ihren großen Benjamin Franklin
zurückführen.
Mit dem Verfasser der vorliegenden Schrift
darf man allerdings nicht zu sehr in's Gericht
gehen, steht doch aus dem Titelblatt ausdrücklich,
daß wir einen vor der amerikanischen philosophischen
Gesellschaft gehaltenen Vortrag vor uns haben, der
also ausschließlich Amerikaner zu Zuhörern hatte.
Wo diese Gesellschaft ihren Sitz hat, ist nicht gesagt.
Nicht unerwähnt wird bleiben können, daß der
Landgraf von Hessen im Text stets Kurfürst
genannt wird, obgleich in deutschen Geschichts
büchern bisher von der wichtigen Thatsache der
Erwerbung dieser Würde durch Landgraf Friedrich II.
nichts zu lesen war. Daß König Georg III. von
England ein Vetter Landgraf Friedrich's II. war,
wie Seite 5 gesagt ist, stimmt nicht. Ter Land
graf war der geschiedene Gatte der Vatersschwester
des Königs. Auch wäre der Name des Geheimen
Archivraths Di-. Könnecke in Marburg ohne
Schwierigkeit richtig wiederzugeben gewesen; Seite 5
steht Konnicke. Eine Reihe von Malen ist statt
„Jäger" „Wägers" gedruckt. Trotz solcher Aus
stellungen ist, wie bereits oben hervorgehoben
wurde, Rosengarten nicht abzusprechen, daß seine
Abhandlung auch für den deutschen Leser ihre
Verdienste auszuweisen hat. W. <*>.
P reser. Ca r l. Gedichte. 5. Anst. ".00 S.,
eleg. geb., mit Goldschnitt 4 Mark. Kassel,
Ernst Hühn.
— —. Waldesrauschen. Wald- und Jagd-
lieder. 110 S., fei» geh. 2 Mark, hocheleg.
geb. 3 Mark. Nendamm, I. Neumann.
Bereits im Jahrgang 1890 dieser Zeitschrift
(S. 284, bezw. 239) sind vorstehend genannte
Sammlungen von Gedichten unseres Altmeisters
besprochen worden. Wir möchten dessen ungeachtet
nicht unterlassen, der nachfolgenden eingehenden
Würdigung derselben in den „Monatsblättern für
deutsche Literatur", herausgegeben von Albert
Warneke (Jahrg. Il, Heft 12), Raum zu geben.
„Unter der Hochstuth der Gedichtbücher, die heut
zutage dem Redakteur einer literarischen Zeitschrift
ans den Tisch strömt, befinden sich im Allgemeinen
nur vereinzelte, die eine ungetheilte Freude und
innere Zustimmung hervorrufen. Zu diesen wenigen
gehören die Werke Earl Pvcser's, des nach manchen
Lebenskämpfen und Enttäuschungen in dem sanften
Frieden einer abgeklärten und harmonischen Gemüths-
stiinmnng an der Schwelle des Alters gelandeten
Dichters. Was unsere „Monatsblätter" in den
wenigen Jahren ihres Bestehens stets gewollt und
nach Kräften verfochten haben, die Förderung
des idealen Schristthums und der reinen Dichtkunst
als einer hehren Gottesgabe, das tritt uns in
diesen Gedichtbüchern fertig und sieghaft entgegen.
Earl Preser ist Geist von unserem Geist. Er kümmert
sich nicht um die wechselnden Forderungen der
Tagesmode und des herrschenden Kunstgeschmacks,
die der Veränderlichkeit unterworfen sind, sondern
er singt das Hohe und Reine, das Schöne und
Edle. In seinen Gedichten liegt eine überaus
reiche und vielseitige Gefühls- und Gedankenwelt
in ebenso sormenschönen und sprachgewandten als
wohlklingenden und seelenvollen Liedern vor uns
ausgebreitet; sie erwecken den erfreuenden Eindruck
fester geistiger Einheitlichkeit und selbständiger.