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Bestrafung sofort einsperren und dann laufen
lassen müssen; allein man verschwieg mir sowohl
das Erstere, wie auch das Letztere, hielt mich,
der ich von beiden nicht eine Ahnung hatte, noch
vier Wochen, wo man mich hatte, und Hütte mich
noch länger behalten, wenn ich nicht durch einen
Landsmann, der aus dem Divisionsbüreau
Schreiberdienste versah, Kenntniß erhalten hätte.
Sofort ging ich zum Wachtmeister und forderte
energisch alsbaldige Abführung in's Gefängniß
und — Entlassung. Da man es ans eine
weitere Meldung meinerseits nicht ankommen
lassen wollte, zog man vor, mir zu willfahren,
und noch an demselben Tage, Abends sechs Uhr,
ward ich abgeführt. Onkel Jde, seligen An
gedenkens, nahm es verflixt genau, untersuchte
mich vom Scheitel bis zu den Zehen nach
Kontrebande jeder Art und sperrte mich dann
ein.
Der Tag der Erlösung wurde bei einem
Fäßchen Bier im Freundeskreise beschlossen. Wir
tranken und waren heiter und als wir am
Heitersten waren, da trat mein Schwager mit
dem Stock vor mich hin und sagte: „Nimm ihn
hin, diesen Braven; er sei dir ein Trost in
allen Lagen des Lebens. Wenn du ihu erhebst,
komme Grauen über deine Widersacher, daß sie
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Aus asfer u
Ein vergessener Geschichtsforscher. Jo
hann Adam Bernhard, geboren zu Hanau
am 28. März 1688, 1718 Rektor an der luthe
rischen Schule seiner Vaterstadt, 1786 fürstlicher
Archivar daselbst, seit 1748 mit dem Titel Rath,
gestorben am 12. Juni 1771 an Altersschwäche,
war der erste, der der Erforschung der hanauischen
Geschichte seine ganze Kraft zuwendete, und sie mit
wissenschaftlicher Genauigkeit und strenger Kritik
behandelte. Anfangs znm Geistlichen bestimmt
und während seiner Studienzeit in Gießen,
Jena und Leipzig als Theologe eingeschrieben,
konnte er sich doch nicht entschließen, eine Pfarr
stelle zu übernehmen. Jahrelang (1712 — 1718),
bis er das Rektorat übernahm, lebte er ganz seinen
geschichtlichen Studien, die er auch nachher rastlos
fortsetzte.
Bereits 1718 gab er ein sehr umfangreiches
Werk heraus, von dem sich ein Exemplar ans der
Stadtbiblivthek zu Hanau befindet: Kurz gefaßte
curieuse Historie derer Gelehrten n\ Als Archivar
war er an der richtigen Stelle, um seine Lebens
aufgabe zu ersiillen. Als solcher ließ er freilich
nur ein größeres Werk drucken: „Alterthümer der
abschwirren nach allen Richtungen der Windrose,
wie die Spreu vor dem Winde!"
Seit dieser Stunde hat mich der Brave be
gleitet auf allen meinen Ausflügen; er ist mir
treu geblieben, wie ich ihm, und es hat sich
erfüllt, was mir bei seiner Uebergabe gewünscht
worden ist, wie heute sattsam die Flucht des
Abgeschwirrten bewiesen hat. — Ich könnte damit
meine Geschichte schließen, hielte ich es nicht für
Pflicht, noch Eines zu erwähnen. Auch der Kur
fürst hatte von deni Falle gehört und strengste
Untersuchung und Bestrafung der Schuldigen be
fohlen. Aber nach der Demobilisirung der hes
sischen Armee reiste er von Kassel in das Seebad
Ostende. Dadurch gerieth die Angelegenheit einzig
und allein in Bergessenheit, sonst dürften meine
Beleidiger nicht so gelind davon gekommen sein;
denn strenge und unnachsichtlich ahndet der viel
verleumdete Fürst jede Vergewaltigung seiner Sol
daten durch Vorgesetzte, und die Fälle sind des öfteren
vorgekommen, wo sein unerbittlicher Spruch der
gleichen Uebelthäter sofort aus derArmee ausstieß. —
Ich hatte wie immer, auch beim Militäre,
mein Pech! — So weit die Geschichte, die ich
Euch erzählte, wie sie sich zugetragen hat. Und
nun laßt uns austoßen! Zunge und Lippen
sind mir trocken vom Reden: Prosit, Alle!"
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;6 neuer Ieit.
Wetterau 1731", dazu als Unterabtheilung 1734
eine historische Beschreibung der Benediktinerpropstei
Naumburg und 1748 eine Berichtigung über die
wahre Beschaffenheit der ehemaligen Comiciae (Graf
schaften) in der Wetterau. Außerdem gab er noch
heraus': „Weitere Feststellung der Hanauischen
Genealogie", diese unter dem Pseudonym Jakob
Im Haus. Nach Angabe des I)r. Suchier zu
Hanau, dessen Vortrage im dortigen Geschichts
verein vom 25. Oktober d. I. diese Zeilen ent
nommen sind, zeichnet sie sich aus durch Scharf
blick, gründliches Wissen, einfache Klarheit und
treffende Kürze. U. a. publizirte er 1751 zwei
Artikel in der „Kasseler Gelehrten-Zeitung", darunter
„Untersuchung der Frage, wie der sächsische Kayser
Henrich II. ein Stifter des Klosters Kansangen
in Hessen sein könne". Das Letzte, was von ihm
gedruckt vorliegt, ist die Fortsetzung von Winkel
mann/s Beschreibung der Fürstenthümer Hessen
und Hersseld S. 377—490 im 6. Theil, der 1754
in Kassel erschien. Weshalb er weiter nichts mehr
herausgab, obwohl er noch 17 Jahre lebte, ist un
bekannt. Geschrieben hat er noch desto mehr, nur
ist es nicht mehr an die Oeffentlichkeit gekommen.