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Dr. (Otto Kramr t
Ist ad) mehrwöchentlichem Krankenlager starb zu
M München, in der Nacht vom 11. auf den
12. Jnni, nnser allverehrter hessischer Landsmann
Dr. Otto Braun. Am 1. August 1824 zu
Kassel geboren, hat er in voller geistiger und
körperlicher Rüstigkeit ein Alter von nahezu
76 Jahren erreicht. Die Trauer um den ver
ehrten Mann. der nahezu 30 Jahre in Augs
burg und München wirkte, ist in der hiesigen
literarischen Welt eine anfriehtigc und allgemeine.
Nachdeiu Otto Braun in Kassel das Gymnasium
absolvirt hatte, studirte er in Bonn, Heidelberg
und Marburg. Anfänglich hatte er sid) der
Nechtswissensdiaft zugewandt, vertauschte dann
aber dieselbe mit Geschichte lind neueren Sprachen.
In der dunkeln Zeit, die dem Jahre 1848 vor
ausging, hatte sid) Otto Braun, wie er selbst oft
erzählte, dem Kurfürsten von Hessen zuerst da
durch unliebsam gemacht, daß er bei einer
Stndentendeputation, die um des gefangenen
Sylvester Jordan's Freiheit bat, das Wort
führte. Wenige Tage später sei ihm der Kur
fürst, von seiner freien Gesinnung offenbar un
liebsam berührt, auf einem Spaziergang begegnet
und habe ihm, heftig, wie er sein konnte, zuge
rufen, „daß er in Hessen niemals Stellung
finden würde". Diesem Umstand verdankte er
es, daß er sein elterliches Hans verließ, sich
literarischer Thätigkeit widmete und theilweise
in Paris, Madrid und München niederließ. Er i
studirte dabei gründlich die französische und
namentlich die spanische Sprache und machte sich
mit der Literatur dieser Länder vertraut. Seine
Uebersetzungen spanischer Poesien, die er, in Ver
bindung mit eigenen Gedid)ten, vor einigen Jahren
bei Gotta Nachfolger erscheinen ließ, legen davon
Zeugniß ab. Im Jahre 1860 trat Otto Braun
in die Redaktion der „Allgemeinen Zeitung" ein,
deren Chefredaktion er dann übernahm und bis
znm Schlüsse des Jahres 1889 behielt, nachdem
Altenhöser dieselbe niedergelegt hatte. Die großen
Verdienste, die er sid) dabei durst) sein gediegenes
Wissen, sein feines lyrisches Urtheil und seine
ehrlichen politischen Ansidsten erwarb, sind hin
länglich bekannt und gerühmt. Aus Anregung
Carriöre's wurde er znm Ehrendoktor der Philo
sophie an der hiesigen Universität ernannt; and)
war er Ehrenmitglied des Philolvgikvs Syllvgvs
in Konstantinopel und der Akademie von Granada.
Nachdem die Allgemeine Zeitung aus dem Cvtta'-
schen Verlag in den Besitz der Brüder Kröner
in Stuttgart übergegangen war, sd)ied Braun
ans der Redaktion aus, blieb indessen mit dem
Verlage in Verbindung und übernahm die Her
ausgabe des in demselben erscheinenden „Musen
almanachs"; ein Unternehmen, das der erprobte
Lyriker mit Geschmack und bestem Erfolg leitete.
Das Privatleben des verehrten Verblichenen
blieb nick)t von Sorgen frei. Vor sechs Jahren
verlor er seine einzige Tock)ter nack) schweren
Leiden und im Juli des letzten Jahres seine
Gattin. Allein zurückgeblieben vermachte er seine
reizvolle Villa in Schwabing der Schillerstiftung
in Weimar. Es war das seine letzte hochherzige
That. Die schönen Rosen des Gartens, die er
eigenhändig gepflegt und geliebkost, sollte er nickst
mehr genießen, sie blühten und dufteten, während
er in düster verhülltem Zimmer einsam ohne die
Seinen, langsam dem Tode entgegenging.
M ü n cf) c n. K. Kcüer-Iordan.
Freiherr Kars nullin' von Meysenbug,
Kurfürstlich hessischer Staatsminister.
Von Hermann Freiherrn von Meyfenbug-Lanenan.
(Fortsetzung.)
^\\ d) habe diesen Brief fast vollständig wieder-
gegeben; bei den folgenden werde ick) mehr
^ auszugsweise verfahren und ganz unwesent
lich Erscheinendes fortlassen.
Im Folgenden gebe ick) Briese an den dritten
Sohn Meysenbug's, welcher zunächst nach Frank
furt a. M. zum Besuche des dortigen Gymnasiums
bei einem Meysenbug befreundeten Herrn von
Barckhaus in Pension gegeben war und später die
Universität Göttingen bezog.
„Mein lieber Carl! Daß Herr Hofsmann
glücklich angekommen ist und Beifall erhalten
hat, ist mir sehr angenehm und hoffe ick),
daß Du, lieber Carl, ihm und den Lehrern
am Gymnasium Dick) stets so beweisen wirst,
wie ick) es bisher von Dir gewohnt war. Be
nutze jede gute Gelegenheit, die sick) Dir dar
bietet, ein nützlicher Manu zu werden und
bedenke, daß ein Schatz von Kenntnissen Dein
einziges Erbtheil seyn wird, welck)es Dir aber