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an der Angabe dieser Quelle zu zweifeln. Mithin
würde der Elisabethentag (19. November) 1297
als Gründungstag gelten können und das Hospital
also am 19. November 1897 seine 600jährige
.Jubelfeier begangen haben.. Fest steht, daß Mechtild
von Kleve, die zweite Gemahlin Landgraf
Heinrich's I. von Hessen, als Gründerin des
Spitals zu betrachten und das Ereigniß der
Gründung um das Jahr 1300 zu sehen ist. (S. „Die
Gründung des St. Elisabeth-Hospitals in Kassel"
von L. in der „Kasseler Mg. Ztg." 1897, Nr. 320.)
Nene lutherische Kirche in Kassel. Am
ersten Advent (28. November) wurde die neue
lutherische Kirche zu Kassel unter Theil
nahme der Spitzen der Behörden und großem An
drang der Gcmeiudemitglieder feierlich eingeweiht.
Ter stattliche Bau, eine Zierde seiner Umgebung
wie der Stadt Kassel überhaupt, macht als ganzes
wie in seinen einzelnen Theilen einen erhebenden
Eindruck. Hoffentlich ist es uns vergönnt, gelegent
lich eine genauere Beschreibung des schönen Ban
werts ans fachmännischer Feder bringen zu können.
T h e a t c r. Im königlichen Theater zu Kassel
sind ans den letzten Wochen an bemerkenswerthen
Ausführungen folgende zu erwähnen: Am 18. No
vember fand das zweite Abonnementskonzert statt,
in welchem Altmeister I o a ch i m durch seiw Geigen
spiel Jung itub Alt entzückte. Ungeachtet seiner
66 Jahre verfügt der auch iit Kassel jetzt wieder
überaus gefeierte Künstler, dem das bis auf den
letzten Platz besetzte Hans immer wieder von Neuem
zujubelte, noch heute über seine tadellose, nie ver
sagende Technik, seinen festen, sicheren Strich und
seinen seelenvollen, wahrhaft edlen Ton, wenn
dessen Fülle vielleicht auch gegen früher ein wenig
hat abgeben müssen. Das Orchester leistete unter
der Leitung des Musikdirektors Pr. Beier, auf
dessen Schultern nach der leider wieder eingetretenen
bedenklichen Erkrankung des Kapellmeisters Treiber
die Direktion der gesummten musikalischen Auf
führungen ausschließlich ruht. Hervorragendes,
namentlich iu der Symphonie Nr. 3 (A-moll) von
Mendelssohn - Barthvldy. Weniger behagten uns
die von Fräulein Diermayr vorgetragenen Ge
sänge von H. Berlioz, düstere, eintönige Sachen,
und „Till Euleuspiegel's lustige Streiche", nach
alter Schelmenweise iu Rondosorm für großes Or
chester von R i cha r d Strauß, einem der Neuesten
der Neuen, so schwierig sie auch waren und so
spielend das Orchester dieser Schwierigkeiten Herr
wurde. Und mit uns ist es vielen Anderen so
gegangen, die an der Symphonie und vor allem
dem herrlichen Beethoven'schen Biolinkonzert und
dem Adagio aus dem 11. Konzert unseres Spohr,
lvie sie Joseph Joachim vortrug, ihr Genüge hatten.
Weiter ist 311 berichten über drei neue Stücke,
ein dramatisches Märchen und zwei Opern. Am
1.1. November ging des talentvollen Dichters Lud
wig Fulda: „Sohn des Kalifen" in Kassel
zum ersten Male in Szene, für die erste Novität
aus dem Gebiete des Schauspiels allerdings bereits
etwas spät in der Saison. Das Urtheil der
i Kasseler Tageblätter, wie es z. B. im „Tageblatt"
I dahin zusammengefaßt ist: „Wieder ist es ein
! Märchen im orientalischem Gewände gleich dem
hier schon gegebenen ,Talismaill Fulda's, und der
Dichter spinnt auch in seinem neueren Stücke den
selben Faden, nur ist es eine schwächere Nummer",
dürfen wir uns in diesem Falle gern anschließen.
Das Stück ist in der That erheblich schwächer
als der „Talisman", namentlich gewinnt mau
dem Haupthelden Prinz Assad, dem Sohn des
schwachen Kalifen Mohammed Alhadi, dessen Wand
lung vom schlimmen zum guten Assad den Bor-
wurf des Stückes bildet, bis zum Schlüsse keinerlei
besonderes Interesse ab, im Grunde wird er nur
deshalb schließlich gut, weil er empfinden lernen
muß, daß, wer anderen wohlthut, sich selbst Lust
und Wonne bereitet, wer andere quält, sich selbst
Schmerz bereitet; es ist also lediglich Selbstsucht,
die ihn zur Erkenntniß bringt. Die Sprache der
klingenden Verse der Dichtung, die schöne Aus
stattung und sorgsame Vorbereitung, welche die
Intendantur ihr hatte angedeihen lassen im Bunde
mit den guten Leistungen der Darsteller bewirkten,
daß das Publikum die Novität freundlich aufnahm.
Bköge Ludwig Fulda sich bald einmal wieder aus
ein anderes Feld begeben, als aus das der Besserung
ungerechter Herrscher. Die Darstellung hat uns
im Ganzen recht wohl gefallen, so Fräulein Ellmen-
reich als Morgiane, Herr Volkner als Assad.
Herr I a k vbi als grauer Derwisch, Herr Iü rg en se n
als alter Kalis, Herr Ferch land als lustiger
Mustapha u. s. w., nur hätten wir in der derben
Svnbrettenrolle der Amina au Stelle von Fräu
lein Hart mann, der wir als Salonbackfisch recht
gern begegnen, lieber Frau Jürgensen gesehen.
Die Nolle paßt uut)t zu der Eigenart der ersteren.
Am 24. November füllten zwei kürzere musi
kalische Neuheiten den Abend aus, die einaktige
dramatische Oper „W i n a p 0 h" des Kasseler Musik-
lehrers Bk. Lion und die zweiaktige Musikkomödie
„Das hölzerne Schwert" von H. Zoellner,
Chordirigent 31t Newyork, einem in Sängerkreisen
bestens bekannten Tondichter. Das Publikum nahm
beide freundlich auf. Die zumal in ihrem ersten
Akte reizend melodiöse, mit lauterem Geschmack iu-
strnmentirte komische Musik Zoellner's wird