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Wagen gesetzt; man brachte ihn nach Kassel, wo
er bis zum 16. Februar im Kastell saß. An
diesem Tage sprach das Kriegsgericht über ihn,
„als einen der ersten Anstifter der Revolte zu
Eschwege und in der Umgegend," das Todesurtheil
ans. Von dem Urtheil wurden 600 Excemplare
gedruckt und eins zu Eschwege angeschlagen. Am
folgenden Tage, in der Frühe des 17. Februar
1807 — es werden heute also 90 Jahre, wurde
er hier im Irrgarten erschossen. Ein Augenzeuge
der Exekution hat über das traurige Ereigniß
mehreren noch lebenden Kasseler Herren, darunter
Herr Anegärtner Vogt, das Folgende erzählt.
Bon genanntem Herrn, sowie von Herrn
Dr. med. $iiictuit wurde mir das nachstehend
benutzte Material gütigst zur Verfügung gestellt.
Der damalige sogenannte Berggarten, also
die Flüche rechts der Affen all ee nach der
Bellevue, war 31t jener Zeit längs der Allee
durch einen Lattenzaun begrenzt, der an dieser
Seite vier bis fünf Eingänge hatte. Die mittlere
Brücke über die kleine Fulda, welche direkt zum
Haupteingang der Aue, zum Bowlingreen
führt, ist erst später, um den Zugang zur Aue
vom Berggarten aus zu erleichtern, angelegt worden
unb zwar von König Jerome. Im Berggarten
direkt an der Affenallee und zwar, wenn man von
der Ane über diese Jervmebrücke kommt, standen
zwei kleine Phantasiehäuschen und zwischen beiden
ein Brunnen. Hier befand sich am frühen Morgen
des 17. Februar der Gärtnerlehrling Müller aus
Harleshausen, der ältere Bruder des alten Kasselanern
noch bekannten Gärtners Amschel-Müller,
dessen Wittwe später in der Mittelgasse nahe am
Pferdemarkte einen Obst- und Gemüsekram „die
Apotheke" betrieben hat. Der junge Mann war
gerade mit seiner primitiven Morgentoilette be
schäftigt, als er militärischen Taktschritt vernimmt:
er sieht wie em Kommando Soldaten, Italiener,
(nicht GenSdarmen, wie Professor Müller berichtet,)
Heranmarschiren, in ihrer Mitte einen Delinquenten,
Schumann. Durch die nächste Thür zieht der
Trupp in den Berggarten und begiebt sich zu jener
Stelle, welche links von dem graden Wege — von
der Jeromebrücke direkt ans den Bergabhang —
und rechts von dem Lindenrondel, dem jetzigen
Kinderspielplatz, gelegen ist. Das Peloton nirnmt
dem Hessen gegenüber Aufstellung, der kommandirende
durch den Wintermorgen krachen die Schüsse,
Schumann bricht zusammen, richtet sich jedoch
gleich wieder ans und greift in den Rasen, da
springt ein Unteroffizier herzu, hält das Gewehr
direkt gegen die Schläfe des Verwundeten, ein
Schuß und ein braver Hesse hatte geendet. Während
bis zu diesem Augenblick kein Mensch außer den
betheiligten Soldaten sich in der Nähe zu zeigen
gewagt, überkletterten jetzt, sobald das Kommando
den Rücken gewandt, hunderte das Gitter oben in
der Bellevue und an der Affenallee und stürzten
nach dem Platze, wo die Exekution stattgefunden.
Auch der damalige Garteninspektor iui Bellevne-
und Orangerie-Garten W i l h e l m Al 0 h r, dem
der blutige Vorgang von seinen Leuten gemeldet
war, erschien und schlug an dein Kopf und den Füßen
des Todten einen Pflock in die Erde, um aus diese
Weise den Platz kenntlich zu machen, wo Schumann
geendet. Natürlich konnte dies Vorgehen Mvhr's
bei der Menge Menschen, welche zugegen waren,
nicht unbeachtet bleiben, gewisse Schurken, an denen
es hier in Kassel nie gefehlt hat, verriethen ihn
und ain andern Tage saß der wackere Hofgärtner
im Kastell, um erst nach Monaten seine Freiheit
wieder zu erlangen, da man weiter keine Schuld ihm
nachweisen konnte. Wie die Tradition weiß, war die
Gattin Mohr's inzwischen in Folge ihres Weinens um
den Gefangenen erblindet. Die Leiche Schumann's
blieb bis zum Abend an Ort und Stelle liegen, —
die Militärbehörde kümmerte sich nicht um die
Beerdigung, bis ein braver Bürger, der Großvater
des Herrn Holzhändlers P r o v « t, einen Sarg
herbeischaffte und Schumann auf der Stätte seines
Todeskampfs begrub. Doch sollte der Arme auch
hier noch keine Ruhe finden. Einige Jahre nachher,
bei Herrichtung von gärtnerischen Anlagen, wenn
ich nicht irre, wurde ein jetzt wieder verschwundener
kleiner Teich dort gegraben, — kamen die Reste
des Gemordeten wieder an's Tageslicht unb man
begrub ihn endgültig dort, wo die Affenallee ans
die Hofbleiche stößt. Rechts von der Allee, dicht
unter dem Felsen bezeichnet ein Kranz von Trauer-
pappeln den Platz, kein Grabhügel aber erhebt sich
dort über den Gebeinen des Hessen Schumann, um
dessen Namen wir nur im Geiste den Cypressen-
kranz winden, ans dessen Grab wir nur im Geiste
den Lorbeer legen können, der dem gebührt, der
treu seinem Fürsten, treu seinem Hessenlande
gestorben ist.
Offizier hebt ein weißes Tuch m dre Höhe und
—■•
Airs KermcriH unö Iwenröe.
Verein für h e s s ische Geschichte und
Landeskunde zu Kassel. Die diesmonatliche
Versammlung des G e schi chtsv cr e i n s zu K a s s el
fand am Abend des 22. Februar statt. Nach dem
Referat des Vorsitzenden Bibliothekars an der
Landesbibliothek Dr. Brunner hat der Verein