271
den beschwerlichen Nachtmarsch unternehmen, denn
Prinz Alexander hatte einen Offizier seines Stabes
-nach Mainz geschickt, der sich persönlich von der
Ausführung des Befehles überzeugen sollte.
Alzey und Wöllstein liegen ziemlich gleich weit,
jedes etwa vier Meilen von Mainz entfernt, und
wenn dort wirklich 500 Mann Preußen — um
so viel sollte es sich nämlich nur handeln -
eingerückt waren, so konnte eine Gefahr für
Mainz daraus nicht erwachsen. Es handelte sich
also nur um großherzoglich hessische Interessen.
Wie kam die „neutrale" Festung dazu, ihre Be
satzung zu solchen, ihr ganz fern liegenden
Dingen zu verwenden?
Aehnlich lag es mit einem anderen Zwischen
fall, der sich in diesen Tagen ereignete, dem es
aber auch an einer heiteren Seite nicht fehlte.
Am 9. Juli war die nafsauifche Brigade
vom VIII. Armeecorps, das damals wieder in der
Nähe von Frankfurt stand, in's Herzogthum zurück
gekehrt, um die von Koblenz aus dort einge
drungenen schwachen preußischen Abtheilungen, die
meist aus Landwehr bestanden, zu vertreiben.
Als Rückhalt für die Nassauer wurden am
10. Juli zwei Bataillone Würtemberger nach
Biebrich und Wiesbaden vorgeschoben. Dem
nach Biebrich bestimmten Bataillon wurde ein
Halbzug unserer Garde du Corps unter Lieutenant
von Schenk zu Schweinsberg beigegeben.
Wenige Tage später verbreitete sich das Ge
rücht, der Lieutenant von Schenk habe eine An
zahl preußischer Infanteristen zu Gefangenen
gemacht. . Und so war es in der That. Am
Tage nach Schenk's Ankunft in Biebrich hatte
ihm der Generaladjutant des Herzogs von Nassau
— und zwar ohne es für der Mühe werth zu
halten, vorher die Genehmigung des Generals
von Loßberg einzuholen — befohlen, sich bei dem
zwischen Wiesbaden und Langenschwalbach stehenden
nassauischen Brigadegeneral Roth zu melden.
Mit diesem war er am folgenden Tage nach
einem kleinen nassauischen Orte Sabern vor
gegangen. Hier erhielt er von einem Postillon
die Nachricht, daß, in einem in geringer Ent
fernung gelegenen Dorfe, dessen Name mir ent
fallen ist, eine kleine preußische Jnfanterieab-
theilung auf Borposten stehe. Schenk erbat und
erhielt die Erlaubniß, den Versuch zu machen,
diesen Posten aufzuheben, wozu ihm ein paar
Infanteristen zugetheilt wurden. Diese setzte er
in den Postwagen und trabte dem Orte zu.
Bei seiner Annäherung waren die Preußen gerade
aus dem Dorfe abgezogen und befanden sich
dahinter auf freiem Felde. Beim Anblick der
Reiter schienen sie sich zwar zur Wehr setzen zu
wollen und bildeten einen kleinen „Igel", legten
aber auf eine Aufforderung des Lieutenants von
Schenk die Gewehre nieder und ergaben sich.
Sie mochten den Trupp Schenk's — 10 Gardes
du Corps und vier oder fünf Infanteristen —
wohl für die Spitze einer größeren Abtheilung
gehalten haben. Schenk lieferte einen Unter
offizier und sechzehn Mann Gefangene an den
General Roth ab.
(Fortsetzung folgt.)
Wein Stock.
Ein Stück hessischen Kasernenlebens, von Ludwig Mohr.
(Fortsetzung.)
inige Zeit ging so darüber hin. Einst machten
ß wir einen größeren Ausflug; irre ich nicht, so
F war es nach dem Dörnberge. Wir hatten früh
gesattelt und kehrten gegen zwei Uhr Nachmittags
in die Kaserne zurück. Kaum hatten wir die
Rüstungen und Uniformen abgelegt, so ries die
Trompete auch schon wieder zum Stalldienste.
Gewöhnlich beginnt ein solcher mit dem Trünken
der Gäule. Da ich den meinen aber noch sehr
warm von dem angestrengten Ritte fand, beschloß
ich, ihn vorerst trocken zu reiben und nach der
Fütterung zu tränken. So war ich denn mit
dem Abreiben beschäftigt, als ein Rekrut, der
sieben bis acht leere Biergläser in den Händen
trug, auf mich zutrat und mir sagte, der Quar
tiermeister Hehle, derselbe, der sich vorhin gedrückt,
sende ihn, ich solle ihm Geld geben, damit er im
Freihause, — Ihr kennt ja das in der Nähe des alten
Klosters, unserer Kaserne, gelegene Bierhaus, —
Bier holen könne.
Nun ist es mir auf ein paar Schoppen Bier
während meiner Dienstzeit, wenn ich das Geld
dazu hatte, nie angekommen; es wäre mir es auch
damals nicht, allein die Art und Weise, wie das
Ansinnen an mich gestellt wurde, gefiel mir nicht.
Ich lehnte demgemäß mit den Worten ab, ich
sei ein Alter und kein Rekrut mehr; wenn der
Quartiermeister Bier trinken wolle, so möge er